Die Aufnahmen einer angeblichen Seeschlange in Island sorgten 2012 für Furore. Sind sie eine Fälschung? Eine Kommission hat das Filmmaterial nun als glaubwürdig eingestuft. Ein paar Dinge allerdings machen stutzig.

Die Kommune Fljótsdalshérad hat es nicht leicht. Nur wenige Touristen verirren sich in die abseits der großen Nationalparks gelegene Region im Nordosten Islands. Die Hauptattraktionen sind ein kleines Skigebiet, der 35 Kilometer lange
Lagarfljót seeschlange,seeungeheuer
Lagarfljót-See - und das angeblich darin lebende Seeungeheuer, der Lagarfljót-Wurm.

Mehrere Sichtungen sind dokumentiert - die erste im Jahr 1345. Meist wurde das Ungeheuer als riesige Seeschlange beschrieben. Doch die isländische Nessie-Ausgabe gab sich kamerascheu. Das brachte den Bürgermeister des Dorfs Austur-Hérad 1997 auf die Idee, eine Prämie von 500.000 isländischen Kronen (3500 Euro) für Fotos der Seeschlange auszuloben.

"Ziel des Preisgeldes war natürlich, Aufmerksamkeit für die Region zu erregen", sagt Stefán Bogi Sveinsson vom Gemeinderat von Fljótsdalshérad. Und die bekam der Lagarfljót-See 2012 auch: Ein Video der angeblichen Seeschlange wurde auf YouTube millionenfach angeklickt. Es zeigt ein mehrere Meter langes Objekt, dass sich offenbar durchs Wasser schlängelt.

Eine von Sveinsson geleitete Kommission der Gemeinde hat nun entschieden, dass der Filmer Hjörtur Kjerúlf die 500.000 isländischen Kronen bekommen soll. Damit erklärte das Gremium das Video für authentisch, die Aufnahme soll also tatsächlich ein echtes Phänomen zeigen.

Das Votum von sieben gegen sechs Stimmen war allerdings knapp. "Es hätte auch anders ausgehen können", räumt Sveinsson ein. Die Entscheidung war bereits Ende August gefallen, wurde aber erst jetzt durch Berichte in US-Medien international bekannt.

Fragwürdige Zusammensetzung der "Wahrheitskommission"

Die Zusammensetzung der sogenannten Wahrheitskommission wirft allerdings Fragen auf. Ging es hier wirklich darum, die Echtheit einer mysteriösen Aufnahme zu klären? Oder handelt es sich um eine clevere PR-Aktion der Tourismusmanager vor Ort?

Vier Mitglieder der Kommission, darunter auch Sveinsson, stammen aus dem Gemeinderat. Es gab nur einen einzigen Biologen. Zu den übrigen Vertretern gehörten unter anderem ein Pfarrer, ein Experte für Volkssagen, ein Landschaftsarchitekt und ein Experte für paranormale Aktivitäten. Interessenkonflikte habe es durchaus gegeben, sagt Sveinsson, aber nur bei wenigen. "Die Mitglieder kamen aus ganz unterschiedlichen Feldern - nicht alle haben mit Tourismus zu tun."

Ziel habe niemals sein können, das Ganze streng wissenschaftlich zu untersuchen, betont der Lokalpolitiker. Es gebe ja nicht einmal einen Konsens darüber, was das Seemonster eigentlich sei. "Die einen glauben, es ist eine Seeschlange, die schon seit Ewigkeiten in dem Gewässer lebt. Die anderen denken, es ist eher ein Geist, der mal da ist und dann wieder verschwindet."

An der Existenz des Monsters soll übrigens keines der 13 Kommissionsmitglieder gezweifelt haben - so berichtet es die Webseite Icelandreview.com. Der Internetauftritt der Gemeinde Fljótsdalshérað erlaubt ebenfalls kaum Spielräume: "Im Lagarfljót-See lebt das bekannteste See-Ungeheuer Islands: der Lagarfljót-Wurm", heißt es dort.

Ernstzunehmende Zweifel an der Authentizität des nun prämierten Videos gibt es allerdings viele. Schon 2012 kursierte die Erklärung, bei der angeblichen Schlange handle es sich in Wahrheit um ein mit Eis überzogenes Fischernetz, das im Wasser treibe. Die britische Zeitung Daily Mail zitiert einen Experten, der die Schlange gar für einen Roboter hält. "Das ist eine Fälschung", sagte er. Offenbar ziehe eine Maschine Planen, Netze oder Tüten hinter sich her.