Gammastrahelnkarte
Die Gammastrahlung der Milchstraße setzt sich aus nur drei fundamentalen Bestandteilen zusammen: punktförmige Strahlungsquellen, Strahlung dichter kalter Gaswolken und Strahlung dünner heißer Gaswolken. Das zeigt ein neues, von Forschern des Max-Planck-Instituts für Astrophysik in Garching bei München entwickeltes Analyseverfahren. Die neue Methode liefert auch eine Erklärung für bislang mysteriöse „Gammablasen“ über den galaktischen Polen. Dabei handele es sich um Ströme heißen Gases aus dem Zentralbereich der Milchstraße, so die Wissenschaftler in ihrer beim Fachblatt Astronomy & Astrophysics eingereichten Veröffentlichung.

Gammastrahlenkarte in der Entwicklung
Himmelskarte der Gammastrahlung in verschiedenen Schritten der Datenanalyse
Die Beobachtung im hochenergetischen Gammabereich, beispielsweise mit dem Weltraumteleskop Fermi, funktioniert anders als Beobachtungen im sichtbaren Licht. Die Detektoren eines Gammateleskops registrieren jedes einzelne Photon der Strahlung, seine Energie und seine Bewegungsrichtung. Aus diesen Daten müssen die Astronomen dann ein Bild rekonstruieren. Dabei überlagern sich nicht nur die von verschiedenen Quellen stammenden Komponenten der Strahlung - zusätzlich verrauschen zufällige Variationen in der Strahlung das Bild.

Marco Selig und seine Kollegen haben nun ein Bildgebungsverfahren entwickelt, das diese Prozesse gewissenmaßen umkehrt: Es entrauscht, entfaltet und entwirrt die Daten. Diese auf Englisch als Denoising, Deconvolving and Decomposing Photon Observationsbezeichnete Methode haben die Forscher kurz D3PO getauft. Angewendet auf Fermi-Daten des gesamten Himmels lieferte das Verfahren ein für Selig und sein Team überraschendes Ergebnis: Lediglich zehn Prozent der Gammastrahlung stammen von punktförmigen Quellen - also Neutronensternen, Schwarzen Löchern oder aktiven Galaxienkernen. Neunzig Prozent der Strahlung stammt dagegen von kalten oder heißen Gaswolken in der Milchstraße.

Die Zerlegung der Gammastrahlung in ihre Bestandteile lieferte außerdem eine enttäuschend simple Erklärung für die sogenannten Gammablasen über den Polen der Milchstraße. Diese mit Fermi entdeckten, bislang rätselhaften ausgedehnten Gammaquellen wurden von manchem Forscher bislang als Hinweis auf den Zerfall der ebenfalls rätselhaften Dunklen Materie angesehen. Doch die Energieverteilung der Strahlung der Blasen unterscheidet sich nicht von der Energieverteilung der Gammastrahlung heißer Gaswolken in der galaktischen Scheibe. Daraus folgern Selig und seine Kollegen, dass es sich bei den Blasen um einen Strom gewöhnlichen, heißen Gases aus dem Zentralbereich der Milchstraße handelt.