Quinoa-Feld
© Reuters/David MercadoDas "Gold der Inkas" wird im Hochland der Anden angebaut.
Quinoa hat längst den Siegeszug in die internationalen Küchen vollzogen. Die getreideähnlichen Körner sind so reichhaltig, dass selbst NASA-Experten davon begeistert sind. Doch die Gier nach dem „Gold der Inkas“ lässt auch die Preise steigen und bringt damit die Bewohner im Herkunftsland Bolivien zusehends in die Zwickmühle.

Die Quinoa-Körner sind klein, rund und werden durch das Kochen fast durchsichtig. Vom Geschmack leicht nussig, eignet sich Quinoa gut als Beilage zu Gemüse und Fisch. Doch das allein würde nicht den Hype erklären, den Quinoa in den USA und Europa in den letzten Jahren erlebt hat. Vielmehr sind es das Fehlen von Gluten und der ungewöhnlich hohe Anteil an Aminosäuren, der den Samen des Fuchsschwanzgewächs so beliebt macht.

Im reichen Westen stieg in den letzten fünf Jahre die Nachfrage nach den gesunden Körnern daher um 30 Prozent. Im selben Ausmaß ging der Verbrauch in Bolivien, dem Hauptproduktionsland, zurück. Viele führen das auf die steigenden Preise zurück. Andere sehen darin eher ein gesellschaftliches Problem: So „in“ die Körner im Westen sind, so „uncool“ finden sie die bolivianischen Kinder.

Fluch und Segen für Bolivien

Die Auswirkungen der weltweit gestiegenen Quinoa-Nachfrage sind für Bolivien gleichzeitig Fluch und Segen. Auf der einen Seite verdienen die Bauern mehr durch die wachsende Quinoa-Produktion, und Arbeitsplätze werden geschaffen. Andererseits nimmt innerhalb der Bevölkerung die Mangelernährung wieder ein alarmierendes Ausmaß an, seit viele Menschen wegen der hohen Quinoa-Preise auf das traditionelle bolivianische Lebensmittel verzichten.

„Seit Quinoa exportiert wird, ist es sehr teuer geworden“, sagte Maria Julia Cabrerizo, Ernährungsberaterin in einem öffentlichen Krankenhaus in Bolivien, gegenüber der „New York Times“ („NYT“). Ihrer Meinung nach sei Quinoa nicht als Massenprodukt wie Nudeln und Reis geeignet.

Quinoa-Strauch
© Reuters/David MercadoQuinoa oder Inkareis wächst auch in großen Höhen. Die senfartigen Samenkörner sind bessere Eiweißquelle als herkömmliche Getreidesorten.
Preise verdreifacht

Die spinatähnliche Quinoa-Pflanze wird seit rund 6.000 Jahren in den Anden auf einer Höhe von über 4.000 Metern angebaut. Schon die Inkas nützten die haltbaren und nährstoffreichen Körner für die Verpflegung ihrer Soldaten. Durch die Unterstützung von europäischen und US-amerikanischen Hilfsorganisationen können viele Bauern heutzutage ihre Ernte exportieren.

Und das bringt gutes Geld. Kostete eine Tonne Quinoa 2008 noch rund 1.100 Dollar (790 Euro), waren es 2010 bereits rund 3.000 Dollar. Im europäischen Handel kostet ein Kilogramm des gängigeren weißen Quinoa zwischen sechs und sieben Euro. Für den selteneren schwarzen Quinoa sind bis zu zwölf Euro zu bezahlen. Ein Kilogramm Nudeln kostet etwa zwei, drei Euro und ein Kilogramm Reis nur einen Euro.

Mangelernährung bei Kindern steigt

Laut Miguel Choque Llanos, dem Direktor der Vereinigung der Quinoa-Produzenten, wurden gerade in ärmeren Gegenden durch die wachsende Produktion neue Jobs geschaffen. „Früher war Quinoa billig, und die Menschen mussten nach Argentinien oder Chile, um Arbeit zu finden“, sagte Llanos der „NYT“. Heute würden vor allem während der Aussaat- und Ernteperioden Arbeiter gesucht.

Doch vor allem Ernährungsexperten schlagen Alarm. Studien hätten gezeigt, dass gerade in den Quinoa-Regionen die chronische Mangelernährung bei Kindern wieder steige, so die Ernährungsberaterin Cabrerizo. Sie führt das auf die stark gestiegenen Preise zurück. Auch in Bolivien kostet das Kilogramm mittlerweile umgerechnet fast fünf Dollar. Viele Bolivianer greifen daher lieber zu den viel billigeren Nudeln, deren Nährwert jedoch nicht annähernd so hoch ist.
Lieber Coca-Cola als Quinoa-Saft

Dieser These widerspricht jedoch der Vizelandwirtschaftsminister Victor Hugo Vasquez, der den Grund eher in einem gesellschaftlichen Wandel der Ernährungskultur sieht. „Wenn man heute Kindern getoastetes Quinoa-Brot gibt, wollen sie das nicht. Sie wollen Weißbrot“, so Vasquez gegenüber der „NYT“. „Wenn man ihnen Wasser mit Zucker und Quinoa-Pulver zu trinken gibt, wollen sie lieber Coca-Cola.“


Kommentar: Dass die Kinder Brot bevorzugen, hängt wohl damit zusammen, dass das darin enthaltene Gluten eine sehr hohe Konzentration an Excitotoxinen hat, die hoch suchterzeugend sind. Für weitere Details lesen Sie Die (Brot-)Büchse der Pandorra: Die kritische Rolle von Weizenlektin bei menschlicher Krankheit und Die dunkle Seite des Weizens. Auch Zucker wirkt wie eine Droge. Lesen Sie hierzu Zucker - die unerkannte Droge und Zucker - Die Auswirkungen auf den Körper.

Doch die Regierung ist sich der Problematik durchaus bewusst. Präsident Evo Morales hat erst kürzlich angekündigt, die Quinoa-Produzenten mit Millionenkrediten zu unterstützen. Zudem soll jede schwangere Frau Zugang zu Quinoa bekommen. In einigen Gemeinden sollen die Körner im Schulfrühstück verpflichtend enthalten sein. Ob damit die Jugendlichen wieder von dem traditionellen Essen überzeugt werden können, bezweifelt Vasquez. „Nur noch die Menschen in meinem Alter essen Quinoa. Selbst meine eigenen Kinder verweigern es.“