Der Softwarekonzern wird 40 Jahre alt. Das Unternehmen galt zeitweise als gnadenloser Monopolist. Doch Microsoft hat seine tonangebende Rolle verloren.

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© MICROSOFT/DPADie Belegschaft von Microsoft im Jahr 1978 mit den beiden Microsoft-Gründern Bill Gates (erste Reihe, l) und Paul Allen (erste Reihe, r)
Als Satya Nadella vor knapp einem Jahr zum ersten Mal in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender des Softwarekonzerns Microsoft mit Analysten sprach, hatte er eine bemerkenswerte Botschaft: „Wir werden an unsere Zukunft mit der Einstellung eines Herausforderers herangehen.“ Das sind erstaunliche Töne für ein Unternehmen, das einmal als so mächtig galt, dass Kartellbehörden seine Zerschlagung in Erwägung zogen. Vielleicht steckte in Nadellas Worten ein bisschen Koketterie, schließlich ist Microsoft bis zum heutigen Tag hochprofitabel. Aber ohne Zweifel hat das Unternehmen seine tonangebende Rolle in der Branche verloren, insofern ist ein etwas bescheideneres Selbstverständnis, wie es Nadella ausgerufen hat, nur konsequent.

An diesem Samstag wird Microsoft vierzig Jahre alt. Das Unternehmen steht heute nicht mehr auf dem Gipfel seines Erfolges, ganz anders als der nur ein Jahr jüngere Wettbewerber Apple. Microsoft befindet sich in einer Midlife-Crisis.

Nadella ist erst der dritte Vorstandsvorsitzende in der Geschichte von Microsoft nach dem Mitgründer Bill Gates und Steve Ballmer. Gates gründete Microsoft 1975 zusammen mit seinem Schulfreund Paul Allen, als er gerade einmal 19 Jahre alt und an der Eliteuniversität Harvard eingeschrieben war. Seine Anfänge hatte der Konzern in Albuquerque im Bundesstaat New Mexico, weil hier der erste Kunde saß, der Elektronikkonzern Micro Instrumentation and Telemetry Systems (Mits). Für dessen frühen Personalcomputer Altair 8800 schrieben Gates und Allen ein Programm. Gates brach bald danach sein Studium ab, um sich auf das Unternehmen zu konzentrieren, das sich zunächst noch „Micro-Soft“ nannte, abgeleitet von „Microcomputer“ und „Software“. Nach einigen Jahren zog Microsoft in die Nähe von Gates’ und Allens Heimatstadt Seattle und hat hier bis heute seinen Sitz. Allen ist schon längst aus dem Unternehmen ausgeschieden.

Bil Gates
© Reuters
Bill Gates hatte schon früh die Vision, dass irgendwann in jedem Haushalt ein Computer stehen würde. Der Durchbruch gelang Microsoft, als im Jahr 1980 der Auftrag vom Technologiekonzern IBM kam, dessen ersten Personalcomputer mit einem Betriebssystem auszustatten. Das sollte der Startschuss für den unaufhaltsamen Aufstieg von Microsoft sein. Später machte Microsoft Produkte wie das Betriebssystem Windows und die Office-Büroprogramme wie Word und Excel zu Standards. Computer wurden, wie von Gates vorausgesehen, allgegenwärtig, und Microsoft wurde zum global dominierenden Softwarekonzern.

Gates selbst wurde zum Multimillliardär, der regelmäßig die „Forbes“-Liste der reichsten Menschen der Welt anführte. Auch in seinen besten Zeiten galt Microsoft nicht immer als innnovativstes Unternehmen, machte dies aber mit Entschlossenheit und Härte wett. Gates erwarb sich einen Ruf als gnadenloser Monopolist, der die beherrschende Position seiner Produkte ausspielt, um Wettbewerber niederzuringen. Ein Paradebeispiel ist das Internetzugangsprogramm Netscape, das Microsoft mit seinem Internet Explorer vom Markt fegte. Mit seinen Geschäftspraktiken handelte sich Microsoft spektakuläre Kartellverfahren in Amerika und Europa ein.

Inmitten des Kartellprozesses in Amerika gab Gates den Vorstandsvorsitz an Steve Ballmer ab und entfernte sich etwas vom Tagesgeschäft. Die Ballmer-Ära war vor allem vom Bewahren lukrativer Produkte wie Windows und Office geprägt. Ballmers Bilanz beim Erschließen neuer Geschäftsfelder fällt aber bestenfalls gemischt aus. Die Spielekonsole Xbox wurde ein Verkaufsschlager, dagegen floppte der digitale Musikspieler Zune, mit dem Microsoft dem iPod von Apple Konkurrenz machen wollte, und der Vorstoß in das Revier von Google mit der Internetsuchmaschine Bing brachte nur mäßigen Erfolg. Das größte Versäumnis von Ballmer war es aber, den Sprung in das mobile Zeitalter verpasst zu haben, in dem Smartphones und Tabletcomputer dem traditionellen PC den Rang ablaufen. Microsoft ist auf diesen mobilen Plattformen bis heute nur schwach vertreten und sieht damit Vorzeigeprogramme wie Windows bedroht, die noch immer stark vom PC-Geschäft abhängen. Microsoft musste sich beim Börsenwert nicht nur von Apple überholen lassen, sondern mittlerweile auch von Google.

Ein Hauch von „Coolness“ ist zurück

Der 47 Jahre alte Satya Nadella ist sich der Herausforderungen wohl bewusst. Er hat seit seinem Antritt einige neue Akzente gesetzt und dabei keine Scheu gezeigt, mit Traditionen zu brechen. So gab er Office für Apples Tablet iPad frei und machte Windows auf Smartphones zur Gratissoftware. Das soll helfen, die Relevanz dieser Produkte zu erhalten. Nadella hat die Devise ausgegeben, Microsoft für eine Welt der mobilen Computernutzung und internetbasierter Dienste („Cloud Computing“) zu rüsten. In diesem Cloud-Geschäft macht Microsoft mit Produkten wie Azure und der Bürosoftware-Version Office 365 Fortschritte. Unlängst hat es das so oft als träge gescholtene Unternehmen sogar wieder einmal geschafft, sich mit einem Hauch von „Coolness“ zu umgeben, als es eine futuristische Computerbrille namens „Hololens“ vorstellte. Freilich bleibt der Alltag noch immer beschwerlich. Die jüngsten Geschäftsergebnisse waren wenig berauschend, und Nadella sagte, der Konzern stecke inmitten einer „Transformation“. Der Microsoft-Chef wird daran gemessen werden, ob er mit dieser Transformation an die ruhmreiche Vergangenheit des Unternehmens anknüpfen kann. Auf ihm ruht die Hoffnung, dass er die Midlife-Crisis von Microsoft abhaken und einen zweiten Frühling einläuten kann.