Wassermassen wälzten sich nach ununterbrochenen Regengüssen nach Süden

Washington - Am Mississippi droht eine Jahrhundertflut. Gut eine Woche nach der verheerenden Tornadoserie im Süden der USA, rüsten sich die Anrainer von Illinois bis Louisiana für die nächste Katastrophe. Tausende Menschen flüchteten vor den Wassermassen. Besonders betroffen werden bis übernächste Woche die südlichsten Anrainer des mächtigen Stroms sein - in den Staaten Mississippi und Louisiana.

Die Nationale Ozean- und Wetterbehörde (NOAA) warnte: "Der Fluss wird auf annähernd 64 Fuß (19,5 Meter) steigen." Dieser Wellenkamm werde alle bisher dagewesenen Fluten am "Old Man River" überragen.

Flutwelle überspült Orte

Viele Bewohner von Memphis blickten am Sonntag mit großer Sorge auf den Mississippi. Auf knapp 15 Meter soll das Wasser dort bis Mitte der Woche steigen. Auf ihrem Weg nach Memphis hatte die Flutwelle bereits zahlreiche Orte und Felder überspült. Auch die tiefer gelegenen Viertel von Memphis standen unter Wasser. Mit Booten paddelten Familien davon und ließen ihr Hab und Gut zurück. "Die Leute sehen der Realität ins Gesicht", sagte Alvin Pearson, Manager eines Busunternehmens in Memphis. "Immer mehr rufen uns an und erkundigen sich nach unseren Routen."

Weiter stromaufwärts, im Bundesstaat Kentucky, kehrten viele der etwa 4.000 Flutvertriebenen wieder in ihre Häuser zurück. "Wir haben den Fluss nicht besiegt, aber er uns auch nicht", sagte ein Bewohner der kleinen Stadt Hickman. Mehrere Tage hatten Einheimische mit Hilfe von 120 Gefängnisinsassen dort einen rund 20 Kilometer langen Schutzwall aus Sandsäcken errichtet, um die Dämme zu stützen. Als das Wasser Hickman passierte, hielten die Dämme dem Druck des Wassers stand.

Hochwasser bis zu sieben Meter

Am schlimmsten soll es die letzten Anrainer an den südlichen Ufern des breiten Stroms treffen: In Mississippi und Louisiana bereiteten sich die Menschen auf die Wassermassen vor. Die Behörden in Louisiana warnten: Selbst, wenn ein Ablauf nordwestlich der Stadt Baton Rouge geöffnet wird, könnte das Hochwasser in einigen Teilen der Region bis zu sieben Meter hoch stehen. Die Flut bedroht zahlreiche Felder. Gouverneur Bobby Jindal sagte, der Ablauf könnte bis Donnerstag geöffnet werden.

Bisher waren zwei Dämme - in Illinois und Missouri - gesprengt worden, um den Fluss zu entlasten. Präsident Barack Obama erklärte Teile der betroffenen Staaten zu Katastrophengebieten. Er versprach finanzielle Hilfe.

Die drohende Überschwemmung könnte nach Befürchtungen der Meteorologen schlimmer werden als die verheerenden Fluten von 1937 und 1927. Bei letzterer kamen Hunderte Menschen ums Leben, 700.000 Opfer mussten ihre Häuser verlassen, um sich in Sicherheit zu bringen, und eine Fläche von 70.000 Quadratkilometern in den Bundesstaaten Arkansas, Illinois, Kentucky, Louisiana, Missouri und Tennessee wurde überschwemmt.

Der Mississippi ist mit knapp 3.800 Kilometern einer der längsten Flüsse der Welt. Er entspringt im nördlichen US-Bundesstaat Minnesota, fließt durch den mittleren Teil der Vereinigten Staaten und mündet in den Golf von Mexiko.