Nazis feiern sich auf deutschen Autokennzeichen. Österreich will jetzt alle Nazi-Kürzel bannen. Deutsche Behörden vergeben vergiftete Kombinationen schon mal von allein.

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© Hubert Jelinek/DPARechte Aktivisten missbrauchen die Wunschkennzeichen, um ihre Gesinnung zu demonstrieren
Nazi-Verherrlichung auf amtlichen Kennzeichen? Das darf der Staat nicht zulassen. Aber ein Verbot ist kaum durchzusetzen. Es ist schon unklar, was überhaupt gesperrt werden soll. Das zeigt bereits die Abkürzung HH. Man muss kein NS-Experte sein, um im HH die Abkürzung für den Deutschen Gruß "Heil Hitler" zu erkennen. In Bayern, Rheinland-Pfalz oder Brandenburg ist das HH daher verboten: N-HH-1933 ist unmöglich. Gut so, aber andererseits fahren Hundertausende Hamburger zwangsweise mit dem HH-Kürzel für Hansestadt Hamburg herum.

Bundesweit sind nur die eingängigen Kombinationen verboten: SA, SS, HJ und KZ. Ihr Verbot stützt sich auf die Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV). "Die Zeichenkombination der Erkennungsnummer sowie die Kombination aus Unterscheidungszeichen und Erkennungsnummer dürfen nicht gegen die guten Sitten verstoßen", heißt es darin. Scherze mir den Kennzeichen sind durchaus erlaubt, in Bad Segeberg in Schlewig-Holstein ist die Kombination SE-XY beliebt, in der Nachbarstadt Pinneberg steht PI-MP hoch im Kurs. In Raststatt dürfte die Kombination RA-PE Probleme bereiten, falls der Sachbearbeiter die Anspielung bemerkt.

Manches Mal sind Zulassungsstellen leider nicht aufmerksam. Das Ehepaar Annelie und Horst P. aus Dresden interessierte sich überhaupt nicht für individuelle Wunschkennzeichen, sie nahmen das Schild, das der Autohändler von der Zulassungsstelle abholte, bis sie mächtig Ärger mit Anti-Faschisten bekamen. Ihr von Amts wegen zugeteilte Kürzel lautete: AH-88. AH für Adolf Hitler und 88 steht für Heil Hitler, denn die H ist der achte Buchstabe im Alphabet.

Bei den NS-Chiffren agieren die Bundesländer unterschiedlich, dazu kommen noch die Einzelfallentscheidungen der Zulassungsstellen. Dass man es kaum jedermann recht machen kann, wurde erst vor Kurzem offenbar: N-SU-Schilder wurden in Nürnberg wegen der Terrorserie des Nationalsozialistischen Untergrunds gesperrt, sehr zum Unwillen der Fans der Automarke NSU, die das Kürzel bis dahin in Ehren hielten. In Österreich geriet das bis dahin unverdächtige IS nach dem Siegeszug der Terrorgruppe auf den Index.

Buchstaben- und Zahlenkombinationen sind vor allem bei den Rechten beliebt. SS, SA und 18 für Adolf Hitler - das versteht noch jeder. Die 311 als Chiffre für den Klu Klux Klan (3 Mal der elfte Buchstabe im Alphabet, K) kennt kaum jemand. Und dass 1488 nicht eine Jahreszahl aus dem Hundertjährigen Krieg bedeutet, sondern für White Supremacy (Die 14 Worte des Rechtsextremen George Lincoln Rockwell) steht, dürfte außer Insidern in Deutschland kaum jemand wissen. Als vor einem halben Jahr ein alter Mercedes aus Leipzig mit AfD-Folierung als Gebrauchtwagen angeboten wurde, rätselte das Netz, ob der Zusatz GD-3345 reiner Zufall war oder vielleicht doch mit "Groß Deutschland von 1933 bis 1945" zu übersetzen sei.

Im Frühjahr 2014 hat die Partei DieLinke eine Anfrage zu dem Thema gestartet, Versuche einer bundeseinheitlichen Regelung versandeten aber schnell. In Österreich hat die Regierung nun angekündigt, alle bekannten Nazi-Codes zu verbieten, das Mauthausen-Komitee erarbeite dazu einen Index-Katalog. Ob das klappt, wird man sehen. Die regelmäßige Hysterie um die 18 lässt nicht nur Gutes erwarten. Zuletzt traf der Bannstrahl Turnschuhe von Tschibo, die mit der bösen Zahl bedruckt waren, aber sicherlich nichts mit NS-Verherrlichung zu tun hatten.

Das ist ein Kampf, den der Staat führen muss, aber nicht gewinnen kann. Die Kombinationen aus der Nazi-Zeit sind unerschöpflich. DR könnte auf die II. SS-Panzerdivision Das Reich anspielen, LS auf die Leibstandarte Adolf Hitler, 1889 auf das Geburtsjahr Hitlers. Das gleiche Spiel lässt sich mit NS-Größen wie Hitlers Stellvertreter Rudolf Hess durchdeklinieren. Proaktiv werden sich alle denkbaren Kombinationen sperren lassen. Man wird sich damit zufrieden geben müssen, die jeweils populärsten Kürzel zu streichen.