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© HP Lab, Palo AltoMemristor-Areal aus sich kreuzenden Elektroden, erstmals 2007 entwickelt von Hewlett-Packard-Forschern
Mit knapp neunzig Milliarden Nervenzellen, die über hundert Billionen Synapsen verknüpft sind, arbeitet das menschliche Gehirn weit effizienter als jeder Computer bisher. Um bessere und zugleich lernfähige neuronale Netzwerke entwickeln zu können, nutzten Forscher nun sogenannte Memristoren. Diese 2007 erstmals gefertigten Schaltmodule könnten in Zukunft herkömmliche Transistoren und Dioden ersetzen. Dabei vereinen Memristoren die Möglichkeit, Daten berechnen und gleichzeitig speichern zu können. Wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Nature“ berichten, konnte ein kleines Netzwerk aus nur sechzig Memristoren ähnlich wie ein Gehirn lernen, einzelne Buchstaben eindeutig zu erkennen.

Das Herzstück des Netzwerks, konstruiert von Mirko Prezioso und seinen Kollegen an der University of California in Santa Barbara, bildete ein nur wenige Mikrometer kleines Areal aus 24 sich kreuzenden Metallelektroden. An den Knotenpunkten berührten sich die Streifen aus Titan, Platin und Tantal nicht direkt, sondern wurden durch millionstel Millimeter dünne Schichten aus Titan- und Aluminiumoxid voneinander getrennt. Jeder Knoten bildete so jeweils einen Memristor, der in Abhängigkeit von kleinen Spannungspulsen seinen elektrischen Widerstand änderte. Verantwortlich dafür sind Änderungen in der Kristallstruktur aus Metall- und Sauerstoffatomen.

Prezioso und Kollegen wollten diese durch Spannungspulse verursachten Widerstandsänderungen für einen Lernprozess in einem künstlichen neuronalen Netzwerk nutzen. Als Modellaufgabe wählten sie die Identifikation von drei verschiedenen Buchstaben: Z, V und N. Diese stellten sie in einer kleinen Matrix aus drei mal drei Pixeln dar. Jedes Pixel entsprach einer negativen oder positiven elektrischen Spannung, um entweder einen weißen oder einen schwarzen Bildpunkt darzustellen.

Für den Lernprozess schickten die Forscher nun die den Buchstaben entsprechenden Spannungspulse durch ihr Netzwerk aus Memristoren. Dabei veränderten sich wie erwartet die elektrischen Widerstände an den Knotenpunkten. Danach speisten sie das Netzwerk über mehrere Eingangselektroden mit schwächeren Spannungspulsen, die entweder einem der drei Buchstaben entsprachen oder nur einer willkürlichen Pixelanordnung. Über die Messung der Stromstärke an den Ausgangselektroden ließ sich eindeutig feststellen, ob die Eingangssignale für das Netzwerk einen Buchstaben oder ein wirres Pixelmuster darstellten.

Dieses grundlegende Experiment zeigt, dass ein Netzwerk aus Memristoren lernen kann und danach zur Identifikation einfacher Bilddaten geeignet ist. Für komplexere Aufgaben müssten jedoch weitaus größere Systeme gefertigt werden. „Wenn auf dieser Basis große Netzwerke gebaut werden können, wird es die zukünftige Entwicklung von Computern beeinflussen“, sagt Robert Legenstein von der Universität Graz in einem ebenfalls in „Nature“ veröffentlichten Kommentar. Es ist nicht ausgeschlossen, dass in Zukunft Computer auf der Basis von Memristoren deutlich näher an die enorme Leistungsfähigkeit des Gehirns heranreichen als bisher realisierte künstliche neuronale Netzwerke mit klassischer Transistortechnologie.