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© LARS SAHL,, CARBON3D, INC.Mini-Eiffelturm wächst im 3D-Drucker
Mit einem 3D-Drucker kann man nahezu beliebig geformte Gegenstände fertigen, die sich mit herkömmlichen Gussverfahren oft nicht herstellen lassen. Dabei wird mit Hilfe eines Computers das Modell schichtweise aufgebaut, etwa indem eine Düse eine aushärtende Kunststoffpaste aufträgt oder ein Laserstrahl ein Pulver an bestimmten Stellen kurzzeitig erhitzt, dort zum Schmelzen bringt und die Zutaten anschließend miteinander verbackt. Das 3D-Druckverfahren ist noch immer recht zeitaufwendig. Für die Herstellung eines mehrere Zentimeter großen Modells benötigt man derzeit einige Stunden. Das könnte in Zukunft deutlich schneller gehen. Amerikanische Forscher haben ein Verfahren entwickelt, mit dem man innerhalb von Minuten zentimetergroße und detailreiche Gegenstände kontinuierlich fertigen kann.

Wie Joseph DeSimone von der University of North Carolina in Chapel Hill und seine Kollegen in der Zeitschrift „Science“ berichten, wird bei ihrem Verfahren der zu fertigende Gegenstand stetig und mit einer Geschwindigkeit von einigen 100 Millimetern in der Stunde aus einem Bad von flüssigem Kunstharz gezogen. Das sogenannte Clip-Verfahren („Continuous Liquid Interface Production“) beruht auf der Fotopolymerisierung eines Kunstharzes, die durch die Einwirkung ultravioletter Strahlung hervorgerufen wird und sich durch die dosierte Zugabe von Sauerstoff verzögern lässt.

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© Carbon3DCarbon 3D: So funktioniert der neue 3D-Drucker.
Tote Zone beschleunigt Wachstum

Das Kunstharz befindet sich in einer Wanne, in deren Boden ein Fenster aus einer Zehntelmillimeter dünnen Teflonschicht eingelassen wurde. Diese Schicht ist durchlässig sowohl für ultraviolettes Licht als auch für Sauerstoff. Zum Drucken taucht man von oben eine Platte, an der das Modell kopfüber wachsen soll, bis dicht über das Teflonfenster in das Harz ein. Ein von einem Computer gesteuerter ultravioletter Lichtstrahl wirft dann ein Lichtmuster durch das Fenster in das Kunstharz. Dort, wo dass Licht auftrifft, werden die Harzmoleküle chemisch reaktiv.

Normalerweise würden sich die angeregten Moleküle jetzt miteinander vernetzen, so dass ein festes Polymer entsteht. Doch Sauerstoff, den man durch das Teflonfenster einlässt und der einige Hundertstelmillimeter tief in das flüssige Kunstharz eindringt, verhindert das. Es entsteht gewissermaßen eine „tote Zone“ direkt über dem Fenster, in der das Kunstharz flüssig bleibt. Oberhalb dieser Zone ist die Sauerstoffkonzentration jedoch zu gering, als dass sie die Polymerisierung verhindern könnte. Hier verfestigt sich das Kunstharz in einem Muster, das durch die ultraviolette Strahlung vorgegeben wird, und verbindet sich mit der von oben eingelassenen Platte.

Zieht man die Platte nun langsam in die Höhe, so strömt flüssiges Kunstharz nach. Der Lichtstrahl erzeugt ein sich kontinuierlich änderndes Hell-Dunkel-Muster, so dass die Polymerisierung stetig weitergeht und das Kunstharz an den gewünschten Stellen erstarrt. Dadurch wächst das Modell stetig und genau so schnell heran, wie die Platte aus dem flüssigen Kunstharz gezogen wird. Auf diese Weise haben die Forscher um DeSimone in einer Stunde beispielsweise ein zehn Zentimeter großes Modell des Eiffelturms hergestellt, das Details von weniger als einem Millimeter Größe aufwies. Mit dem Verfahren lassen sich aber auch mikroskopisch kleine Objekte fertigen.

Vielfältig verwendbares Verfahren

Im Vergleich zu bisherigen Verfahren des 3D-Drucks arbeitet die Clip-Technik wesentlich schneller, da ein Objekt nicht schichtweise aufbaut wird, sondern kontinuierlich. DeSimone und seine Kollegen haben ein rautenförmig strukturiertes Modell mit einer Rekordgeschwindigkeit von 500 Millimeter pro Stunde produziert. Die maximal mögliche Geschwindigkeit hängt unter anderem davon ab, wie schnell sich das Kunstharz verfestigt und wie schnell es hinter dem nach oben gezogenen Modell nachströmt. Je rascher man ein Modell wachsen lässt, desto geringer ist jedoch sein Detailreichtum. Indem man dem flüssigen Kunstharz Farbstoff zugibt, lässt sich die Eindringtiefe der Lichtstrahls verringern. Dadurch entstehen filigranere Objekte.

Nach Ansicht der Forscher um DeSimone lassen sich mit dem Clip-Verfahren auch Gegenstände aus elastischen Stoffen, aus Keramik und sogar aus biologischen Materialien fertigen. Inzwischen haben die Forscher ein eigenes Unternehmen gegründet, das ihr Verfahren weiterentwickeln und vermarkten soll.