Fossilfund in Sibirien stellt Annahmen über Gefieder-Evolution auf den Kopf .

Saurier-Sensation: In Sibirien haben Paläontologen einen äußerst ungewöhnlichen Fund gemacht: Dinosaurier-Fossilien, die Federn tragen, aber nur sehr weitläufig mit allen anderen gefiederten Arten verwandt sind. Stattdessen gehören sie zur gleichen Gruppe wie Stegosaurus und Triceratops - den großen, gepanzerten Pflanzenfressern der Vogelbeckensaurier. Das aber könnte bedeuten, dass Federn schon in allen Dinosauriergruppen vorkamen, erklären die Forscher im Fachmagazin Science.
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© Andrey AtuchinRekonstruktion des Jura-Dinosauriers Kulindadromeus zabaikalicus
Archaeopteryx trug sie, der Microraptor und sogar der furchteinflößende Tyrannosaurus rex schmückte sich vermutlich damit: Federn. In den letzten Jahren zeigen unzählige Funde gefiederter Dinosaurier, dass das Gefieder sich nicht erst mit den ersten Vögeln entwickelte. Wann aber die ersten Federn entstanden, blieb unklar. Anhand der Fossilienfunde vermuteten Paläontologen jedoch, dass dies bei frühen Vertretern der Theropoden, der fleischfressenden, zweibeinig laufenden Dinosaurier der Fall war, aus denen später auch die Vögel hervorgingen.

Doch die Funde von Pascal Godefroit vom Königlich Belgischen Institut für Naturwissenschaften in Brüssel und seinen Kollegen werfen diese Theorie nun komplett über den Haufen. Entdeckt wurden Fossilien in Kulinda im Südosten Sibiriens in einer Formation aus dem mittleren bis späten Jura. Inmitten von zahlreichen Relikten von Pflanzen, Insekten und Krebsen lagen dort mehrere hundert zerfallene Skelette und etliche Schädel einer noch unbekannten Dinosaurierart.

Federn am Körper, Schuppen am Schwanz

Nähere Untersuchungen enthüllten Seltsames: Diese Kulindadromeus zabaikalicus getaufte Dinosaurierart gehörte eindeutig zu den Vogelbeckensauriern und damit zu der Gruppe, von der bisher keine Federn bekannt waren. Doch bei mehreren der neue Fossilien sind neben Schuppen auch klare Abdrücke von Federn erhalten - einige sind dabei eher haarähnlich, andere zeigen ein komplexere, federähnlicherer Struktur, wie die Forscher berichten.

Die rund 1,5 Meter langen, zweibeinig laufenden Pflanzenfresser trugen demnach am Rumpf, Hals und den Oberschenkeln ein dichtes Gefieder aus dünnen, noch ziemlich haarähnlichen Federn. "Sie ähneln den Daunenfedern einige moderner Hühnerarten", berichten die Forscher. Unterschenkel, Füße und Schwanz der Tiere waren dagegen von Schuppen bedeckt.

Federn schon bei frühesten Dinos?

"Die Präsenz dieser frühen Federn bei einem Nicht-Theropoden deutet darauf hin, dass federähnliche Strukturen und Schuppen durchaus zusammen vorkamen", sagen Godefroit und seine Kollegen. Und sie belegen, dass Federn keine Erfindung nur der Vogelvorfahren und ihrer engsten Verwandten waren. Stattdessen könnten es in allen bekannten Dinosauriergruppen schon Vertreter mit Federn gegeben haben. Entwickelt haben muss diese Strukturen daher schon ein gemeinsamer Vorfahre der beiden Hauptgruppen der Dinosaurier.
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© Pascale Golinvaux/ RBINSAm Rumpf und den Oberschenkeln Federn, am Schwanz und den Unterschenkeln Schuppen.
Dies aber lässt einen weiteren Schluss zu: Die Evolution der Federn hatte zunächst nichts mit dem Fliegen zu tun. Die Reptilien entwickelten diese Körperbedeckung bereits Jahrmillionen, bevor sich der erste von ihnen in die Lüfte erhob. Das anfangs noch haarähnliche Gefieder diente den Dinosauriern stattdessen als Wärmeisolierung - ähnlich dem Fell der heutigen Säugetiere - oder als Schmuck, beispielsweise um potenzielle Partner zu werben oder Rivalen zu imponieren.

(Science, 2014; doi: 10.1126/science.1253351)