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© M. H. Alford et al., Scripps Institution of OceanographyNumerische Simulation von internen Tiefenwellen, die hier Höhen von bis zu 200 Metern erreichen.
La Jolla (USA) - Meterhohe Wellen schlagen ununterbrochen an die Küsten der Ozeane. Viel höher als selbst Tsunami-Wellen bauen sich unsichtbare Wogen unter der Wasseroberfläche auf. Diese internen Wellen analysierte nun eine multinationale Forschergruppe in der Luzon-Straße zwischen den Philippinen und Taiwan. Dort breiten sich nach bisheriger Kenntnis die stärkten Wellen mit Höhen von mehreren hundert Metern aus. Die von dieser Wasserbewegung verursachten Turbulenzen haben einen großen Einfluss auf Klimaprozesse, die Navigation unter Wasser und den Nährstofftransport in den Ozeanen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Nature.

„Diese internen Wellen können höher als Wolkenkratzer sein und sind wichtig für Ökosysteme und das Klima“, sagt Erstautor Matthew H. Alford von der Scripps Institution of Oceanography an der University of California San Diego. Gemeinsam mit Kollegen von insgesamt 25 Instituten aus fünf Ländern gelang es Alford, mehr über Entstehung und Verhalten dieser Tiefenwellen zu erfahren. Dazu organisierten sie eine groß angelegte Messkampagne, bei der sie während des Sommers 2011 sowohl vor Ort mit Bojen und Strömungssensoren als auch mit Satellitenaufnahmen einen umfassenden Datensatz in der Luzon-Straße sammelten. Für die Auswertung dieser Daten nutzten die Meeresforscher verschiedene numerische Modelle.

Anders als an der Wasseroberfläche breiten sich die Tiefenwellen mit horizontalen Wellenlängen von Dutzenden Kilometern Länge aus. Zugleich bewegen sie sich relativ langsam mit teilweise weniger als einem Meter pro Sekunde, beschleunigen in flacheren Gewässern aber auf bis zu drei Metern pro Sekunde. Im Widerspruch zu bisherigen Modellen entstehen die Tiefenwellen nicht aus plötzlichen, großen hydraulischen Bewegungen, sondern eher langsam aus kleinen Impulsen, sogenannte sinusoidale Störungen. Aus diesen entstehen nach und nach größere Wellen.

Ihre Energie schöpfen die Tiefenwellen aus den periodischen Gezeitenströmungen. In Kombination mit vertikalen Strömungen, verursacht durch Dichte- und Temperaturschwankungen in den tiefen Wasserschichten, entwickelte sich in der Luzon-Straße ein charakteristisches Ausbreitungsmuster. Mit einem Energietransport von bis zu 40 Kilowatt pro Meter treiben die Tiefenwellen westwärts und erreichen dabei Höhen von mehreren hundert Metern. Gelangen sie südlich von Taiwan in flachere Gewässer, brechen die Wellen unter Wasser und erzeugen raumgreifende Turbulenzen. Diese können mit einer Intensität von etwa 20 Watt pro Quadratmeter bis zu 10.000 mal stärker ausgeprägt sein als im offenen Ozean.

Diese Studie bestätigte, dass in der Luzon-Straße Tiefenwellen und turbulente Strömungen so stark ausgeprägt sind wie in keiner anderen Meeresregion weltweit. Das nun verfeinerte Verständnis des Entstehungsprozesses und der Ausbreitungsmuster kann Klimaforschern vor allem helfen, den Einfluss der Ozeane besser in regionalen Klimamodellen zu berücksichtigen. Da die Turbulenzen südlich von Taiwan eine starke Durchmischung der Wasserschichten verursachen, könnten auch der Nährstofftransport und die damit verknüpften Lebensbedingungen für Fische und Korallenriffe genauer analysiert werden. Auch für andere Meeresengen böten vergleichbare Messkampagnen einen hohen wissenschaftlichen Wert. So ist es nicht ausgeschlossen, dass diese in den kommenden Jahren vorgenommen werden könnten.