Was bringt der Verzichtauf bestimmte Speisen - zum Beispiel Eier?
verengtes blutgefäß,cholesterin
Cholesterin, das klingt böse. Giftig. Schädlich. Täglich gaukelt uns die Werbung vor, wir müssten verzichten: Cholesterinarme Margarine, cholesterinfreie Cornflakes - damit lockt die Nahrungsmittelbranche Kunden. Denn Cholesterin gilt gemeinhin als gefährlich. Ist das ein Mythos? Müssen wir Cholesterin rehabilitieren?

"Wir brauchen Cholesterin", stellt Stephan Bernhardt vom Hausärzteverband klar, denn es ist ein Bestandteil des Körpers. Es stabilisiert die Zelloberfläche und bildet die Vorstufe anderer Substanzen: Weibliche und männliche Geschlechtshormone und auch Kortison werden aus Cholesterin hergestellt, erklärt Hans-Ulrich Klör, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen DGFF (Lipid-Liga). Der Stoff - dessen Name übrigens auf das griechische Wort für Galle zurückgeht, weil man ihn zuerst in Gallensteinen fand - ist also lebenswichtig. Der Körper stellt ihn sogar unter großem Energieaufwand selbst her. Etwa 50 bis 60 Prozent bildet die Leber, erläutert Bernhardt: "Den geringeren Teil führen wir über die Nahrung zu." Aber: "Zu viel ist nicht gut", sagt Klör. Es ist wie bei so vielen Dingen: Die Dosis macht das Gift, erklärt auch Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Überschüssiges Cholesterin kann nämlich nicht ausgeschieden werden. Zu groß ist der Aufwand, den der Körper für die Produktion betreibt - er will den Energieverlust durch ein Ausscheiden also vermeiden. Deshalb behält der Körper den Stoff im Kreislauf. Überschüssiges Cholesterin kann sich dann an den Gefäßwänden ablagern und die Gefäße verstopfen. Deswegen gilt ein sehr hoher Cholesterinwert auch als Risikofaktor für Arteriosklerose.

Dabei muss man jedoch unterscheiden, zwischen zwei unterschiedlichen Cholesterinarten: dem LDL-Cholesterin, das sich ablagert und deswegen auch als "schlechtes" Cholesterin bezeichnet wird, und dem "guten" HDL-Cholesterin, das sich nicht ablagert. Entscheidend für die Gesundheit ist also der LDL-Cholesterinwert. Er liegt bei Säuglingen bei 40 Milligramm pro Deziliter (mg/dl) und steigt im Laufe des Lebens auf 130 bis 150 mg/dl an. Um ihn nicht zusätzlich zu erhöhen, rät die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, nicht mehr als 300 Milligramm pro Tag aufzunehmen. Dafür muss man allerdings wissen, wo besonders viel Cholesterin drinsteckt: Ein Ei etwa enthält schon 240 Milligramm. Auch in rotem Fleisch steckt mehr Cholesterin als etwa in Fisch. Eine Scheibe Kochschinken enthält 20 Milligramm. Mit einem Glas Milch kommt man auf 25 Milligramm, mit einer Portion Butter à 20 Gramm schon auf 50 Milligramm. Auch Schalentiere sind relativ cholesterinreich.

Muss das Frühstücksei also vom Tisch verschwinden? Nicht unbedingt. Denn ob eine cholesterinarme Ernährung vor zu hohen Werten schützt, ist heute umstritten. In den USA werden dieses Jahr die offiziellen Ernährungsrichtlinien überarbeitet, und vieles spricht dafür, dass der Grenzwert für Cholesterin komplett gestrichen wird. Dazu jedenfalls raten die Ernährungsexperten, weil aktuelle Studien keinen Zusammenhang zwischen dem Konsum cholesterinreicher Lebensmittel und einem Anstieg des Cholesterinspiegels im Körper belegen konnten. Zu viel Cholesterin schadet nicht, resümieren die Experten in ihrem Bericht. Bereits 2013 hatte die American Heart Association die Cholesterinzielwerte abgeschafft - zum Leidwesen deutscher Ärzte, die weiterhin dafür plädieren, die Grenzwerte aufrechtzuerhalten. Auch die Grenzwerte für die Aufnahme von Cholesterin bleiben hierzulande bestehen, jedenfalls vorerst.


Kommentar: Zum Leidwesen der deutsche Ärzte oder der Pharmaindustrie?


Also doch auf das Frühstücksei verzichten? Vor allem Männer fahren damit nicht unbedingt gut. Eine finnische Studie belegte kürzlich, dass Männer, die rund vier Eier pro Woche aßen, ein deutlich geringeres Risiko für Diabetes Typ 2 hatten als Männer, die nur ein Ei pro Woche aßen. Die Forscher untersuchten für die Studie die Essgewohnheiten von 2332 Männern zwischen 42 und 60 Jahren - und berücksichtigten auch andere Risikofaktoren wie zu wenig Bewegung, einen hohen Body-Mass-Index, Rauchen und eine grundsätzlich ungesunde Ernährung.


Die Wissenschaftler vermuten positive Inhaltsstoffe von Eiern hinter diesem Effekt: So können sie beispielsweise den Blutzucker und den Stoffwechsel beeinflussen. Gesunde Ernährung, schreiben sie, könne man zudem nicht an einem einzigen Stoff festmachen - wie zum Beispiel dem Cholesterin. Statt sich also auf wenig Cholesterin zu fokussieren, sei es wichtiger, sich insgesamt bewusst und gesund zu ernähren. Allerdings schlägt man mit einer cholesterinarmen Ernährung zwei Fliegen mit einer Klappe: Automatisch wird auch die Aufnahme gesättigter Fettsäuren reduziert, die wiederum die Produktion von Cholesterin antreiben, erklärt Hans-Ulrich Klör von der Lipid-Liga. Ob ein Patient seinen Cholesterinspiegel überhaupt mit einer Ernährungsumstellung senken könne, sei allerdings individuell unterschiedlich, schränkt Ernährungsexpertin Antje Gahl ein.

Lesen Sie den vollständigen Artikel hier