Die Zahl von Rekord-Unwettern wird in der Zukunft steigen. Eine Studie aus Klima- und Versicherungsdaten vor Milliardenschäden durch den Klimawandel.

Sturmtief
© dpaSturmtief "Xynthia" über Leipzig. (Archivbild 28.02.2010)
Als der Orkan „Kyrill“ Anfang 2007 weite Teile Europas verwüstete, kosteten allein die Schäden in Deutschland die Versicherungswirtschaft 2,4 Milliarden Euro. Bisher ist Kyrill das Rekord-Unwetter, wie die Deutschen es nicht oft wieder erleben wollen. Werden sie aber. Das ergibt eine neuartige Studie, für die das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und die Universitäten Berlin und Köln gemeinsam mit der Versicherungsbranche drei Jahre lang Schadens- und Klimadaten verknüpften und auf die Zukunft übertrugen.

„Lange haben die Deutschen die Folgen des Klimawandels nur weit weg im Ausland gesehen - wie derzeit die Flut in den USA“, sagte der Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Rolf-Peter Hoenen. „Diese Zeiten sind vorbei.“

Nach dem Gutachten, das gestern in Berlin vorgestellt wurde, werden sowohl Stürme, als auch Überschwemmungen und Hitzewellen in Deutschland häufiger und extremer. Vor allem im Osten ist im Sommer mit großen Schäden durch immer stärkere Gewitter und Hagelfälle zu rechnen. Selbst wenn für den Treibhausgas-Ausstoß und die resultierenden Klimafolgen nur ein mittleres Ausmaß angenommen wird, werden Extrem-Unwetter künftig öfter auftreten und deutlich größere Schäden verursachen als heute.

Grund für höhere Prämien

Sturmschäden nehmen laut den Berechnungen bis zum Jahr 2100 um mehr als 50 Prozent zu. Orkane wie Kyrill, die Deutschland bisher im Schnitt alle 50 Jahre heimsuchen, treten dann alle zehn Jahre ein. Die Versicherungsbranche muss dann allein für Orkanschäden sieben bis acht Milliarden Euro zahlen - das Dreifache der Kyrill-Schäden.

„Größere Fluten werden in den nächsten Jahrzehnten in Deutschland etwa zwei bis drei Mal häufiger auftreten“, erklärte der PIK-Klimaforscher Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe. Gebäude sind besonders durch starken Regen und Überschwemmungen an den Ufern von Oder, Elbe, Weser, Ems, Donau und Rhein gefährdet. Im Durchschnitt der verschiedenen Berechnungen steigt die Zahl der Schäden durch Überschwemmungen und Sturzfluten bis 2100 auf mehr als das Doppelte der heutigen Schäden. Es sei daher „nicht mehr vertretbar, dass in Überschwemmungsgebieten immer noch Bauland ausgewiesen wird“, sagte Hoenen.

Anhand der Studie müsse sich Deutschland nun auf die Verstärkung der Unwetter einstellen, sagte Thomas Vorholt, GDV-Projektleiter zum Klimawandel und Chef des Ausschusses für Privatkunden. Die gute Nachricht sei, dass die Klimafolgen in Deutschland versicherbar bleiben - anders als in anderen Teilen der Welt. Hiesige Architekten müssten Dächer jedoch für größere Stürme auslegen und bei den Gebäuden stärkeren Regen und bessere Abflussmöglichkeiten einplanen. Bauherren müssten in Vorsorge und in Versicherungen auch gegen Elementarschäden durch Unwetter investieren, wie sie früher in der DDR sowie in Baden-Württemberg Pflicht waren.

Den Vorwurf, dank des Gutachtens vor allem einen Grund für höhere Prämien zu haben, wiesen die Versicherer aber zurück. Zunächst würden die Schäden die hohen Kosten verursachen, dann erst würden die Prämien nachziehen, sagte Hoenen. Wenn eine Versicherung dabei zu hohe Beiträge verlange, werde sie schnell vom Markt abgestraft.