Umweltminister Röttgen soll einem Zeitungsbericht zufolge eine Studie zurückhalten, nach der ein Atomausstieg bereits bis 2017 möglich sei. Die schwarz-gelbe Koalition ringt derzeit um ein Ausstiegsdatum, Teile von Union und FDP wollen die Energiewende allerdings aufweichen. Am Wochenende legt die Ethikkommission ihren Bericht vor.

Röttgen
© ReutersVerschweigt er etwas? Röttgen soll persönlich dafür gesorgt haben, dass die Studie unter Verschluss bleibt.
Das Bundesumweltministerium hält offenbar eine Untersuchung des Umweltbundesamtes (UBA) zurück, nach welcher der vollständige Atomausstieg bis 2017 fast ohne Probleme möglich ist. Aus Kreisen des Ministeriums erfuhr die "Berliner Zeitung", Umweltminister Norbert Röttgen persönlich habe sich dafür eingesetzt, das Papier mit dem Titel: "Hintergrundpapier zur Umstrukturierung der Stromversorgung in Deutschland" nicht an die Öffentlichkeit zu bringen. Das Ministerium äußerte sich bislang nicht zu dem Bericht.

In Koalition und Regierung wird derzeit darum gerungen, bis wann genau der Atomausstieg angestrebt werden soll. Von den meisten schwarz-gelben Politikern werde der Ausstieg erst nach dem Jahr 2020 präferiert - die CSU hatte sich auf das Jahr 2022 festgelegt.

UBA-Chef Jochen Flasbarth hält Ausstieg bis 2017 für technisch möglich. Es müssten allerdings womöglich zusätzliche Gaskraftwerke gebaut werden, habe Flasbarth betont. Das UBA ist dem Bundesumweltministerium zugeordnet.

Merkel bleibt schwammig

Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte, die Bundesregierung werde sich beim Ausstieg an dem "ausgewogenen Ergebnis" orientieren, das die Ethikkommission am Sonnabend vorlegen soll. Allerdings werde die Regierung dabei auch prüfen, ob die Kriterien erfüllt würden, die Bezahlbarkeit, Versorgungssicherheit und Umweltfreundlichkeit von Energie seien.
Am Wochenende legt die Ethikkommission ihren Bericht zur Energiewende vor.

Zuvor hatte der Präsident des CDU-Wirtschaftsrates, Kurt Lauk, gewarnt, der Wirtschaftsflügel der Partei werde ein Energiekonzept ablehnen, das keine Stromversorgungssicherheit garantiere und die Preise in Deutschland die Höhe treibe. Wenn ein Ausstiegsdatum für die Atomkraft genannt werde, müsse zugleich garantiert werden, dass in ausreichendem Maße andere Energieerzeugung zur Verfügung stehe.

FDP sucht nach Hintertür

Die FDP will den Atomausstieg nach Informationen der "Rheinischen Post" daran knüpfen, dass bestimmte Ziele bei der Energiewende erreicht werden. Das Enddatum müsse "mit einer Kontrollphase verbunden werden, um vor dem Erreichen des Enddatums festzustellen, ob die Umbauziele erreicht werden", zitiert das Blatt aus einem Verhandlungspapier, das die FDP-Bundestagsfraktion für das Spitzentreffen der Koalition am Sonntag vorbereitet habe.

Die Reihenfolge der Abschaltung der Kernkraftwerke soll demnach unter Berücksichtigung ihrer Betriebssicherheit festgelegt werden. Außerdem wollten die Liberalen nach neuen Standorten für Atommüll suchen lassen. Parallel zum niedersächsischen Endlager Gorleben müssten "rückholbare Konzepte zum sicheren Verbleib hochradioaktiver Abfälle" in geologischen Formationen oder gesicherten baulichen Einrichtungen entwickelt werden. Die Planungsverfahren sollten auch für die Modernisierung konventioneller Kraftwerke verringert und Stromspeicher von Netzentgelten befreit werden.

Das Öko-Institut warnte hingegen davor, den Atomausstieg mit Überprüfungsklauseln zu versehen. "Eine permanente Revision, wie zuletzt vom Wirtschaftsrat der CDU und vom BDI vorgeschlagen, sendet dem Markt die falschen Signale", sagte Felix Matthes, Energie-Experte des Instituts, dem "Handelsblatt". Wenn man ständig damit rechnen müsse, dass der Ausstieg doch noch nach hinten verschoben werde, führe das zu großen Unsicherheiten und Investitionszurückhaltung.