In der jemenitischen Hauptstadt Sanaa haben sich Streitkräfte des Machthabers Ali Abdullah Saleh mit aufständischen Stammesmitgliedern heftige Strassenschlachten geliefert. Dutzende Menschen auf beiden Seiten wurden bei den Auseinandersetzungen am Donnerstag getötet oder verletzt.

Massenproteste in Sanaa
© ReutersDemonstranten in Sanaa protestieren gegen Präsident Saleh.
Tausende Stammeskämpfer zogen in Richtung der Hauptstadt, um ihren Anführer Scheich Sadek al-Ahmar bei seinem Kampf gegen die Regierungstruppen zu unterstützen. Sie versuchten am Stadtrand im Norden die Streitkräfte zu überrennen.

Das Verteidigungsministerium teilte mit, die Streitkräfte hätten die Stammeskämpfer daran gehindert, nach Sanaa zu gelangen. Ein zu den Aufständischen übergelaufener Militäroffizier erklärte hingegen, die Kämpfe hielten an. Er sagte, die Stammeskämpfer seien bereits bis auf 15 Kilometer zur Hauptstadt vorgedrungen.

Im Stadtteil Al-Hassaba, wo Salehs Truppen den zweiten Tag in Folge Regierungsgegner beschossen, soll es Augenzeugen zufolge zahlreiche Tote und Verletzte gegeben haben. Das Militär versucht Kämpfer, die loyal zu Scheich Ahmar stehen, zu vertreiben.

Das Verteidigungsministerium bestätigte die Kämpfe erstmals am Donnerstag. Oppositionelle haben einige Regierungsgebäude besetzt. Der Flughafen der Hauptstadt war in der Nacht zum Donnerstag aus Sorge, Flugzeuge könnten in den Kugelhagel geraten, bis auf weiteres geschlossen worden.

Waffenruhe hält nicht lange

Die Regierung von Präsident Saleh und die regierungsfeindlichen Stammesvertreter hatten am 27. Mai einen Waffenstillstand vereinbart, nachdem es eine Woche lang heftige Kämpfe gegeben hatte. Die Behörden werfen Ahmar vor, die Waffenruhe gebrochen zu haben.

Die Stammeskämpfer hatten ihren bewaffneten Kampf gegen Saleh begonnen, nachdem dieser sich geweigert hatte, ein von den Golfstaaten vorgeschlagenes Abkommen mit der Opposition zu unterzeichnen.

Mit dem Abkommen sollte er seinen Machtverzicht besiegeln. Im Jemen fordert eine Protestbewegung seit Januar den Rücktritt Salehs, der das arabische Land seit 33 Jahren regiert.

Ausbruch von Kämpfen in Tais

In der Stadt Tais südlich von Sanaa lieferten sich Regierungskräfte erstmals Gefechte mit bewaffneten Regierungsgegnern. Nach Angaben von Anwohnern konzentrierten sich die Kämpfe um den Präsidentenpalast in der Stadt und ein Lager der Saleh treu ergebenen Republikanischen Garde.

Sicherheitskräfte hatten in der Nacht zu Montag mit Panzern und Schüssen gewaltsam eine Sitzblockade auf einem zentralen Platz in Tais aufgelöst und dabei nach Uno-Angaben mehr als 50 Demonstranten getötet. Diplomaten verlassen Sanaa

Wegen der zunehmenden Kämpfe verlassen immer mehr Diplomaten die Hauptstadt Sanaa. Am Mittwoch war die kuwaitische Botschaft in Sanaa geschlossen worden. Auch die italienischen Diplomaten verliessen Sanaa.

Die Schweiz ist in der jemenitischen Hauptstadt mit einem Honorarkonsulat vertreten. Dieses war auch am Donnerstag geöffnet, wie das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) gegenüber der Nachrichtenagentur SDA sagte.