Die spanische Zentralregierung zieht gegen die angestrebte Unabhängigkeit Kataloniens vor Gericht. Premier Mariano Rajoy hat die obersten Richter des Landes aufgerufen, den Unabhängigkeitsbeschluss des katalanischen Parlaments mit sofortiger Wirkung auszusetzen. Den Parlamentsentscheid bezeichnete Rajoy als „Ungehorsam gegenüber den Institutionen“.
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© dpaIn einer außerordentlichen Kabinettssitzung berät Spaniens Premier Mariano Rajoy über rechtliche Möglichkeiten, um die vom katalanischen Parlament beschlossene Unabhängigkeit der Region zu verhindern.
Die spanische Zentralregierung will die Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens vom Verfassungsgericht verbieten lassen. Ministerpräsident Mariano Rajoy teilte am Mittwoch nach einer außerordentlichen Kabinettssitzung in Madrid mit, dass die Regierung das oberste Gericht des Landes bereits angerufen habe. Dieses solle laut dem eingereichten Antrag den Unabhängigkeitsbeschluss des katalanischen Parlaments „und alle seine Auswirkungen mit sofortiger Wirkung aussetzen“.

Das katalanische Parlament hatte am Montag für die Unabhängigkeit von der Zentralregierung in Madrid und die Schaffung einer eigenen Republik bis spätestens 2017 gestimmt. Der Beschluss des Regionalparlamentes in Barcelona enthält auch einen „Fahrplan“ für einen 18-monatigen Abspaltungsprozess. Unter anderem sollen binnen 30 Tagen die gesetzlichen Grundlagen für ein eigenes Sozialversicherungssystem und eine eigene Finanzverwaltung geschaffen werden.

Rajoy bezeichnete den Beschluss aus Barcelona am Mittwoch als „Ungehorsam gegenüber den Institutionen“ und fügte hinzu: „Die Souveränität gehört dem gesamten spanischen Volk, diese Souveränität kann nicht geteilt werden.“ Nach Angaben aus Justizkreisen sollte das Verfassungsgericht noch im Laufe des Mittwochs über den Antrag der Regierung beraten.

Auch der katalanische Regierungschef Artur Mas steht bereits wegen Ungehorsams vor Gericht: Die Durchführung einer Volks-Befragung entgegen einer richterlichen Anordnung erfülle laut Anklage der spanischen Staatsanwaltschaft den Tatbestand des schweren Ungehorsams, der Rechtsbeugung, Amtsanmaßung sowie der Veruntreuung öffentlicher Gelder. Bei einer Verurteilung drohen Amtsenthebung und bis zu zehn Jahre Berufsverbot.

Katalonien hat rund 7,5 Millionen Einwohner und stellt ein Fünftel der Wirtschaftskraft von ganz Spanien dar. Am 20. Dezember stehen die Parlamentswahlen in Spanien an, die „katalanische Frage“ dominiert derzeit die Debatten.