Ich gebe zu: Der Titel scheint makaber. Schließlich gelten Ärzte als „Lebensretter“. Umso überraschender ist es, wenn man sich einige (mögliche) Zusammenhänge ansieht. Ich schreibe hier jetzt mal nicht meine persönliche Einschätzung zu diesem Thema, sondern beziehe mich einmal auf eine Veröffentlichung der Süddeutschen Zeitung: Schaden Ärztestreiks den Patienten?.
ärztestreik
Der Beitrag stammt von einem Arzt und Wissenschaftsjournalist, Dr. Werner Bartens. Trotz des Beitragtitels scheint der Mediziner keineswegs in die Kategorie „alternativ“ zu passen. Dagegen spricht unter anderem auch seine ablehnende Haltung der Homöopathie gegenüber. Klar kann jetzt gleich fragen, ob man überhaupt gegen Homöopathie sein kann... Aber darum geht es in diesem Beitrag jetzt nicht. Außerdem habe ich diese Frage bereits in einem anderen Beitrag behandelt: Kann man auch gegen Homöopathie sein?

Also weiter mit Dr. Bartens: Was also hat der skeptische Wissenschaftsjournalist zu sagen, wenn es um einen „Ausfall“ der Ärzteschaft geht? Wird ein Streik der Ärzte Tausende von Toten fordern?

Wenn man das Selbstverständnis großer Teile der Schulmedizin betrachtet, dann gewinnt man den Eindruck, dass wir ohne ärztliche Versorgung so gut wie dem Untergang geweiht sind. Daher ist ein Ärztestreik undenkbar, ja direkt verantwortungslos.

Wenn man sich aber einmal einige Studien zu diesem Thema ansieht, kommt man zu einem vollkommen gegenteiligen Schluss.

Dr. Bartens scheint das getan tu haben. Er bezieht sich auf eine Veröffentlichung im British Medical Journal (What are the consequences when doctors strike?), in dem tatsächliche durchgeführte Ärztestreiks und deren Auswirkung auf die Todesrate während der Streikzeit untersucht worden waren.

Ärztestreik = weniger Tote?

Hier erfahren wir, dass es 1976 einen Ärzte-Streik in Los Angeles gab, der fünf Wochen dauerte und an dem sich die Hälfte aller Ärzte beteiligt hatte. Einfluss auf die Sterberate während dieser Zeit: Es starben weniger als zu Zeiten ohne Streik.

In Jerusalem streikten rund drei Viertel aller Ärzte im Jahr 1983. Dauer: 4 Monate: Sterberate: Weniger als zu normalen Zeiten. Ein ähnlicher Streik in Jerusalem im Jahr 2000 zeigte das gleiche Ergebnis.

In Spanien kam es 1999 zum Streik junger Assistenzärzte. Dauer: 9 Tage. Ergebnis: Keine Veränderung der Sterberate unter Streikbedingungen.

Im Jahr 2012 kam es in Großbritannien zum Ärztestreik. Auch hier kein Anstieg der Sterberate während der Streikzeit. Ein Streik in Kroatien im Jahr 2003 hatte ebenfalls keinen Anstieg zur Folge.

Keine Regel ohne Ausnahme. Die bislang einzige Ausnahme ist der 20 Tage dauernde Ärztestreik in Südafrika im Jahr 2010. Hier stieg die Sterberate während der Streikzeit deutlich an.

Für Dr. Bartens liegt die Erklärung dieses Phänomens in der Tatsache, dass selten alle Ärzte streiken und die Notfallversorgung nicht vom Streik betroffen ist. Außerdem sind nicht alle angeblichen Notfälle auch wirkliche Notfälle. Warum die Sterberaten während er Streikzeit nicht ansteigen liegt auch in der Natur der Schulmedizin. Dr. Bartens gibt meines Erachtens die richtige Erklärung: „Die Medizin in wohlhabenden Ländern besteht hauptsächlich in der Betreuung von chronisch Kranken und erfordert nur selten eine sofortige Intervention.“

Und hier kommt ein besonderer Aspekt hinzu, der Teile der Schulmedizin fragwürdig erscheinen lässt: Die Überversorgung. Für Dr. Bartens ist es klar, dass die Überversorgung nur Schaden anrichtet anstatt zu nutzen. Somit ist es auch einleuchtend, dass während der Streikzeit keine Überversorgung mehr stattfindet und somit weniger Schaden angerichtet werden kann.

Überversorgung vor dem Streik und nach dem Streik

Ein Artikel über Dr. Bartens im Medical Tribune macht seinen Standpunkt deutlicher. Für Dr. Bartens macht mehr Medizin die Menschen nicht zwangsläufig gesünder. Im Gegenteil - sie macht sie krank. Grund dafür ist weniger eine hilflose Schulmedizin, die nicht zu wissen scheint, was sie tut. Vielmehr liegt die Ursache in der Frage, warum es die Schulmedizin gibt. Natürlich um Menschen von Krankheiten zu befreien, oder? Nein, wenn dem so wäre, dann gäbe es weniger chronische Erkrankungen, von denen die meisten auch noch zunehmen. Dr. Bartens Erklärung trifft auch hier wieder den Nagel auf den Kopf (meines Erachtens):
Da mit der Untersuchung und Behandlung Gesunder wie Kranker viel Geld zu verdienen ist, haben Kaufleute die Medizin zu einer Industrie gemacht und die Krankenbehandlung ökonomisiert. Weder Patienten noch Ärzten ist das gut bekommen.
Die Schulmedizin wird für das „gemeine Volk“ als Retter und Heilsbringer dargestellt. Die treibende Kraft jedoch, die die Schulmedizin am Laufen hält, kümmert sich nur wenig um Rettung und Gesundmachung. Denn die Schulmedizin wird „nach Kriterien von Markt und Wachstum bemessen“. Damit ist sichergestellt, dass mehr Umsatz gemacht werden muss, um „rentabel“ zu sein. Und rentabel sein und marktorientiert arbeiten bedeutet immer, dass die Ausgaben für das Gesundheitswesen stetig steigen, obwohl alle Welt und Politik beschwörend eine „Kostendämpfung“ fordern. Für die Betroffenen, die Kranken, hat dies üble Folgen. Denn: „Für Kranke wichtige Werte wie Zeit, Geborgenheit und Barmherzigkeit bleiben in der Medizinwirtschaft auf der Strecke.“

In diesem Artikel kommen noch weitere „Unarten“ der Schulmedizin zur Sprache, die die Überversorgung und somit der Umsatz sicherstellen sollen. Da ist die „Vermehrung der Behandlungsanlässe durch Absenken von Grenzwerten und die Definition von Prä-Stadien, Überdiagnosen und Übertherapien.“ Weiter gibt es überflüssige Kontrollen, neue Therapien ohne „evidenzbasierten“ Nutzen für den Patienten und Operationen, die die Ärzte ihren Patienten, aber nie sich selbst oder ihren Verwandten zumuten würden. Zum letzten Punkt hatte ich einen kurzen Beitrag geschrieben: Würde Ihr Arzt selbst nehmen was er Ihnen verschreibt?

Fazit

Die Schulmedizin ist ein Industriebetrieb, der im Falle des Aussetzens durch einen Ärztestreik viel weniger Schaden anrichtet, als ein Streik der Müllabfuhr. Immerhin zeigt der Streik der Müllabfuhr wie wichtig diese Menschen für unser Leben sind. Ein Streik der Ärzte jedoch zeigt, wie bedenklich der medizinische Industriebetrieb für die Gesellschaft zu sein scheint. Wie bedenklich das Ganz in unserer „Wohlstandsgesellschaft“ bereits geworden ist habe ich ja bereits in anderen Beiträgen zu zeigen versucht. Wenn Sie davon noch nicht genug haben, dürfen Sie gerne hier weiterlesen:

Vorsicht Arzt! Da kommen zum Beispiel „Spezialisten“ zum Einsatz, die Patienten Therapien verpassen, die sie überhaupt nicht zu Gesicht bekommen haben...

Medikamente: Nebenwirkung Tod. Mehr muss ich dazu nicht sagen...

Das Pharmakartell - Wie wir Patienten belogen werden.

Fazit vom Fazit: Haben wir überhaupt im Falle einer Erkrankung jemanden, der sich um die Erkrankung kümmert und nicht diese Erkrankung zum Anlass nimmt, einen Industriebetrieb aufrechtzuerhalten?

Meine Antwort: Ja, die gibt es. Engagierte Ärztinnen und Ärzte, Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker, sowie viele weitere im Gesundheitswesen tätige Menschen, die mit viel Idealismus versuchen, das Beste für ihre Patienten zu tun... Allerdings bleibt die Frage: Wer macht in diesem Industriebetrieb Medizin denn eigentlich mit?