erdbeben
© DPA/DPASchwere Erdbeben wie hier am 02.03.2011 in Christchurch, Neuseeland, schließen Wissenschaftler auch für Deutschland nicht aus
Ein verheerendes Erdbeben wie das, das zur Atomkatastrophe von Fukushima führte, sei hierzulande unmöglich, glauben viele. Forscher sind da jedoch anderer Meinung.

Erdbeben mit schweren Schäden sind auch in Deutschland nicht ausgeschlossen. Spuren in Gesteinsschichten vergangener Jahrtausende wiesen auf frühere starke Erdstöße hin, sagte Anke Friedrich, Geologin an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. An Sedimenten im Rheingraben könne man sehen, dass es auch hier schwere Erdbeben gegeben habe, die kilometerlange Risse verursacht hätten. Dies werde durch laufende Arbeiten an ihrem Lehrstuhl bestätigt.

In mehreren Meter tiefen Schürfgräben untersuchen die Geologen Gesteinsschichten in der Kölner Bucht. Auch in Bayern laufen Forschungen: Nördlich von München gebe es asymmetrische Talformen, deren Entstehung man bisher Windablagerungen zugeschrieben habe. „Manche dieser Landschaftsformen könnten auch durch Erdbeben entstanden sein“, sagt Friedrich. Für konkrete Aussagen sei es zu früh, aber: „Wir sind sehr neugierig geworden. Wir gehen dieser Spur nach.“

Große Beben auf dem Kontinent wiederholten sich nur in Zeiträumen von Tausenden oder Zehntausenden Jahren. In den kontinentalen Platten gebe es - anders als an den großen Bruchzonen wie der amerikanischen San-Andreas-Verwerfung oder dem Pazifischen Feuerring, einem Vulkangürtel um den Pazifik - nur sehr kleine Verschiebungen. Damit dauere es sehr lange, bis sich eine Spannung aufgebaut habe, die sich in einem Erdbeben entlade. „Die kontinentalen Erdbeben sind eine der großen Unbekannten in der Geowissenschaft.“

In den klassischen Bruchzonen bei Japan, Chile oder Kalifornien hingegen liege die Wiederholungszeit bei 100 bis 1000 Jahren. Etwa in Japan tauche die pazifische Platte im Schnitt pro Jahr zehn Zentimeter in die Erde ein. Bei dem jüngsten Erdbeben habe es einen Ruck von ungefähr 30 Metern gegeben.

Erdbeben folgen offenbar bestimmten Mustern - die Frage ist nur: welchen?

„Unsere Messreihen sind bisher immer noch nicht lang genug. Erst in vielleicht 100 Jahren hätten wir Messreihen, an denen man Muster erkennen kann“, sagt Friedrich. Unter anderem die Bayerische Akademie der Wissenschaften fördere langfristige Forschungsprogramme, die an Universitäten oft nicht machbar seien.

Es gebe offenbar erdbebenreiche Dekaden, denen ruhige Jahrzehnte folgten. Zuletzt habe die Erde in den 1960er-Jahren oft und heftig gebebt. Seit einigen Jahren scheine es eine neue Erdbebendekade zu geben. „Jetzt haben wir schon das dritte Erdbeben, das über Magnitude 8 liegt.“ Große Beben veränderten die Spannungen in der Erde, was wiederum zu neuen Beben führe. Über Gravitationsmessungen mit Satelliten und GPS-Daten könnten die Forscher aber nur indirekt auf Spannungszustände schließen. Deshalb sei eine Erdbebenvorhersage nicht möglich.

Das nächste große Erbeben ist in Kalifornien möglich

In Kalifornien, Washington State oder an der Westküste Kanadas sei in nächster Zeit ein größeres Erdbeben möglich. In Kalifornien lägen die Wiederholungszeiten bei etwa einem Jahrhundert und es habe lange kein großes Erdbeben gegeben. Aufgrund der Lage der Erdplatten seien hier ähnlich starke Erdstöße wie vor Japan möglich. „Wenn ich raten müsste, meine ich, dass das fällig wäre. Da machen sich unsere Kollegen sehr große Sorgen.“