Power Plant Kohlekraftwerk
© DPABraunkohlekraftwerk in Jänschwalde: Gesundheitsschädliche Gifte
Deutschlands Kohlekraftwerke belasten nicht nur das Klima, sie stoßen auch gesundheitsschädliche Gifte aus. Laut einem Gutachten blasen sie pro Jahr rund sieben Tonnen Quecksilber in die Luft - eine Gefahr für Schwangere und Säuglinge.

Deutschlands Kohlekraftwerke stoßen jedes Jahr gut sieben Tonnen Quecksilber aus. Das geht aus einem Gutachten des Hamburger Instituts für Ökologie und Politik im Auftrag der Grünen-Bundesfraktion hervor, das SPIEGEL ONLINE vorliegt.

Quecksilber kann bei Ungeborenen und Kleinkindern zu Schäden bei der Gehirnausbildung führen. Bei Erwachsenen besteht die Gefahr von Nervenschäden. Das Schwermetall ist zudem womöglich krebserzeugend. Kohlemeiler produzieren in Deutschland noch immer die größte Menge Strom; derzeit liegt ihr Anteil an der Elektrizitätsversorgung bei mehr als 40 Prozent.


Kommentar: Warum wird dann Quecksilber in Impfpräparaten und Zahnfüllungen so gerne eingesetzt? Und das in Konzentrationen, die die offiziellen Grenzwerte weit in den Schatten stellen?


Das Institut für Ökologie und Politik, bei dem Chemiker, Physiker, Geowissenschaftler, Biologen und Wirtschaftswissenschaftler mitwirken, hatte bereits im vergangenen Jahr auf die hohen Emissionen hingewiesen. Nun fordern die Forscher, die Kraftwerke mit moderner Filtertechnik auszustatten: Bis zu 85 Prozent der Quecksilberemissionen ließen sich so relativ leicht vermeiden, schreiben sie.

Die Kosten für die Unternehmen würden laut einer Kurzstudie der Forscherin Barbara Zeschmar-Lahl je nach Kraftwerksgröße und gewählter Technologie im niedrigen einstelligen Millionen-Euro-Bereich liegen. Bislang aber haben die Energieversorger keinen Anlass, ihre Kraftwerke nachzurüsten.

"Armutszeugnis für die Bundesregierung"

Der Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer fordert die Bundesregierung deshalb zum Handeln auf. "Wir brauchen in Deutschland rasch strenge Grenzwerte für Quecksilberemissionen", fordert er.

Vorbild könnten die USA sein. Dort gelten seit April 2015 sehr strenge Quecksilbergrenzwerte für Kohlekraftwerke. In Deutschland ist eine Senkung der Grenzwerte erst für 2019 vorgesehen. Und selbst dann wird Deutschland im Vergleich zu den USA noch eine 2,5- bis 6,7-fach höhere Quecksilberemission erlauben.

Derzeit würde nur eins der 53 Kohlekraftwerke in Deutschland den US-Grenzwert zum Quecksilberausstoß einhalten, schreiben die Forscher vom Institut für Ökologie und Politik. Es handle sich dabei um das mittlerweile stillgelegte Kraftwerk Datteln. Peter Meiwald, der umweltpolitische Sprecher der Grünen, bezeichnet dies als "Armutszeugnis für die Bundesregierung".