In El Sal­vador wächst der Wider­stand gegen Pläné der Regie­rung von Prä­si­dent Mau­ricio Funes, einen obli­ga­to­ri­schen Mili­tär­dienst für Jugend­liche zwi­schen 16 und 18 Jahren ein­zu­führen. Damit soll ver­hin­dert werden, dass Jugend­liche in die Kri­mi­na­lität abrut­schen. Schät­zungen der Regie­rung zufolge ließen sich theo­re­tisch 5.000 junge Männer und Frauen in den ersten sechs Monaten von Armee­of­fi­zieren in mili­tä­ri­scher Dis­zi­plin unterweisen.

Eine Aus­bil­dung an der Waffe ist nicht vor­ge­sehen. Die jungen Wehr­pflich­tigen sollen später zum Schutz der Bürger ein­ge­setzt werden. Die Aus­bil­dung ver­folgt das Ziel, gefähr­dete Jugend­liche in die Gesell­schaft ein­zu­glie­dern und sie von der Kri­mi­na­lität fernzuhalten.

»Die Regie­rung weiß nicht, was sie tut«, kri­ti­sierte Ben­jamin Cuellar, der Direktor des Insti­tuts für Men­schen­rechte an der Zen­tral­ame­ri­ka­ni­schen José-​Simeón-​Cañas-​Universität (IDHUCA). Cuellar warnte davor, dass die Jugend­li­chen den Dro­gen­kar­tellen und anderen Gangs nach ihrem Mili­tär­dienst erst recht nützen könnten.

Prä­si­dent Funes würde besser daran tun, Sport - und Arbeits­zen­tren für die jungen Leute zu eröffnen, meinte Cuellar. Zugleich müsste er ihnen Jobs garan­tieren. Denn nach den bis­he­rigen Plänen kehren die Jugend­li­chen nach dem Mili­tär­dienst in ihre alte Umge­bung zurück.

Den offi­zi­ellen Plänen zufolge soll die Armee den Nach­wuchs in Klet­tern und anderen Sport­arten unter­weisen sowie Hilfe bei der Berufs­vor­be­rei­tung leisten. Wäh­rend des ein­jäh­rigen Mili­tär­dienstes ist ein Lohn von monat­lich umge­rechnet 250 US-​Dollar vor­ge­sehen. »Ich würde zum Militär gehen, damit meine Eltern beru­higt sind«, sagte dazu die junge Süß­wa­ren­ver­käu­ferin Karen Lis­beth Martinez.

Eines der gefähr­lichsten Länder Lateinamerikas

Funes, der 2009 mit Unter­stüt­zung der ehe­ma­ligen Gue­ril­la­or­ga­ni­sa­tion FMLN in sein Amt gekommen war, ver­fügte nach seinem Wahl­sieg, dass der natio­nalen Polizei unver­züg­lich 2.500 Sol­daten zur Seite gestellt wurden, um für Sicher­heit auf den Straßen zu sorgen. 2010 wurde diese Maß­nahme um ein wei­teres Jahr ver­län­gert.

El Sal­vador gehört zu den Län­dern Latein­ame­rikas mit der höchsten Kri­mi­na­li­täts­rate. Auf jeweils 100.000 Ein­wohner kommen jähr­lich durch­schnitt­lich 83 Morde. In El Sal­vador sind auch zwei der mäch­tigsten Ver­bre­cher­banden der Region behei­matet: die ‘Mara Sal­vat­rucha’ und ‘Barrio 18′, die sich blu­tige Fehden liefern.

Die Pan­ame­ri­ka­ni­sche Gesund­heits­or­ga­ni­sa­tion spricht von einer Epi­demie der Gewalt, wenn die Rate von zehn Morden pro 100.000 Ein­wohner über­schritten wird. In El Sal­vador hat sich dieser Durch­schnitts­wert seit 2005 ver­viel­facht, wie das UN-​Entwicklungsprogramm UNDP in seinem Bericht für 2009 und 2010 fest­stellte.

Ebenso wie die Nach­bar­staaten Hon­duras und Gua­te­mala hat auch El Sal­vador große Pro­bleme, kri­mi­nelle Umtriebe unter Kon­trolle zu halten. Die Banden haben seit den acht­ziger Jahren auf­grund des wach­senden sozialen Elends immer mehr Zulauf gefunden. Vor allem Jugend­liche, die mit ihren Eltern in die USA aus­ge­wan­dert waren, auf­grund kri­mi­neller Machen­schaften dann aber aus­ge­wiesen wurden, prägten die Gangs in ihren Heimatländern.

Geschätzt wird, dass etwa 40.000 Jugend­liche in El Sal­vador kri­mi­nellen Banden ange­hören. Nach UNDP-​Angaben hängt dies unter anderem damit zusammen, dass rund 70 Pro­zent der Jugend­li­chen in den Städten keinen Zugang zu höherer Bil­dung haben und damit dem Teu­fels­kreis der Armut nicht ent­kommen können.

Mehr als ein Drittel der Bevöl­ke­rung lebt in Armut

Etwa 37 Pro­zent der rund 5,7 Mil­lionen Sal­va­do­rianer leben unter­halb der Armuts­grenze. 18,9 Pro­zent davon sind im Alter zwi­schen 15 und 19 Jahren, wie amt­liche Sta­tis­tiken belegen. Wie die Regie­rung ankün­digte, würde die Ein­füh­rung der Wehr­pflicht für 16 - bis 18-​Jährige rund 55 Mil­lionen Dollar kosten. Wie diese Summe auf­ge­bracht werden soll, ist noch unklar.

Die sal­va­do­ria­ni­sche Ver­fas­sung sieht eine Wehrp­licht für 18 - bis 30-​Jährige vor. 16 - bis 18-​Jährige konnten bisher nur mit Ein­wil­li­gung ihrer Eltern zum Militär gehen. Wäh­rend des Bür­ger­kriegs von 1980 bis 1992 warb das Heer vor­wie­gend Söhne aus armen Bau­ern­fa­mi­lien an. Spröss­linge aus wohl­ha­benden Kreisen leis­teten dagegen fast nie Dienst an der Waffe.

Nach dem Ende des Kon­flikts mit 75.000 Toten, 8.000 Ver­schwun­denen und 40.000 Ver­letzten mit dau­er­haften Behin­de­rungen war die Wehr­pflicht de facto außer Kraft gesetzt. Das Heer brauchte nicht mehr so viele Rekruten, und die Wunden des Krieges mussten in der Gesell­schaft noch verheilen.