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© PICTURE-ALLIANCE/ DPAFast ein Popstar. Maharishi Mahesh Yogi (gestorben 2008) begründete die Transzendentale Meditation. In den 1960er Jahren suchten ihn kurzzeitig die Beatles auf.
Das angesehene Fachblatt „Archives of Internal Medicine“ wollte über die positive Wirkung Transzendentaler Meditation berichten. In letzter Minute zieht die Redaktion die Notbremse.

Zwölf Minuten vor Ablauf der Sperrfrist für die Medien und damit kurz vor der Online-Veröffentlichung am Montagabend kam das Aus für eine Studie über Transzendentale Meditation (TM) und ihren Einfluss auf Herz-Kreislaufleiden. In der Untersuchung behaupteten Wissenschaftler, dass TM das Risiko eines vorzeitigen Todes, von Herzinfarkt und Schlaganfall um zusammengenommen fast die Hälfte senken könne. Das angesehene Fachblatt Archives of Internal Medicine, in dem die Studie und ein angehängter Kommentar erscheinen sollte, zog die Veröffentlichung zurück. Für die gedruckte Ausgabe des Tagesspiegels kam die Mitteilung des Fachblatts zu spät, allerdings wurde der Beitrag „Meditieren ist Herzenssache“ von Tagesspiegel.de entfernt.

Fachjournalisten erhalten von wissenschaftlichen Zeitschriften die Gelegenheit, schon Tage vor der offiziellen Veröffentlichung Studien einzusehen und einen Bericht gründlich vorzubereiten. Dafür willigen sie ein, nicht vor Ablauf der Sperrfrist zu berichten. So auch im Fall der TM-Untersuchung. Dass eine Studie zurückgezogen wird, kommt nur selten vor. Noch erstaunlicher, wenn dies zwölf Minuten vor Ende der Sperrfrist geschieht. Der Redaktion der Archives müssen also ganz am Schluss schwere Bedenken gekommen sein.

Die Entscheidung sei erfolgt, um ausreichend Zeit für die Begutachtung und die statistische Analyse von zusätzlichen Daten zu haben, die in der Originalstudie nicht beigefügt waren und die von den Autoren erst weniger als 24 Stunden vor der Veröffentlichung geliefert wurden. So lautet die offizielle Begründung der Zeitschrift, die allerdings Fragen aufwirft. Wie kann es sein, dass eine Studie für die Veröffentlichung bereitsteht, noch dazu mit Kommentar und mehreren ausführlichen Pressemitteilungen, wenn offenbar wichtige, ja entscheidende Daten nicht vorliegen?

Zeitschriften wie die Archives lassen Studien vor einer möglichen Publikation durch unabhängige Gutachter prüfen, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Haben die Gutachter der Veröffentlichung zugestimmt oder Einwände geltend gemacht, die zu guter Letzt die Publikation verhinderten? Die Situation sei ungewöhnlich, aber es sei ein Grundsatz der Zeitschrift, „sicherzustellen, dass die Information, die man zur Verfügung stelle, so genau wie möglich sei“, sagte eine Sprecherin dem Fachblatt Nature.

Mit einer Veröffentlichung hätten sich die Archives vermutlich erheblicher Kritik ausgesetzt, steht doch die Kernaussage der Studie, dass Meditation das Risiko durch Gefäßleiden drastisch senkt, auf statistisch sehr dünnen Beinen - an der Untersuchung nahmen lediglich 201 Personen teil. In der zweiten Studienphase waren sogar nur noch 143 Teilnehmer übrig. Das schwächt die Aussagekraft erheblich. So ist die Behauptung, dass das Risiko für vorzeitigen Tod, Herzinfarkt und Schlaganfall durch TM um 47 Prozent sinkt, nur bei Kombination der drei Faktoren statistisch bedeutsam. Nimmt man jedes Ereignis für sich (Tod, Infarkt, Schlaganfall), ist der Zufall die wesentlichste Erklärung für den Unterschied zwischen Menschen, die TM praktizieren und solchen, die lediglich eine allgemeine Gesundheitsberatung bekommen.

Möglicherweise haben die zusätzlich gelieferten Daten die ohnehin fragile Basis der Studie so weit erschüttert, dass das Journal von der Veröffentlichung Abstand nahm. Bekannt sind wesentliche Ergebnisse der Untersuchung allerdings schon seit längerem. Sie wurden beim Treffen der American Heart Association im November 2009 in Orlando/Florida vom Studienleiter Robert Schneider von der Maharishi-Universität für Management vorgestellt. Auch Publikumsmedien wie die BBC und die New York Times berichteten damals.

Bestätigt sehen kann sich der Alternativmedizin-Experte Edzard Ernst, der vom Tagesspiegel zu der TM-Studie befragt worden war. Ernst bestreitet die Seriosität der TM-Forscher. „Ich kann nicht sagen, dass ich überrascht bin“, kommentierte er den Rückzieher der Zeitschrift.