Das Zugunglück von Bad Aibling ist auf menschliches Versagen zurückzuführen: Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung gegen den Fahrdienstleiter.
bad aibling
© dpa
Das Zugunglück von Bad Abiling mit elf Toten und mehr als 80 Verletzten geht laut Angaben der Ermittler auf menschliches Versagen zurück. Gegen den Fahrdienstleiter sei ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung, Körperverletzung und eines gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr eingeleitet worden, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Wolfgang Giese in dem oberbayerischen Kurort. "Hätte er sich regelgerecht - also pflichtgemäß - verhalten, wäre es nicht zum Zusammenstoß der Züge gekommen."

Nachdem der Fahrdienstleiter sich zunächst auf sein Aussageverweigerungsrecht berufen hatte, habe er sich am Montag in Anwesenheit seiner Verteidiger einer mehrstündigen Vernehmung gestellt, so Giese weiter. Zu den Einlassungen des Beschuldigten wollten die Ermittler keine Angaben machen, es handele sich um "Interna".


Kommentar: Wäre interessant zu erfahren, um was es sich für "Interna" dabei handelte.


"Furchtbares Einzelversagen"

Es liege kein Haftgrund vor. Es gehe um eine fahrlässige Tat, nicht um eine vorsätzliche und um einen Strafrahmen von bis zu fünf Jahren, sagte Giese.

Der 39-jährige Tatverdächtige befinde sich an einem sicheren Ort und stehe den Ermittlern zu jeder Zeit zur Verfügung. "Es geht ihm nicht gut." Der Mann habe eine langjährige Berufserfahrung. Es seien weder Drogen noch Alkohol im Spiel gewesen, auch sei der Beschuldigte nicht krank gewesen: "Es handelte sich um ein furchtbares Einzelversagen in dieser Situation."

52 der leichtverletzten Personen hätten Aussagen zum Unfallhergang gemacht, sagte Polizeipräsident Robert Kopp. Insgesamt seien 71 Fahrgäste vernommen worden.

Derzeit gehen die Ermittler davon aus, dass "ein Sondersignal gegeben wurde, das nicht hätte gegeben werden sollen". Dabei handelt es sich laut Staatsanwaltschaft um das sogenannte Signal ZS1, bei dem drei weiße Punkte signalisieren, dass der Lokführer das rote Licht überfahren darf.

Der Fahrdienstleiter habe, als er seinen Fehler bemerkt habe, noch einen Notruf abgesetzt, sagte Oberstaatsanwalt Jürgen Branz. "Aber der ging ins Leere."


Ein Fahrdienstleiter ist für die sichere und pünktliche Durchführung von Zugfahrten zuständig. Er muss prüfen, ob Strecken frei von Hindernissen sind und gibt dem Triebfahrzeugführer per Signal die Zustimmung zur Fahrt. Die Ausbildung dauert zweieinhalb Jahre, das Brutto-Einstiegsgehalt liegt bei 31.500 Euro im Jahr. Bei der Deutschen Bahn und den Tochterunternehmen sind etwa 13.000 Fahrdienstleiter beschäftigt, die täglich 40.000 Züge aus etwa 3000 Stellwerken steuern. Die Arbeitsbelastung der Fahrdienstleiter gilt als groß.

"Umfassende Puzzle-Arbeit"

Man sei seit einer Woche dabei, "eine umfassende Puzzle-Arbeit" zu leisten, Tatsachen zusammenzustellen, die wichtig seien, um herauszufinden, ob schuldhaftes Verhalten vorlag, so die Ermittler.


Kommentar: Es steht schon ein Urteil fest, während die Ermittlungen laufen?


Bei einem der schwersten Zugunglücke in Deutschland waren am vergangenen Dienstagmorgen zwei Nahverkehrszüge auf der privat betriebenen Meridian-Strecke zwischen Holzkirchen und Rosenheim frontal zusammengestoßen.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte Anfang der Woche bekräftigt, dass es weiterhin keine Hinweise auf technisches Versagen gebe. Kontrollfahrten sollen Aufschluss darüber geben, ob die von den Fahrtenschreibern aufgezeichneten Daten "validierbar" sind. Dies kann wohl frühestens am Donnerstag geschehen. Dann soll der Deutschen Bahn zufolge das Gleis auch wieder normal befahren werden.

Die Wiederherstellung der stark beschädigten Bahnstrecke dauert noch an; die eingleisige Strecke bleibt voraussichtlich bis Ende der Woche gesperrt. Auf einer Länge bis zu 120 Metern müssen Schienen und Schwellen teilweise erneuert werden. Für Mittwoch ist der Abtransport eines noch immer neben dem Gleis stehenden Unglückswaggons geplant. Erst danach wird die Oberleitung wieder montiert, die für die Bergungsarbeiten abgebaut worden war.