Kommt nach der 2-Klassen-Medizin im Wartezimmer - also dem deutlichen Unterschied zwischen GKV und PKV - bald auch die Unterscheidung zwischen Arm und Reich im Rahmen der Allgemeingesundheit. Zumindest weist eine aktuelle Studie in diese Richtung. Der Tenor: Einkommensschwache Bevölkerungsgruppen erhalten nicht mehr die gesundheitliche Versorgung, die sie eigentlich benötigen - ein Armutszeugnis für Deutschland.
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Langzeitstudie legt Ungleichgewicht offen

Hintergrund der Studie war die Einrichtung einer Anlaufstelle für Obdachlose im Stadtgebiet Hannover, welche Basis der Untersuchung ist.
Durchgeführt von Zentrum für Qualität und Management im Gesundheitswesen sowie der Ärztekammer Niedersachsen (Bezirksstelle Hannover), kommt die Studie zu einem teilweise überraschenden Ergebnis. Hatten vor gut zehn Jahren vor allem Obdachlose das Angebot der kostenlosen Behandlungen wahrgenommen, verschiebt sich der Patientenkreis scheinbar zunehmend.

Cornelia Goesmann, Vorsitzende der ÄKN-Bezirksstelle, hob hervor, dass in den vergangenen Jahren zunehmend auch Patienten aus einkommensschwachen Schichten der Bevölkerung die Angebote wahrnehmen, welche ursprünglich den Obdachlosen vorbehalten waren. Grund sei vor allem die zunehmende finanzielle Belastung, die mit einem Termin beim Arzt verbunden ist, so Goesmann.

Praxisgebühr und Zuzahlungen

Eine Tatsache, die sich aus Sicht der besser verdienenden Bevölkerungsschichten kaum ermessen lässt. Aber wer im Monat mit 600 oder 700 Euro den Lebensunterhalt bestreiten muss, dreht jeden Euro dreimal um. Praxisgebühr und eventuell anfallende Zuzahlungen für Medikamente sind in diesem Fall eine erhebliche finanzielle Belastung. Für die Studie wurden übrigens 16.000 Behandlungsfälle ausgewertet, die weitere Einblicke in den Gesundheitszustand der Menschen geben.

So hat sich in der Vergangenheit auch die Form der behandelten Erkrankungen deutlich verändert. Dominierten früher Hautkrankheiten oder Verletzungen das Bild, werden in den Behandlungsstellen zunehmend auch Herz-Kreislauf-Beschwerden, psychische Leiden usw. behandelt. Parallel zu dieser Entwicklung hat auch die Zahl der pro Jahr behandelten Patienten kontinuierlich zugenommen. Ärzte warnen deshalb davor, dass Gesundheit bald zum Luxus für Besserverdienende wird.