Wie wir Gerüche empfinden, ist so individuell wie ein Fingerabdruck. Das macht sich womöglich bei der Partnersuche bezahlt.
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Wie zitronig riecht eine Rose? Wie maskulin eine Kokosnuss? Die Antworten auf solche Fragen zeigen: Jeder Mensch lebt in seiner ganz eigenen Geruchswelt und beschreibt jeden Geruch ein bisschen anders als sein Nachbar; das ergab jetzt ein Experiment israelischer Forscher. Nur in bestimmten Kategorien sind sich die Menschen einig, etwa wenn sie angeben müssen, wie angenehm ein Duft ist.

Rund 400 Geruchsrezeptoren sind bekannt, und jeder von uns trägt seine eigene Kombination dieser Sensormoleküle. Dass sich diese genetischen Unterschiede auch auf die Wahrnehmung auswirken, belegt das Team um Noam Sobel vom Weizmann Insitute of Science in Rehovot mit einem Experiment, bei dem 89 Freiwillige 28 Gerüche nach 54 Merkmalen (wie "zitronig", "maskulin", "essbar", "blumig" etc.) kategorisieren sollten. Aus diesen Angaben ließ sich dann berechnen, wie ähnlich ein Teilnehmer zwei gegebene Gerüche empfindet. Die Gesamtheit dieser Paarwerte lieferte den Forschern einen "Geruchsfingerabdruck".

Dabei kam es nicht darauf an, ob sich zwei Teilnehmer einig darin waren, wie eine Kokosnuss überhaupt riecht oder was ein "maskuliner Geruch" sein soll. Entscheidend war allein, dass jeder für sich einen bestimmten Geruch mit den Beschreibungen verband und diese Vorstellung konsistent seinen Urteilen zu Grunde legte. Die Vergleichsangaben selbst dienten nur zum Errechnen der paarweisen Ähnlichkeiten und fielen bereits im ersten Schritt wieder aus der Analyse heraus.

Eine Nase fürs Immunsystem

Dass der Geruchsfingerabdruck keine statistische Fiktion ist, sollte der Abgleich mit einer rein körperlichen Eigenschaft offenbaren: mit dem so genannten humanen Leukozyten-Antigen-System (HLA-System), einem wichtigen Faktor im Immunsystem. Probanden, die sehr ähnliche HLA-Merkmale hatten, ähnelten sich meist auch in ihrem Geruchsfingerabdruck; Menschen mit großen HLA-Unterschieden nahmen dagegen Gerüche meist anders wahr.

Die Kombination der individuellen HLA-Merkmale von Spender und Empfänger wirkt sich auf die Verträglichkeit von Knochenmarksspenden aus. Der Geruchsfingerabdruck könnte also einen ersten, kostengünstigen Schritt zur Typisierung darstellen, meinen die Wissenschaftler.

Dass sie ausgerechnet diese Eigenschaft heranzogen, ist kein Zufall: Der HLA-Genkomplex steht im Verdacht, dafür verantwortlich zu sein, ob zwei Menschen "sich riechen können" oder nicht. Er wirkt sich nachweislich auf den Körpergeruch aus und könnte aus evolutionsbiologischer Sicht die Aufgabe haben, Menschen auf Partnersuche zu signalisieren, ob ein anderer zu ihrem Immunsystem passt. Dass dieses HLA-System nun auch mit der eigenen Geruchsempfindung in Zusammenhang steht, werten die Forscher als weiteren Beleg für diese Theorie.

Fingerabdruck verändert sich leicht

Mit ihrem Datenschatz stellten die Forscher zudem allerlei weitere Untersuchungen an. So berechneten sie, dass sie auch lediglich auf Basis von sieben Gerüchen und elf Vergleichsmerkmalen einigermaßen verlässlich zwischen zwei Probanden unterscheiden konnten. Das galt jedoch nur für ihre 89 Teilnehmer. Um jedem der sieben Milliarden Erdbewohner einen individuellen Geruchsfingerabdruck zuzuweisen, müsste man 34 Gerüche anhand von 35 Deskriptoren testen.

Allerdings zeigte sich, dass unsere Geruchswahrnehmung, und folglich auch der entsprechende "Fingerabdruck", über die Zeit nicht so unveränderlich ist wie sein Pendant an den Händen oder im Genom. Wiederholungstests nach einem Monat belegten eine leichte Verschiebung der Geruchsurteile. Insgesamt bleibe dabei aber die Unterscheidungskraft zu anderen Teilnehmern im Grundsatz erhalten, erklären Sobel und Kollegen. Um diese zeitliche Variabilität einzupreisen, müsste die Zahl der abgefragten Gerüche steigen, erklären die Forscher. Eine Genauigkeit auf Niveau der Weltbevölkerung verlange dann beispielsweise statt 34 Gerüchen insgesamt 160 verschiedene Düfte.