Misshandelte Kinder weisen als Erwachsene höhere Entzündungswerte auf. Das könnte erklären, warum viele von ihnen anfälliger für seelische und körperliche Erkrankungen sind.
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Wer schon als Kind traumatische Ereignisse wie Missbrauch oder Misshandlungen erlebt, der hat auch später im Leben häufiger mit körperlichen oder seelischen Beschwerden zu kämpfen. Das zeigen inzwischen zahlreiche Studien. Wie diese Anfälligkeit auf biologischem Wege zu Stande kommt, ist bisher aber noch unklar. Nun verdichten sich allmählich die Hinweise darauf, dass entzündungsfördernde Immunbotenstoffe dabei eine wichtige Rolle dabei spielen könnten.

Wissenschaftler um Valeria Mondelli vom King's College London untersuchten insgesamt 25 Studien, die sich in der Vergangenheit mit dem Zusammenhang zwischen Kindheitstraumata und verschiedenen Entzündungsmarkern beschäftigt hatten und insgesamt mehr als 16 000 Probanden umfassten. Dabei entdeckten sie, dass die meisten Versuchsteilnehmer, die vor dem 18. Lebensjahr sexueller, körperlicher oder seelischer Gewalt ausgesetzt oder vernachlässigt worden waren, als Erwachsene auch höhere Entzündungswerte aufwiesen. Wie ausgeprägt dieser Effekt genau war, unterschied sich zwischen den verschiedenen Arten von Traumata. So hatten diejenigen, die unter sexuellem oder körperlichem Missbrauch hatten leiden müssen, erhöhte Werte des Tumornekrosefaktors, der im Krankheitsfall etwa an der Entstehung von Entzündungsreaktionen mit Fieber, Schmerz und Schwellungen beteiligt ist, und von Interleukin-6 im Blut. Bei Teilnehmern, die in ihrer Kindheit oft auf sich gestellt und vernachlässigt worden waren, zeigten sich dagegen höhere Konzentrationen des C-reaktiven Proteins (CRP).

In der Vergangenheit haben Studien bereits Hinweise darauf entdeckt, dass hohe Entzündungswerte langfristig möglicherweise ein Wegbereiter für psychische Erkrankungen wie Depression oder Angststörungen sein können. Auf physischer Ebene hängen sie mit Leiden wie Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusammen. Entzündungsprofile könnten damit vielleicht nicht nur einen möglichen Ansatzpunkt für eine Therapie bieten, sondern auch als Diagnoseinstrument herhalten, um herauszufinden, wer nach einem traumatischen Kindheitserlebnis besonders gefährdet ist, zu erkranken.