Eggenfelden - Ein Bulle entwischt am Montag aus einem umgekippten Viehtransporter in Eggenfelden und stürmt in einen Supermarkt. Die Polizei muss handeln, die Situation war "brandgefährlich".
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Der Slogan, mit dem der Lebensmittel-Discounter Netto wirbt, heißt „Netto: einfach besser“. Ein guter Satz, er zieht auch bei Rindviechern, buchstäblich. Im niederbayerischen Eggenfelden (Kreis Rottal-Inn) rumpelte am Montag ein Bulle durch die Regalreihen. Er kam, randalierte und sackte zusammen - zwischen gekühltem Rindersteak und Miracel Whip, erlegt von einem Polizisten.

Man darf sich das nicht zu lustig vorstellen. Ein ausgewachsener Bulle wiegt locker eine Tonne. Dieses Exemplar war auch noch schwer verletzt und deshalb sehr aggressiv. Gerd Kreibich, 54, war im Supermarkt, als der Bulle wütete. Er sagt: „Das war eine brandgefährliche Situation.“

Die wilde Geschichte beginnt mitten im Ort, wo die Pfarrkirchner Straße auf die B 388 trifft. Im dichten Montag-Morgen-Verkehr steckt auch ein Tiertransporter, der 20 Rinder geladen hat. Um 8.25 Uhr kippt der Laster um, den Grund kennt die Polizei noch nicht. Jedenfalls stehen plötzlich zehn Rinder mitten auf der Straße. Nichts geht vor, nichts zurück.

Gerd Kreibich und sein Sohn Severin, 23, sitzen zu diesem Zeitpunkt im Auto. „Auf einmal waren die Bullen da“, sagt Kreibich. „Da“ heißt: zwischen den Autos. „Man hat die Leute schreien gehört.“ Aber der 54-Jährige weiß, wie man mit Viechern umgeht. Also ruft er denen, die aus ihren Wagen gestiegen sind, zu, sie sollen sich in Sicherheit bringen - am besten im Netto, der nahe der Unfallstelle liegt.

Während einige Anwohner neun Rinder auf ein umzäuntes Grundstück treiben können, liegt das zehnte Tier verletzt neben dem Transporter. „Jeder hat gemeint, dass es bald verendet“, sagt ein Polizist. Das Gegenteil passiert. Das Tier richtet sich auf, taumelt, rennt auf einen Fahrradweg. Dabei trampelt es fast eine Feuerwehrfrau um, sie hat Glück, der Bulle läuft an ihr vorbei, in den Supermarkt.


Kunden warten an der Kasse des "Netto" in Eggenfelden, als der Bulle hereinstürmt

Im „Netto“ sind an diesem Morgen schon Kunden, einige warten an der Kasse. Kreibich und sein Sohn, die dem wild gewordenen Rind gefolgt sind, sehen, wie sich die Tür des Ladens automatisch öffnet, wie der Bulle hineinstürmt, eine der Kassen demoliert und zwischen die Regalen rumst. „Er hat Blut verloren“, sagt Kreibich, „aus einer Kopfwunde.“ Der Laden wird sofort evakuiert, die Kunden versperren den Ausgang mit Einkaufswagen. Der Bulle darf nicht entwischen - denn ganz in der Nähe ist ein Kindergarten.

Eggenfelden ist die größte Stadt im Kreis Rottal-Inn, aber ländlich geprägt. Vorfälle mit Rindern können passieren, deshalb hat die Polizei einen speziell ausgebildeten Kollegen. Er möchte nicht mit Namen in der Zeitung stehen, aber er sagt, ihm sei ziemlich bange gewesen: „So nah war ich in 39 Jahren nie dran.“

Als das Tier am Gemüseregal steht, drückt der Polizist ab

Neben Kreibich und seinem Sohn sind jetzt nur noch drei Feuerwehrleute und der Polizist im Laden. Der hat ein Sturmgewehr dabei, Typ G 3, die Dienst-Pistole kommt gegen einen Bullen-Dickschädel nicht an. Als das Tier am Gemüseregal steht und die Wartenden anvisiert, drückt der Polizist ab, einmal, zweimal. Der Bulle schleppt sich weiter. Neben der Gefriertruhe, über der ein Schild mit Rinderfilet-Werbung baumelt, bricht er zusammen. Noch ein Schuss, noch einer. Dann ist Ruhe.

Bulle entkommt aus Transporter und stürmt Supermarkt

Es ist eher eine Randnotiz, dass die Polizei ein zweites Rind erschießen muss, weil die Gefahr besteht, dass es auf die Bundesstraße läuft; die übrigen Rinder werden umgeladen und zum Besitzer zurückgeschickt. Derweil ziehen Feuerwehrleute den erschossenen Bullen mit einem Hubwagen aus dem Laden. Am Ende verbucht Eggenfelden zwei tote Rinder, eine Kassiererin und eine Feuerwehrfrau unter Schock, 10 000 Euro Schaden - und eine ziemlich wilde Geschichte.