Stillen gilt als die beste Ernährung für einen Säugling, denn in der Muttermilch befinden sich in optimaler Zusammensetzung alle Nährstoffe, die das Kind in den ersten Lebensmonaten braucht. Allein 200 verschiedene Zucker-Moleküle machen die menschliche Muttermilch zur komplexesten aller Säugetiere. Gerade deshalb steht die Forschung immer wieder vor einer großen Herausforderung, wenn es um die Frage geht, welche unterschiedlichen Effekte die Milch für Mutter und Kind hat. Klar ist jedoch, dass das gelblich-weißes Sekret der Milchdrüsen weit mehr Funktionen hat, als das Kind nur zu ernähren. Dies berichten Schweizer Forscher aktuell im Fachblatt Trends in Biochemical Sciences.
Milcheinschuss etwa am vierten Tag nach der Geburt
Die Brust beginnt schon in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft mit der Bildung von Milch. Diese wird als „Vormilch“ oder „Kolostrum“ bezeichnet und dient dazu, auch zu früh geborene Kinder theoretisch direkt nach der Geburt versorgen zu können. Diese Milch ist dünnflüssiger als die eigentliche Muttermilch, enthält aber eine höhere Konzentration an Eiweiß, Vitamin A und Kohlenhydraten. Dadurch wird das Kind nach der Geburt ausreichend ernährt und gestärkt - selbst wenn die Mutter nur einige Tropfen produziert. Etwa ab dem dritten oder vierten Tag nach der Geburt erfolgt dann der so genannte „Milcheinschuss“. Dieser kann etwas schmerzhaft sein, vor allem, wenn die Milchbildung sehr abrupt in Gang kommt. Von nun an bildet jede Brust über die ersten Wochen hinweg durchschnittlich 450 Gramm Milch am Tag. Je nach dem, wie intensiv gestillt wird, können es auch nach 15 Monaten noch 200 Gramm täglich sein, so die Forscher in ihrem Artikel.
Darmbakterien haben Einfluss auf Adipositas-Risiko
Kurz nach der Geburt sei die Milch jedoch nicht nur für die Ernährung des Kindes zuständig, sondern unterstütze auch den Aufbau einer gesunden Darmflora. Denn die zahlreichen Zucker-Moleküle besiedeln den bis dahin keimfreien Darm des Kindes offenbar mit Bakterien. „Babys haben keine Maschinerie, um diese Zucker zu verdauen, sie sind also eigentlich für die Bakterien - es ist wie ein Saatboden, und die Muttermilch ist der Dünger“, so Hennet gegenüber der Nachrichtenagentur „APA“. Im Laufe der Zeit verändere sich die Zusammensetzung der Zucker-Moleküle und damit auch Gesamtheit der Bakterien im Darm (Mikrobiom), welche nicht nur die Darmgesundheit selbst beeinflussen, sondern den gesamten Stoffwechsel des Kindes. Experten gehen beispielsweise davon aus, dass Darmbakterien in engem Zusammenhang mit Übergewicht (Adipositas) stehen könnten.
Auch zeigen jüngere Studien, dass Stillen positiv für die Entwicklung des kindlichen Immunsystems ist. Denn direkt nach der Geburt würden sich laut Hennet und Borsig besonders viele bioaktive Proteinen wie Antikörper, Cytokine, Defensine oder Lactoferrin in der Muttermilch befinden. Diese fungieren als eine Art Schutzschirm, denn sie bewahren das Baby so lange vor Krankheitserregern, bis dieses etwa nach einem Monat selbst die Abwehr übernehme. Ab da an gehe die Anzahl der mütterlichen Antikörper in der Milch deutlich zurück, ebenso verringere sich die Vielfältigkeit der Zucker-Moleküle. Der Fettanteil steige hingegen, wodurch das Wachstum des Kindes gefördert werde, so die Wissenschaftler weiter.
Kritiker sehen keinen Vorteil durch die Muttermilch
Das Thema „Stillen“ sorgt immer wieder für kontroverse Diskussionen. Kritiker sehen trotz der vielen positiven Effekte keinen Mehrwert durch die Muttermilch und betonen, dass sich Kinder auch ohne diese völlig normal entwickeln würden. Zudem wird immer wieder angeführt, dass Schadstoffe wie Schwermetalle oder Pestizide in die Milch gelangen und unter Umständen eine Gefahr für die Gesundheit der Säuglinge sein könnten. Erst kürzlich hatten z.B. verschiedene Medienberichte über den Fund von Glyphosat in Muttermilch für erhebliche Verunsicherung gesorgt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hatte hier jedoch Entwarnung gegeben, da einer aktuellen Studie zufolge kein Glyphosat nachgewiesen werden konnte.
Kommentar: Fragt sich, ob diese Entwarnung lediglich eine Beruhigungsmaßnahme war?
„Wir müssten vorsichtig damit sein, irgendwelche Empfehlungen zu geben“, sagte Hennet. „Auf der einen Seite ist Muttermilch das Produkt von Millionen Jahren Evolution und besitzt mit Sicherheit die optimalen Nährstoffe für ein Neugeborenes; aber die Frage ist: Wie lange braucht ein Neugeborenes diese Versorgung wirklich? Wir glauben, Familien sollten diese Entscheidung treffen - nicht Wissenschaftler“, so Hennet.
(nr)
das immunsystem eines kindes ist sowieso erst nach einigen jahren voll ausgebildet und muttermilch kann bis dahin wie ein externes immunsystem fürs kind funktionieren (im krankheitsfalle des kindes werden im körper der mutter auch entsprechende abwehrstoffe produziert und über die milch weitergegeben).
zur schadstoffbelastung der muttermilch: für mich ist auch in unserer kontaminierten umwelt muttermilch immer noch die wahl nummer eins, wenn es um die ernährung eines babys geht. bei flaschenmilch kauft man erstens ja auch nur die katze im sack und weiß nie welche giftstoffe da so enthalten sind und zweitens kann haltbargemachte pulvermilch nie das bieten, was körper von säugetiere von natur aus ihren jungen bereitsstellen können. es ist noch nicht mal vollends erforscht, was alles in der muttermilch enthalten ist...
und das tolle ist: als frau kann ich auch bestimmen wie ich mich ernähre und so die qualität der muttermilch steigern. z.b. geringe menge an schädlichen transfettsäuren durch verzicht auf fast food, oder mehr omega 3 durch entsprechend gewählte lebensmittel usw.
hier noch ein paar mehr daten, die ich vor längerer zeit mal zur muttermilch gesammelt hatte:
- Alle Studien über das Stillen weisen nach, dass gestillte Kinder, besonders in Industrieländern, weniger häufig und ernst krank werden als nicht gestillte Kinder.
- Während einer Studie von Chandra Kanada wurden sechzig gesunde Kinder „der Mittelklasse in einem gut entwickelten Industrieland“ über 24 Monate hinweg im Hinblick auf drei Erkrankungen beobachtet. Bei Erkrankung der Atemwege war das Verhältnis von gestillten Kindern zu Flaschenkindern 10:23. Bei Durchfällen waren es 10:35 und bei Mittelohrentzündungen 10:95. Die Studie wies also nach, dass das „Nichtstillen in Industrieländern das Risiko für Erkrankungen der unteren Atemwege und des Mittelohrs um mehr als das Doppelte und für Durchfallerkrankungen um das 3- bis 4fache erhöht.“
- Die Inhaltsstoffe der Muttermilch können vom Kind wesentlich besser aufgenommen werden. Aus Kuhmilch zum Beispiel kann es nur 10% des vorhandenen Eisens aufnehmen, aus Muttermilch dagegen 50%.
- Gebissanomalien: Als die Stilldauer von 12 auf 3 Monate reduziert wurde, stieg die Häufigkeit von Zahnfehlstellungsanomalien von 3 % auf 16 %.
- Diabetes : Wenn Kinder 12 Monate oder länger gestillt wurden, ist die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung dieser Krankheit nur etwa die Hälfte von der zu nicht-gestillten Kindern.
- Multiple Sklerose: Ein 2 – 3fach erhöhtes Risiko für diese entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems entsteht, wenn ein Kind weniger als 7 Monate oder gar nicht gestillt wurde.
- Übergewicht: Je kürzer ein Kind gestillt wurde, desto größer ist sein Risiko später an Übergewicht zu leiden.
- Psychische Störungen: Kinder, die länger als sechs Monate lang gestillt wurden, hatten im späteren Leben seltener psychische Probleme. Die Untersuchung hat erstmals gezeigt, dass insbesondere langes Stillen gut für die Kinder ist.
- Allergien: Kinder, die weniger als 6 Monate gestillt wurden, haben häufiger Allergien (36%) als die, die 6 Monate oder länger gestillt wurden (5%).
- Lymphknotenkrebs: Für Kinder unter 15 Jahren ist das Risiko fünf- bis achtfach höher, wenn sie weniger als 6 Monate (oder gar nicht) gestillt wurden.
- Weiter decken Kinder im 2. Lebensjahr aus der Muttermilch ihren Eiweißbedarf zu 38%, außerdem ihren Vitamin- und Mineralienbedarf anteilig folgendermaßen: Vitamin A zu 100 %, Vitamin C zu 95 %, Niacin zu 41 %, Riboflavin zu 21 %, Folsäure zu 26 %, Kalium zu 44 %, Eisen zu 50 %.
- Die Vitamin C-Konzentration der Muttermilch für ein Kind gegen Ende des 1.Lebensjahres ist 3,3 mal höher als im Blutplasma seiner Mutter. Selbst wenn die Mutter erniedrigte Vitamin-C-Werte hat, wird es in der Milch 6 – 12fach angereichert. Stillkinder erhalten so höhere Konzentrationen an Vitamin C als Kinder, die mit Vitamin-C-angereicherter künstlicher Babynahrung, Gemüse und Früchten ernährt werden.
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