Männerfreundschaften
Homophobische Verbote gegen Berührungen unter Männern schaden auch hetereosexuellen Männern.

"Jungen imitieren das was sie sehen. Wenn sie im Verhalten unter Männern emotionale Distanz, Reserviertheit und Kälte sehen, wachsen sie mit diesem Verhalten auf und imitieren es... Was lernen Jungen, wenn sie keine Männer mit engen Freundschaften erleben, wo es abgesehen von der ehelichen Beziehung keine sichtbaren Vorbilder gibt für Initmität im Leben eines Mannes?" ~ Kindlon und Thompson, Raising Chain

(Mit Dank an BRETT & KATE MCKAY) Ich schrieb kürzlichen einen Artikel mit dem Titel "Die Abwesenheit sanfter platonischer Berührungen im Leben eines Mannes tötet", in welchem ich die Menschen bitte, sich Folgendes zu vergegenwärtigen:

In dem Versuch, jedes Anzeichen des Ausführens einer ungewollten sexuellen Berührung zu vermeiden, beraubt sich der amerikanische Mann jeglicher sanften platonischen Berührung in seinem Leben. Ich nenne das Berührungsisolation. Homophobe soziale Stigmata, die schon fast traditionelle Herausforderung des ungezügelten sexuellen Missbrauchs und eine Gesellschaft so getränkt in Generationen von altem puritanischen Misstrauen gegenüber physischem Vergnügen hat eine Isolationsfalle erschaffen, in welcher ein amerikanischer Mann Tage oder Wochen verbringen kann, ohne ein anderes menschliches Wesen zu berühren. Für den Mann sind die Implikationen der Berührungsisolation für seine Gesundheit und Zufriedenheit beträchtlich.

Sanfte platonische Berührungen sind ein zentraler Bestandteil frühkindlicher Entwicklungen. Auch spielen sie im weiteren Leben eines Mannes oder einer Frau im Hinblick auf unsere Entwicklung, Gesundheit und dem emotionalen Wohlbefinden bis ins hohe Alter eine wichtige Rolle. Wenn ich über sanfte platonische Berührungen rede, meine ich damit keinen Klaps auf die Schulter oder einen Handschlag, sondern einen Kontakt der andauert und dazu gedacht ist, Verbindung und Geborgenheit zu bieten. Denken Sie zum Beispiel daran, sich für einige Minuten an einen anderen Menschen anzulehnen, die Hände zu halten, seinen Rücken zu reiben oder nahe beieinander zu sitzen, nicht aus Zwang, sondern aus freier Entscheidung heraus.

Und doch sind sanfte platonische Berührungen die eine Sache, die wir in Männern kulturell unterdrücken, und dies beginnt bereits, wenn sie noch sehr junge Knaben sind.

Während Babies und Kleinkinder gehalten werden, man mit ihnen kuschelt und sie ermutigt, während den ersten Jahren ihres Lebens sanfte Berührungen zu üben, endet für Jungen dieser Kontakt oft abrupt wenn sie aufhören, Kleinkinder zu sein. Jungen werden ermutigt, Verletzungen "abzuschütteln" und "stark" zu sein. Im Zusammenspiel mit dieser "sei hart" Mentalität erfahren Jungen, dass ihre Möglichkeiten sanfter platonischer Berührungen einfach verschwinden. Mütter und Väter schrecken oft davor zurück, ihre jungen Buben im Arm zu halten oder mit ihnen zu kuscheln. Jungen, die physischen Kontakt als Trost bei Verletzungen suchen, werden als Heulsusen stigmatisiert.

Zu dem Zeitpunkt, in dem Jungen die Pubertät erreichen, haben viele gelernt, Berührungen nur noch auf aggressive Art im Raufen oder in Mannschaftssportarten auszuüben. Und wenn sie sanfte Berührungen in ihrem Leben suchen, wird erwartet, dass diese in dem exklusiven und hoch sexualisierten Kontext der Partnersuche stattfinden. Das bürdet jungen Mädchen einen ungeheuren Druck auf: junge Mädchen, die höchstwahrscheinlich nicht in der Lage sind, eine solche Last zu tragen. Wegen des Fehlens alternativer Auswege um Berührungen zu erfahren, ist der Berührungsentzug, den junge Männer erleiden und die keine Freundin finden können, überwältigend. Und was ist mit Jungen, die schwul sind? Kurz gesagt, wir lassen die Kinder in ihren frühen Jugendjahren alleine und auf sich gestellt zurück, um eine lebenslange Abneigung gegenüber Berührungen und physischer Isolation rückgängig zu machen. Die emotionalen Auswirkungen für das Erwachsenwerden in unserer berührungsarmen und homophoben Kultur sind extrem schädlich. Es ist kein Wunder, dass sich unsere jungen Menschen mit sexuellem Missbrauch, ungewollten Schwangerschaften, Vergewaltigungen, Drogen und Alkoholmissbrauch in einem geradezu epidemischen Ausmaß konfrontiert sehen.

Wenn ein junger Mann besonders in Amerika versucht, einen liebenswürdigen, platonischen Kontakt mit einem anderen jungen Mann aufzunehmen, steht er der sehr realen Gefahr einer homophoben Gegenreaktion gegenüber - entweder von dieser Person oder von jenen, die diesen Kontakt mitbekommen. Das hat teilweise damit zu tun, dass wir jeden Kontakt zwischen Männern als beabsichtigt sexuell wahrnehmen bis das Gegenteil bewiesen wurde. Kombinieren Sie das mit der Homophobie, die in unserer Gesellschaft grassiert, und Sie haben das Rezept für einen Anstieg der Berührungsisolation, welche dem Leben der großen Mehrheit der Männer schadet.

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© Brett & Kate McKay
Und wenn Sie glauben, dass Männer schon es schon immer vermieden haben, einander zu berühren, dann schauen Sie sich diese erstaunliche Sammlung historischer Fotos von Brett und Kate McKay für einen Artikel an, den sie Busenfreunde: Eine Foto-Historie von männlicher Zuneigung genannt haben. Die Fotos stammen aus den frühesten Tagen der Fotografie und gestatten einen bemerkenswerten Blick auf die durch körperliche Berührungen ausgedrückte Kameradschaft zwischen Männern.

Die McKays machen in ihrem Artikel die folgende Beobachtung:

Doch an der Wende zum 20. Jahrhundert, ... wurde es normal, von Männern als entweder "homsexuell" oder "hetereosexuell" zu sprechen. Und diese neue Kategorie der Identität wurde gleichzeitig pathologisiert - von Psychiatern als mentale Krankheit angeprangert, von Geistlichen als Perversion, und von Politikern als etwas, gegen das man Gesetze erlassen musste. Als dieses neue Konzept der Homosexualität als ein stigmatisiertes und belastendes Kennzeichen in der amerikanischen Kultur Wurzeln fasste, begannen Männer vorsichtiger darin zu werden, anderen Männern und Frauen Botschaften zu senden, dass sie schwul sein könnten. Und das, so wird vermutet, ist der Grund, warum es für Männer im Verlauf des letzten Jahrhunderts unangenehmer geworden ist, sich gegenseitig ihre Zuneigung zu zeigen.

Nehmen Sie sich die Zeit und schauen sich diese bemerkenswerten Bilder an. Sie werden einen intuitiven Eindruck davon bekommen was den Männern verloren gegangen ist.

Wenn Sie heutzutage zehn Leute in einen Raum setzen, in dem sich zwei Männer nur einen Moment zu lange berühren, dann wird es jemanden geben, der einen fiesen Witz macht, Missfallen zum Ausdruck bringt oder sogar einen Streit anfängt. Und dabei kann es sich genauso gut um eine Frau wie einen Mann handeln, der das Stigma der Homophobie/Berührungsabneigung geltend macht. Die Erzwingung des Berührungsverbots zwischen Männern kann sich so subtil zeigen wie anhand einer erhobenen Augenbraue oder so bestrafend wie in einem Faustkampf, und man weiß nie woher es kommen oder wie schnell es eskalieren wird.

Und doch wissen wir, dass die Berührung zwischen Männern oder Frauen nachweisbar eine Quelle des Trostes, der Verbindung und des Selbstwertgefühls ist. Doch während Frauen öffentlicher Kontakt viel eher erlaubt ist, ist es Männern nicht erlaubt. Denn die Art in der wir Männern gestatten, ihre Maskulinität auszuleben ist tatsächlich sehr eingeschränkt. Charlie Glickman schreibt sehr wortgewandt darüber in seinem Artikel Entfliehen Sie der Box "Verhalte dich wie ein Mann". Lesen Sie ihn, er öffnet einem die Augen.
"So sehr homosexuelle Männer die Wucht der homophoben Gewalt erfahren haben, so wurden hetereosexuelle Männer in eine Wüste physischer Isolation verbannt und zwar von denselben homophoben Fanatikern, die Lesben und Schwule in unserer Gesellschaft kontrollieren wollen."
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Die Berührungsisolation unter Männern ist einer der schwerwiegensten Gründe, warum ich Initiativen für homosexuelle Hochzeiten unterstütze. Je früher Homosexualität vollständig normalisiert sein wird, desto früher werden die homophoben Berührungsverbote unter heterosexuellen Männern abgeschafft. So sehr homosexuelle Männer die Hauptlast der homophoben Gewalt erlebt haben, so wurden hetereosexuelle Männer in eine Wüste physischer Isolation verbannt, und zwar von denselben homophoben Fanatikern, die Lesen und Schwule in unserer Gesellschaft kontrollieren wollen. Das Ergebnis ist eine Generation von amerikanischen Männern, die sich nicht umarmen, die sich nicht an den Händen halten und die nicht nahe beieinander sitzen können, ohne dass die homophobe Gretchenfrage gestellt wird. Der Mangel an Berührung im Leben von Männern führt zu einem höheren Risiko für Depression, Alkoholismus, mentale und körperliche Krankheiten. Einfach gesagt, die Berührungsisolation macht das Leben von Männern ungesünder und einsamer.

Als ich vor Kurzem für ein paar Tage meinen 87 Jahre alten Vater besuchte, machte ich es mir zur Aufgabe, ihn mehr zu berühren. Um Kontakt herzustellen. Um meine Zuneigung auszudrücken, nicht nur indem ich tausende Meilen für einen Besuch zu ihm flog, sondern den Mann zu berühren, sobald ich ankam. Es mag simpel erscheinen, aber diese Entscheidung zu treffen ist nicht immer einfach. Sie kann ein lebenslängliches Arsenal an inneren Stimmen wachrufen, von denen viele von Verlust und verpassten Gelegenheiten sprechen. Doch ich umarmte ihn. Ich legte meinen Arm um ihn, als wir gemeinsam eine Zigarre rauchten und Cocktails tranken. Ich berührte ihn jedes Mal, wenn ich an seinem Stuhl vorbeiging. Jeden Abend schauten wir uns einen Film an. Als Teil dieses abendlichen Rituals setzte ich mich auf den Boden, zog ihm seine Schuhe und Socken aus und rieb für eine Weile seine nackten Füße. Das ist etwas, an das ich mich erinnern werde, wenn er nicht mehr hier ist. Etwas, das ich richtig gemacht habe. Etwas, das ihm sagte: Ich liebe dich. Etwas, das auf der selben tiefen Berührungsebene gesprochen wurde, auf der er sich mit mir verbunden hatte, als ich als Kleinkind neben ihm saß, seine starken Arme um mich gelegt, während ich die Abendshow vor 50 Jahren anschaute.

Diese Sache mit den Berührungen ist so wesentlich. Ich küsse und umarme meinen Sohn ständig. Er sitzt mit mir und auf mir. Ich mache es mir zur Aufgabe, bei jeder Begrüßung eine physische Verbindung zu ihm herzustellen. Die physische Verbindung, die ich mit ihm habe, hat mich verändert, weil sie mich meinen Wert als menschliches Wesen und als Vater gelehrt hat.

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© Brett & Kate McKay
Wir müssen Männer zu Berührungen befähigen. Wir müssen unsere sexuell unterdrückte/obsessive amerikanische Kultur reparieren und den verzerrten und hasserfüllten Teilen unserer Kultur ein Ende bereiten, die es homophoben Leuten erlaubt, alle Männer bis hin zu unseren Fingerspitzen zu kontrollieren.

Es ist für mein Leben zu spät, um die Auswirkungen dieser Stigmata völlig rückgängig machen zu können, doch ich habe große Hoffnungen für meinen Sohn. Wenn wir homosexuelles Leben und Beziehungen kollektiv normalisieren, wird mein Sohn - unabhängig von seiner sexuellen Orientierung - frei sein, seine platonischen Zuneigungen zu anderen auszudrücken, ganz so wie er es as richtig empfindet, seien es nun Männer oder Frauen. Die fanatischen Homophoben, die in Amerika viel zu lange Hass gepredigt haben, werden endlich zur Ruhe gebracht und Männer werden sich frei dabei fühlen, ihre Hände auszustrecken und sich gegenseitig zu berühren ohne Angst haben zu müssen, als etwas bezeichnet zu werden, das irgendwie weniger männlich ist.

Es ist ein Traum für ein besseres Amerika, dessen Umsetzung ich bereits sehe.

Für alle die es interessiert gibt es hier einige Quellen über die von mir hier angesprochenen Probleme: In einem Artikel in Psychology Today schreibt Ray B. Williams über die zentrale Rolle von Berührungen für ein glücklicheres, gesünderes Leben:
Daniel Keltner, der Gründer des Greater Good Science Center und Psychologieprofessor an der University of California, Berkely, sagt: "In den vergangenen Jahren hat eine Welle von Studien einige unglaubliche emotionale und körperliche Vorteile für die Gesundheit dokumentiert, die durch Berührung entstehen. Diese Forschungen legen nahe, dass Berührungen das wirkliche Fundament der menschlichen Kommunikation, Bindung und der Gesundheit sind." Keltner zitiert die Arbeit des Neurowissenschaftlers Edmund Ross, der herausfand, dass körperliche Berührung den orbitofrontalen Kortex des Gehirns aktiviert, welcher mit Gefühlen der Belohnung und des Mitgefühls in Verbindung steht. Keltner argumentiert, dass "Studien zeigen, dass Berührung Signale der Sicherheit und des Vertrauens vermitteln; sie beruhigt. Sie aktiviert den Vagusnerv des Körpers, der eng verbunden mit unserer Mitgefühls-Reaktion verbunden ist..."
Ein klarer Hinweis darauf, wie zentral Berührungen in unserer emotionalen und kognitiven Entwicklung sind, wird in der Bandbreite an Studien ersichtlich, die Berührung und Kleinkinder untersuchen (sowohl bei Menschen als auch Tieren); sie sind in dem Artikel Die Bedeutung von Berührungen in der Entwicklung zusammengefasst (von der Webseite des National Center for Biotechnology Information). Im Artikel wird angemerkt:
Entwicklulngsverzögerungen werden oft in Kindern beobachtet, die inadequate oder unangemessene Sinnesstimulationen erhalten. Zum Beispiel zeigten Waisenkinder, die in osteuropäischen Einrichtungenden trostlosesten Bedingungen ausgesetzt waren, Beeinträchtigungen im Wachstum und der kognitiven Entwicklung sowie ein erhöhtes Auftreten an schwerwiegenden Infektionen und Bindungsstörungen.(1) Mittlerweile zeigen viele Beweise die Bedeutung der Berührung in der Entwicklung des Kindes auf und legen nahe, dass diese verwaisten Kinder nicht an einem mütterlichen Verlust per se leiden, sondern an einem Mangel an Sinnesstimulationen, und spezifischer: an einem Mangel an mechano-sensorischer Stimulation.
Lesen Sie in diesem erstaunlichen Artikel in Psychology Today mehr über die zentrale Rolle, die Berührungen in der menschlichen Kommunikation spielen: Die Macht der Berührung

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Original-Artikel - Übersetzung: de.sott.net