Walfang
© picture-alliance/dpa/scanpixArbeiter hieven einen harpunierten Wal an Bord eines Walfangschiffs.

Walfleisch ist nicht mehr so gefragt. Dennoch ist kein Ende der Jagd abzusehen. Drei Länder stemmen sich hartnäckig gegen ein Verbot.

Die blutigen Bilder gehen jedes Jahr um die Welt. Walfänger harpunieren die Meeressäuger, die riesigen Tiere kämpfen bis zu einer Stunde lang gegen den Tod. Tierschützer aus aller Welt machen seit Jahrzehnten Front gegen das Geschäft mit dem Walfleisch. Für die Umweltorganisation "Greenpeace" handelt es sich dabei schlicht um Barbarei. Obwohl der Walfang seit 1986 eigentlich per Moratorium verboten ist, wehren sich die drei Walfangnationen Japan, Norwegen und Island erfolgreich. Die Internationale Walfangkommission (IWC) trifft sich auf der britischen Kanalinsel Jersey zu ihrer Jahrestagung 2011 - zähe Verhandlungen sind garantiert.

Dabei kann kaum jemand nachvollziehen, warum die drei Walfangländer gegen erbitterten internationalen Widerstand noch immer an der aufwendigen und wenig ertragreichen Jagd festhalten. Der Konsum von Walfleisch ist weltweit rückläufig. Die Versuche in Norwegen und Island, Touristen von den ähnlich wie Rindersteaks schmeckenden Walschnitzeln zu überzeugen, sind bisher kaum von Erfolg gekrönt. Der Leumund ist schlecht, und die Konzentration von Giftstoffen im Fleisch - darunter Quecksilber - ist hoch. Dennoch hat etwa Island gerade eine neue Exportinitiative gestartet, um das Fleisch von Finnwalen nach Japan zu liefern.
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Doch selbst dort, wo jährlich rund 800 Wale getötet werden und der Walfang selbst in Krisenzeiten nach Tsunami und Atomunglück eine Sache der nationalen Ehre ist, essen Umfragen zufolge höchstens zehn Prozent der Menschen das Fleisch der Meeresriesen. Norwegen nutzt seit Jahren seine selbst gesetzte Abschussquote nicht aus. Für 2010 waren, so die Tierschutzorganisation Pro Wildlife, 1286 Tiere zum Abschuss freigegeben worden, gerade einmal ein Drittel wurde gefangen. Ähnliches gilt laut Pro Wildlife auch für die Waljagd in Island, wo jährlich 150 Finn- und 100 Zwergwale zum Abschuss freigegeben wurden. Der Tran der Tiere, früher als Ölersatz hoch gehandelt, spielt heute kaum noch eine Rolle.

Alle drei Länder seien alte Seefahrernationen, sagt Ralf Sonntag, Deutschland-Chef des Internationalen Tierschutzfonds IFAW. "Sie wollen sich das Leben aus dem Meer nicht einschränken lassen." Norwegen mache vor allem geltend, dass die Wale angeblich manche Fischbestände zu stark dezimierten. Japan verkauft seinen Walfang als "Wissenschaft" - und gibt das Walfleisch dann laut "Greenpeace" Schulkindern zu essen oder verkauft es auf Märkten. Noch auf dem "wissenschaftlichen" Fangschiff werde es eingefroren und portioniert, reklamieren die Tierschützer.

Island, das erst 2006 die kommerzielle Jagd wieder aufnahm, könnte als Erstes aus dem Walfänger-Trio Ausscheren. Das wirtschaftlich arg gebeutelte Land will in die EU - der Walfang gilt dabei als eines der größten Hindernisse.

Ralf Sonntag ist mit dem Forschungsschiff "Song of the Whale" von London zur IWC-Tagung nach Jersey gefahren. Der Segler des IFAW gilt weltweit als eines der führenden schwimmenden Labore in Sachen Walforschung. "Wir zeigen, dass Walforschung auch möglich ist, ohne die Tiere zu töten", sagt Oliver Boisseau, der die wissenschaftliche Arbeit an Bord leitet. Die Forscher können mit Mikrofonen an bis zu 400 Meter langen Leinen die Laute der Wale aufnehmen und damit unter anderem Rückschlüsse auf Anzahl und Art der Tiere ziehen.

Auf Jersey wird es dann eher politisch. Als Kernpunkt der Tagung wird die Diskussion über ein Papier angesehen, das Großbritannien auf den Verhandlungstisch legen will. Demnach soll unter anderem die Zahlung der Beiträge zur Mitgliedschaft in der Kommission neu geregelt werden. Umweltschützer bezichtigen die drei Walfangländer, vor allem Japan, offen der Korruption. "Bei der letzten Tagung in Agadir standen japanische Delegationsmitglieder mit Briefumschlägen vor der Tür", sagt Ralf Sonntag. Diese seien an die Gesandten kleiner Mitgliedsländer ausgehändigt worden.

Die Briten wollen nun unter anderem erreichen, dass die Beitragszahlung, die Voraussetzung für das Stimmrecht ist, per Bankverfahren erledigt werden muss. Bisher zahlen kleine Länder die Beiträge teilweise noch bar. Der britische Vorschlag stützt sich im Wesentlichen auf einen Entwurf der EU. Dieser war von 26 der 27 Mitgliedsländer unterzeichnet worden, nicht aber von Dänemark.

Kopenhagen verfolgt eigene Walfanginteressen vor den Küsten seiner zugehörigen Gebiete. In Grönland dürfen die Ureinwohner per Sondergenehmigung zum Eigenbedarf auf Walfang gehen. Dieser sogenannte Subsistenzwalfang wird von der IWC ausdrücklich genehmigt. Doch auch dort schöpfen Umweltschützer Verdacht. "Es gibt eine große Debatte darüber, ob die Quoten nachhaltig sind", sagt Birgith Sloth von der dänischen Gesellschaft zum Schutz von Meeressäugern. Auf den Färöer Inseln werden kleinere Grindwale abgeschossen. Das Moratorium der IWC gilt nur für Großwale.

"Es geht darum, die IWC aufzuräumen", sagte der britische Fischereiminister Richard Benyon, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Die Regelungen der Kommission, teilweise noch aus dem Gründungsjahr 1946 stammend, "öffnen Tür und Tor für Missbrauchsvorwürfe", sagte er der Zeitung The Independent. Die Umweltschützer sind den Briten dankbar. Nicolas Entrup von der Gesellschaft zum Schutz von Walen und Delfinen meint: "Die EU hat total versagt."