Gedenken Völkermord Armenien
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Der armenische Präsident Sersch Sargsjan hat im Bild-Interview auf eine „besondere Verantwortung“ Deutschlands hingewiesen und die Bundestagsabgeordneten vor einer Ablehnung der Völkermord-Resolution gewarnt.

„Niemand in der deutschen Politik bestreitet, dass es ein Völkermord war, der vor 101 Jahren als einer der ersten systematischen Genozide des 20. Jahrhunderts geschah", sagte Sargsjan gegenüber der Bild-Zeitung. „Auch nicht diejenigen bestreiten das, die jetzt plötzlich gegen die Resolution sind. Ich denke, dass den deutschen Politikern gemeinsame Werte wichtiger sein sollten als kurzfristige politische Interessen."

Eine mögliche scharfe Reaktion des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan dürfe die Parlamentarier dabei nicht verschrecken.

„Es ist nicht fair, wenn man den Völkermord an den Armeniern nicht Völkermord nennen darf, nur weil der Staatschef eines anderen Landes dann wütend wird. Ich bin sicher: Die Politiker im Bundestag sehen das genauso und werden sich nicht einschüchtern lassen.“

Wenn man einmal aus kurzfristigem politischem Interesse Kompromisse mache, dann tue man das immer wieder, warnte der armenische Staatschef. „Und das ist schlecht für Deutschland, das ist schlecht für Europa und die Welt.“

Die Annahme der Völkermord-Resolution sei für Armenien insofern wichtig, da es „um die Erinnerung und das Gedenken an die armenischen Opfer der grausamen Verbrechen von 1915“ gehe. Sargsjan erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass der Bundespräsident dazu bereits im vergangenen Jahr klare Worte gefunden hatte: Joachim Gauck habe „die Verbrechen als das benannt, was sie waren: Völkermord“.

Auf den EU-Türkei-Flüchtlingsdeal angesprochen, sagte der armenische Präsident, er habe das Gefühl, „dass dieser Deal ohnehin auf tönernen Füßen steht und mit einem Partner wie der Türkei dauerhaft schwierig umzusetzen ist. Und ganz sicher hat das mögliche Scheitern des Flüchtlingsabkommens nichts mit der Verabschiedung der Armenier-Resolution zu tun“.


Am Donnerstag stimmt der Bundestag über eine von Union, SPD und Grünen eingebrachte Resolution über die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich vor 101 Jahren ab. In der Erklärung werden die Massaker als Völkermord eingestuft.

Zuvor hatte der türkische Vize-Regierungschef und Regierungssprecher Numan Kurtulmus Deutschland vor einer Schädigung des Verhältnisses zu der Türkei durch diese Abstimmung gewarnt.

Bis zu 1,5 Millionen Armenier waren 1915 ums Leben gekommen. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und seine Führungsriege lehnen aber den Begriff des Völkermords nach wie vor strikt ab.