Frankfurt am Main (Deutschland) - In einer Studie an Rotkehlchen haben Wissenschaftler herausgefunden, dass Zugvögel und Hühner in ihrem Auge einen lichtabhängigen Magnetkompass besitzen, mit dem sie die Richtung des Erdmagnetfeldes orten können.
Rotkehlchen
© Philip Heron (WikimediaCommons) CC BY-SA 3.0Rotkehlchen
Wie die Arbeitsgruppe von Prof. Roswitha Wiltschko vom Institut für Zellbiologie und Neurowissenschaften an der Goethe-Universität gemeinsam mit französischen Kollegen der Université Pierre et Marie Curie aktuell in der Fachzeitschrift Journal of the Royal Society Interface (DOI: 10.1098/rsif.2015.1010) berichtet, haben sie nun herausgefunden, wie dieser Kompass auf molekularer Ebene funktioniert.

„Vögel haben zu ihrer Orientierung im Erdmagnetfeld zwei Sinnesorgane“, erläutern die Forscher: „Die Stärke des Magnetfeldes messen sie in ihrem Schnabel. Die Richtungsinformation wird im Auge wahrgenommen. Die dort vorhandenen Zapfen, die auf UV-Licht reagieren, enthalten eine Form des Proteins Cryptochrom. Bereits vor fünf Jahren vermutete ein Forscherteam der Goethe-Universität Frankfurt, in dem auch die Arbeitsgruppe von Roswitha und Wolfgang Wiltschko beteiligt war, dass dieses höchstwahrscheinlich für die Orientierung im Magnetfeld zuständig ist (...GreWi berichtete).“

In diesem Cryptochrom findet demnach eine zyklische Reaktion statt, die aus einem lichtabhängigen und einem lichtunabhängigen Teil besteht. Insbesondere entstehen in diesem Zyklus zwei Radikalpaare, die aufgrund ihres ungepaarten äußeren Elektrons auf das Magnetfeld der Erde reagieren. Durch ihre Untersuchungen haben die Forscher nun herausgefunden, welches dieser Radikalpaare entscheidend für die Orientierung im Erdmagnetfeld ist.

In Versuchen mit Rotkehlchen wurden die Vögel wechselweise zwei verschiedenen Bedingungen ausgesetzt: „Im Rhythmus von einer Sekunde schalteten die Forscher entweder das Licht oder das Erdmagnetfeld aus. Es zeigte sich, dass die Vögel sich auch unter diesen Bedingungen an den Magnetfeldlinien der Erde orientieren können.“ Die Wissenschaftler schließen daraus, dass das „lichtunabhängige Radikalpaar“ für die Wahrnehmung der Magnetfeldlinien zuständig ist. Licht wird nur benötigt, um den Zyklus in Gang zu halten.

„Das ist der erste Beleg dafür, dass das in Dunkelheit produzierte Radikalpaar entscheidend für den Magnetkompass ist“, erläutert Wiltschko abschließend. „Da Cryptochrome in anderen Organismen ausschließlich der Wahrnehmung von Licht dienen, deutet die Studie auf eine besondere evolutionäre Adaption in Vögeln hin.“