Diagnose des Chronischen Erschöpfungssyndroms könnte leichter werden
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© thinkstockDas Chronische Erschöpfungssysndrom ist mehr als einfach nur Schlappheit
Hoffnung für Menschen mit Chronischem Erschöpfungssyndrom: Mediziner haben weitere biologische Indikatoren für die rätselhafte Krankheit gefunden. In der Darmflora von CFS-Patienten entdeckten sie auffällige Veränderungen, gemeinsam mit anormal erhöhten Entzündungswerten im Blut. Das könnte künftig die Diagnose erleichtern und vielleicht sogar wertvolle Hinweise für die Ursachenforschung liefern.

Das Chronische Erschöpfungssyndrom (CFS) ist mehr als nur Schlappheit: Patienten mit dieser Erkrankung leiden an immer wiederkehrender enormer Erschöpfung, Muskelschmerzen und Schlafstörungen. Oft sind ihre Symptome unspezifisch und ohne erkennbare Ursache - nach wie vor hält sich deshalb das Vorurteil, das Leiden sei rein psychologisch bedingt oder gar pure Einbildung.

Doch in letzter Zeit finden Forscher immer mehr Hinweise auf klare biologische Gründe für die Erkrankung. So entdeckten sie charakteristische Anomalien im Gehirn von CFS-Patienten und fanden jüngst auch eindeutige Veränderungen im Immunsystem der Betroffenen. Nun haben Wissenschaftler um Ludovic Giloteaux von der Cornell University weitere körperliche Marker ausgemacht: in der Darmflora der Patienten.

Verarmte Darmflora

Für ihre Studie analysierten und verglichen die Forscher Stuhl- und Blutproben von 48 CFS-Patienten sowie 39 gesunden Kontrollpersonen. Dafür sequenzierten sie bestimmte Regionen mikrobieller DNA, um die im Darm vorkommenden Bakterien zu identifizieren, und maßen zudem die Konzentration von fünf verschiedenen Entzündungsmarkern im Blut der Probanden.

Dabei fanden sie tatsächlich auffallende Veränderungen: Patienten, die unter dem Chronischen Erschöpfungssyndrom litten, hatten im Vergleich zu den gesunden Testpersonen eine deutlich verarmte Darmflora. In ihrem Mikrobiom tummelten sich viel weniger Arten - vor allem weniger von solchen, die als entzündungshemmend gelten. Diese Auffälligkeit kennen Mediziner auch bei entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn.

Im Blut der Patienten spürten die Forscher zudem erhöhte Werte für alle getesteten Entzündungsmarker auf, darunter das Lipopolysaccharid-bindende-Protein, ein an der Immunantwort gegen bestimmte Bakterien beteiligtes Enzym. Für die Forscher ist diese Beobachtung ein Hinweis darauf, dass bei den Patienten womöglich Bakterien durch eine undichte Darmschleimhaut ins Blut gelangen und dort eine Immunreaktion auslösen.

Ursache oder Folge?

Die neu entdeckten Auffälligkeiten könnten in Zukunft bei der Diagnose der rätselhaften Krankheit helfen, so die Wissenschaftler. Speisten sie die körperlichen Marker in ein Softwareprogramm ein, konnte dieses anhand von Blut- und Stuhlproben CFS-Patienten immerhin mit einer Trefferquote von knapp 83 Prozent erkennen.

Von der Diagnose zur Ursachenerkennung ist es jedoch noch ein weiter Weg: "Unsere Ergebnisse zeigen zwar, dass die Darmflora bei CFS gestört ist und widerlegen damit erneut die lächerliche These einer psychologischen Ursache der Erkrankung", sagt das Team. Es sei aber unklar, ob das veränderte Mikrobiom eine Ursache der Krankheit sei oder lediglich eine Folge des Leidens.

Nichtsdestotrotz hegen Giloteaux und seine Kollegen die Hoffnung, dass eine Behandlung der aus dem Gleichgewicht geratenen Darmflora den Betroffenen helfen könnte: "Ernährungsumstellungen oder die Gabe von Probiotika könnten die Therapie womöglich unterstützen", schließen sie.

(Microbiome, 2016; doi: 10.1186/s40168-016-0171-4)