Die Vorwürfe, die zur Suspendierung der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff geführt haben, sollen laut einem aktuellen Untersuchungsbericht des Senats keine Beweisgrundlage haben. Doch davon unbeeindruckt hält die neo-liberale und US-nahe Opposition am Fortgang des Amtsenthebungsverfahrens fest.
brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff
© ReutersDie suspendierte brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff
Ein für den brasilianischen Senat erstellter 223 Seiten langer Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass keine Beweise für die Verschleierung der Staatsfinanzen oder Zahlungsverzögerungen durch die mittlerweile suspendierte brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff vorliegen, berichtet der Nachrichtenkanal teleSUR. Die Opposition hatte Rousseff Bilanztricks im Staatshaushalt vorgeworfen, woraufhin das Abgeordnetenhaus am 17. April 2016 für die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gestimmt hatte.

Rousseffs präsidiale Aufgaben werden seitdem - zunächst für 180 Tage - von ihrem Konkurrenten Michel Temer übernommen. Rousseff beteuert ihre Unschuld und spricht von einem „Putsch“ gegen ihre Regierung. Die Kommission zur Amtsenthebung von Rousseff hat 72 Stunden, um den Report zu analysieren. Im Anschluss daran können die Autoren des Berichts befragt werden. Die Entscheidung über den weiteren Verlauf der Amtsenthebung ist für den 9. August 2016 geplant.

Der am 27.06.2016 bekannt gewordene Bericht könnte Rousseff zwar Aufschwung geben, trotzdem bleibt unklar, welche Auswirkung das Ergebnis auf das Amtsenthebungsverfahren hat. Wie abgehörte Telefonate aus dem Umfeld des Interims-Präsidenten Temer belegen, die von Kreisen der Bundesanwaltschaft an die Öffentlichkeit geleakt wurden, sollte Rousseff durch ein Komplott gestürzt werden.

Ziel war, die Korruptionsermittlungen gegen die Opposition - auch gegen Temer selbt - mit einem schnellen Putsch zu verhindern. Interimspräsident Temer, laut WikiLeaks ein ehemaliger US-Informant, soll wiederum zu einem der korruptesten Politiker des Landes zählen und Unterstützung gegen Rousseff „gekauft“ haben, was einige Senatoren dazu brachte, ihren Beistand für Temer zu überdenken.

Laut dem Bericht hat Rousseff drei fragwürdige Haushaltserlasse unterschrieben. Es läge nun beim Senat zu entscheiden, ob es sich dabei um Nachlässigkeit oder ein ernsthaftes Fehlverhalten der Präsidentin handelt, so die Experten. Für Rousseff sind die Vorwürfe bezüglich der Erlasse - es geht nur noch um drei, nicht mehr um sechs - ein weiterer Beweis, um die junge brasilianische Demokratie im Land zu untergraben. Die sogenannten Bilanztricks im Staatshaushalt, deren Rousseff beschuldigt wird, sollen in Brasilien bisher nie wirklich als Delikte betrachtet und von zahlreichen ehemaligen Präsidenten angewandt worden sein.

Nach Angaben lokaler Medien sei allerdings nicht klar, ob der Bericht für Rousseff von Vor- oder Nachteil ist. Ihre Verbündeten sehen den Report als Sieg, ihre Gegner tendierten weiterhin zu einer Amtsenthebung. Sollte es letztlich dazu kommen, dann würde der in der Bevölkerung unbeliebte Temer bis 2018 als nicht gewählter Präsident im Amt bleiben.