Eine Entschuldigung, die von Herzen kommt, kann Wunder bewirken! Warten Sie daher nicht, wenn eine Entschuldigung nötig ist.
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Schnell sagt man etwas und meint es gar nicht so. Oder man tut etwas, was einen anderen verletzt. Im Nu bricht der schönste Streit vom Zaun. Ein böses Wort folgt dem nächsten. Irgendwann ist die Situation so verrannt, dass es keine Lösung mehr zu geben scheint. Es sei denn, einer der Beteiligten zieht die Notbremse - und entschuldigt sich. Aufrichtig und freundlich. Denn ein entnervtes "Sorry" ist nicht überzeugend und bewirkt daher auch nichts. Die richtige Entschuldigung aber ist wie Medizin - Medizin für Beziehungen in jeder Lebenssituation.

Eine Entschuldigung ist wie Medizin

Eine Entschuldigung ist für den Gekränkten wie Medizin. Eine Entschuldigung kann heilen - denjenigen, der sie erhält, aber auch denjenigen, der sie ausspricht und natürlich die entsprechende Beziehung.

Eine Entschuldigung klärt manchmal in Sekundenschnelle vertrackt scheinende Situationen und stellt die Basis für jeden Neuanfang dar - sowohl in der Familie, im Bekanntenkreis als auch im Berufsleben.

Im April 2016 publizierten Forscher der Ohio State University eine Studie im Fachmagazin Negotiation and Conflict Management Research, in der sie sich mit der richtigen Art des sich Entschuldigens auseinandergesetzt hatten.

Die richtige Entschuldigung

Die Wissenschaftler rund um Roy Lewicki, Studienleiter und Professor am Ohio State University`s Fisher College of Business kamen zu dem Ergebnis, dass eine wirksame Entschuldigung sechs Komponenten enthalten sollte.

Je mehr dieser Komponenten Sie in Ihrer Entschuldigung berücksichtigen, umso effektiver wird Ihre Entschuldigung sein.

Zwei dieser Faktoren sind dabei so wichtig, dass sie bei jeder Entschuldigung beachtet werden sollten, auch dann, wenn die Zeit knapp ist, andere Umstände einer umfassenden Entschuldigung im Wege stehen oder eine umfangreiche Entschuldigung auch gar nicht nötig ist:

Der wichtigste Punkt bei einer Entschuldigung ist, dass Sie Verantwortung für das Geschehen übernehmen: "Entschuldige bitte! Es war mein Fehler!"

Der zweitwichtigste Punkt bei einer Entschuldigung ist, dass Sie Ihren Fehler wieder gutmachen möchten: "Entschuldige bitte! Es war mein Fehler! Ich mache ihn wieder gut und zwar werde ich..."

"Entschuldigungen funktonieren sehr gut, aber nur, wenn Sie so viele der erforderlichen Komponenten integrieren wie möglich", schreibt Professor Lewicki in seiner Publikation.

Die sechs Komponenten einer Entschuldigung

In zwei getrennten Experimenten überprüften die Forscher rund um Lewicki, wie 755 Personen auf eine Entschuldigung reagierten, wenn eine oder mehrere der folgenden sechs Komponenten enthalten waren:
  • Drücken Sie Ihr Bedauern aus! "Es tut mir leid!"
  • Erklären Sie, was falsch lief, warum es dazu kam, was Sie sich dabei gedacht hatten! Schonen Sie sich dabei nicht. Suchen Sie keine Ausflüchte und Ausreden.
  • Übernehmen Sie die Verantwortung für Ihren Fehler! "Es war MEIN Fehler!"
  • Zeigen Sie Reue! "Ich verstehe im Nachhinein nicht, wie ich das tun konnte. Ich schäme mich dafür und werde alles tun, damit mir dieser Fauxpas nicht noch einmal passiert."
  • Bieten Sie etwas zur Wiedergutmachung an! "Ich will es wieder gutmachen und habe mir dazu folgendes überlegt..."
  • Bitten Sie um Vergebung! "Kannst du mir verzeihen?"
In einem fiktiven Fall, den die Probanden bewerten sollten, kamen am besten jene Entschuldigungen an, die alle sechs Komponenten enthielten. Allerdings handelte es sich auch um einen relativ schwerwiegenden Fehler, der absichtlich begangen wurde, um einem anderen wissentlich zu schaden.

Dabei waren nicht alle sechs Komponenten gleichermassen wichtig.

Übernehmen Sie Verantwortung!
"Unsere Ergebnisse zeigten, dass es am wichtigsten ist, die Verantwortung für die kränkenden Worte oder die kränkende Tat zu übernehmen, also zu sagen: ICH habe den Fehler gemacht. Es ist MEINE Schuld", erklärt Lewicki. "Anschliessend ist es ebenfalls wichtig zu signalisieren, dass man den Fehler wieder gutmachen möchte."
An dritter Stelle stehen drei Komponenten gleichzeitig: Der Ausdruck von Bedauern, die Erklärung, was falsch lief und das Zeigen von Reue.

Am wenigsten wichtig im Rahmen einer Entschuldigung war die Bitte um Vergebung. Das ist jene Komponente, die man am ehesten weglassen kann, wenn es unpassend scheint.

Die Art der Entschuldigung hängt vom "Vergehen" ab

Natürlich hängt es auch vom Schweregrad des "Vergehens" ab, wie umfassend eine Entschuldigung präsentiert werden sollte. Wenn Sie jemanden versehentlich leicht angerempelt haben, müssen Sie ihm nicht lang und breit erklären, wie es dazu kam. Auch müssen Sie ihm keine Wiedergutmachung anbieten. Genausowenig wäre die Frage erforderlich, ob er Ihnen wohl verzeihen könnte.

Wenn Sie aber Ihrem kleinen Sohn versprochen hatten, mit ihm einen ganz besonderen Ausflug zu unternehmen, er sich schon seit Wochen darauf freut, es dann aber kurzfristig doch nicht klappt, weil Sie Ihrem Kumpel Martin beim Umziehen helfen müssen, dann ist eine umfangreiche Entschuldigung fällig.

"Entschuldige bitte! Es tut mir sehr leid. Ich habe mir Martins Umzug nicht in den Kalender eingetragen. Doch hatte ich es ihm schon sehr lange versprochen, ja, viel früher, als wir beide über unseren Ausflug gesprochen haben. Es ist mein Fehler und er wird nicht wieder vorkommen. Am Mittwoch nehme ich frei und wir holen unseren Ausflug nach, was hältst du davon?"

Ihre Entschuldigung muss von Herzen kommen

Eine Entschuldigung muss ausserdem von Herzen kommen. Ein flapsiger oder gelangweilter Tonfall macht jede Entschuldigung zunichte. Es geht also nicht darum, sich halt mal eben kurz zu entschuldigen, damit der andere endlich Ruhe gibt.

Es geht darum, tatsächlich zu erkennen, dass das eigene Verhalten nicht in Ordnung war, es einen anderen Menschen getroffen hat und man dies dem anderen auch aufrichtig mitteilen möchte.

Vermeiden Sie Wiederholungsentschuldigungen

Selbstverständlich ist eine Entschuldigung auch nur dann sinnvoll, wenn Sie wirklich darum bemüht sind, den Fehler nicht zu wiederholen. Denn wenn Sie sich irgendwann zum vierten oder fünften Mal dafür entschuldigen, dass Sie ein und denselben Termin verpasst haben, dann verfehlt die Entschuldigung ihren Zweck. Niemand glaubt ihnen mehr.

In diesem Fall können Sie sich Entschuldigungen sparen. Entweder Sie leben dann mit den Konsequenzen (die anderen Menschen halten Sie für unglaubwürdig und unzuverlässig und möchten nichts mehr mit Ihnen zu tun haben) oder aber Sie finden heraus, was zu Ihrer chronischen Unpünktlichkeit (oder welchem Fehler auch immer) führt und wie Sie diese abstellen können.

Sich entschuldigen, obwohl man sich gar nicht schuldig fühlt?

Nun kann es aber auch sein, dass Sie sich gar nicht schuldig fühlen, und ein anderer ist dennoch gekränkt und sauer mit Ihnen - einfach, weil ihm persönlich Ihre Entscheidung nicht gefällt. Sie aber haben Ihre Entscheidung mit bestem Wissen und Gewissen gefällt und stehen auch dahinter.

Vielleicht hatten Sie vor einiger Zeit einem guten Freund versprochen, ihn in Ihrer Firma einzustellen. Dann aber haben Sie erkannt, dass sein Alkoholproblem immer gravierender wird und Ihr kleines Unternehmen einen solchen Mitarbeiter nicht tragen könnte. Sie sagen ihm daher ab - und er ist wütend auf Sie.

Natürlich könnten Sie jetzt denken: Selbst schuld, würdest du nicht trinken... Wenn Sie aber die Freundschaft erhalten möchten, ist auch hier von Ihrer Seite aus eine Entschuldigung nötig. Doch enthält diese nur zwei Komponenten:

Sie drücken Ihr Bedauern aus und Sie erklären den Grund, wie es dazu kam, dass Sie Ihren Freund enttäuschen mussten.

Da Sie ihn aber in dieser Situation immer wieder enttäuschen würden, sind alle weiteren Komponenten hier überflüssig. Reue ist an dieser Stelle daher nicht angebracht, genausowenig Wiedergutmachung. Sie können jedoch Ihren Freund um Verzeihung bitten.

"Es tut mir leid, dass ich dich mit meiner Entscheidung gekränkt habe. Ich hoffe jedoch, dass du sie nachvollziehen kannst und ich würde mich freuen, wenn du mir irgendwann verzeihen kannst."

Sie entschuldigen sich also nicht für Ihre Entscheidung, sondern dafür, dass sie ihn enttäuschen mussten. Damit geben Sie Ihrem Gegenüber das Gefühl, dass er wenigstens verstanden wird, dass seine Kränkung erkannt und bedauert wird.

Nun ist es an ihm, an sich zu arbeiten (im vorliegenden Fall das Alkoholproblem aus der Welt zu schaffen), seine Gefühle zu ordnen und zu erkennen, dass er sich die Kränkung im Grunde selbst eingebrockt hat (weil er nicht schon eher die Alkoholsucht bekämpft hat).

Entschuldigen Sie sich persönlich!

Professor Lewicki bemerkte noch, dass auch eine schriftliche Entschuldigung wirksam sein kann. Empfehlenswerter aber sei es, sich persönlich zu entschuldigen und seinem Gegenüber dabei in die Augen zu schauen. Denn der passende Tonfall und ein aufrichtiger Blick verleihen der Entschuldigung deutlich mehr Gewicht als geschriebene Worte.

Auch erhält der andere damit die Gelegenheit, sofort auf die Entschuldigung zu reagieren. Er kann seiner Erleichterung und Freude Ausdruck verleihen, er kann sich für die Entschuldigung bedanken (denn heutzutage ist es nicht mehr selbstverständlich, eine solche zu erhalten) oder auch einfach sagen: "Schwamm drüber".

In anderen Fällen hat sich im Laufe der Zeit so viel aufgestaut, dass eine Entschuldigung den Startschuss für eine Aussprache gibt, die je nach Thema eine Stunde oder auch viel länger dauern kann. Denn damit sich - bei schwerwiegenderen Problemen - beide anschliessend wieder wohl fühlen, muss eine Lösung für die Zukunft gefunden werden. Allein mit einer Entschuldigung ist es da nicht mehr getan.

Wenn die Entschuldigung schwerfällt...

Fühlen Sie sich mit Ihrer persönlichen Situation jedoch überfordert, wagen Sie den Schritt zur Entschuldigung vielleicht einfach nicht oder trauen Sie sich das anschliessende Gespräch nicht zu, dann bitten Sie einen (neutralen, also unparteiischen) Freund oder eine Freundin, Sie zu begleiten. Im beruflichen Umfeld können Sie auch einen Mediator aufsuchen, der bei der Klärung der Problematik behilflich ist.

Sie werden sehen, nicht nur der andere fühlt sich anschliessend viel besser, Ihnen selbst wird ebenfalls ein Stein vom Herzen fallen. Denn Entschuldigungen heilen! Schieben Sie eine Entschuldigung daher nie auf! Fassen Sie den Mut und sagen Sie: Es tut mir so leid!

Quellen: