In der Nacht auf Donnerstag haben Starkregenfälle den Landkreis Ebersberg heimgesucht. Mindestens drei Menschen mussten gerettet werden. Und immer dringlicher wird die Frage: Ist das alles noch normal?

Autos wurden vom Wasser herum gewirbelt oder verschwanden in den Fluten.
© Stefan RossmannAutos wurden vom Wasser herum gewirbelt oder verschwanden in den Fluten.
Ebersberg/München - Im nächsten Jahresrückblick hat sich einer seinen Platz längst gesichert: der Starkregen, der ja so was wie der Hauptdarsteller dieses durchnässten bayerischen Sommers ist. Seine Auftritte seit Anfang Juni sind inzwischen kaum mehr zu zählen. Am Dienstag tobte er sich über dem Landkreis Weilheim-Schongau aus. In der Nacht auf Donnerstag war der Kreis Ebersberg dran.

Die Drehbücher ähneln sich immer sehr: Über einem sehr kleinen Gebiet fällt besonders viel Regen herunter. Ort des Geschehens war diesmal das Gebiet zwischen Ebersberg und Grafing. Hier kamen laut Deutschem Wetterdienst (DWD) zeitweise bis zu 50 Liter Regen pro Quadratmeter vom Himmel. Eine Folge: Die B 304 verwandelte sich in einen Fluss. Am Donnerstag waren die Einsatzkräfte bis in den späten Nachmittag hinein damit beschäftigt, das Wasser abzupumpen und den Schlamm zu beseitigen. Außerdem mussten mindestens drei Menschen aus brenzligen Situationen befreit werden.

Am nächsten Tag noch vollkommen abgesoffen: Die Unterführung zwischen Reitgesing und Wiesham.
© Stefan RossmannAm nächsten Tag noch vollkommen abgesoffen: Die Unterführung zwischen Reitgesing und Wiesham.
Wird Bayern zum Tropen-Freistaat?

Im Moment könnte man aber meinen, Bayern sei ein Tropen-Freistaat. „Ganz falsch ist der Eindruck nicht“, sagt DWD-Meteorologe Volker Wünsche. Die vergangenen Tage und Wochen boten jedenfalls vieles, was so ein Tropen-Gewitter ausmacht. Warme bis sehr warme Temperaturen, bis zu 97 Prozent Luftfeuchtigkeit. Außerdem wird Bayern, genau wie der größte Teil Deutschlands, immer wieder von Tiefdruckgebieten heimgesucht, in denen sich besonders gerne Gewitter bilden. Weil zugleich wenig Wind in der Luft ist, ziehen die Gewitter nur sehr langsam weiter und regnen sich mehrmals heftig ab.

Sieht man nur die Einzelereignisse, handelt es sich um ganz normale Sommergewitter. „Aber wir stellen eine Häufung über einen längeren Zeitraum fest“, sagt Wünsche. „Das würde ich nicht als normal bezeichnen.“ Es ist ein außergewöhnliches Wetterjahr. Der Hauptdarsteller, könnte man sagen, will einfach nicht von der Bühne.
Viecher, rettet euch.
© Thomas GaulkeViecher, rettet euch.
Aussichten: Regen, Regen, Regen

Und er bleibt hartnäckig: Während sich das Wetter an diesem Freitag und Samstag einigermaßen entspannt - Gewitter sind allenfalls im Alpenraum und nördlich des Mains zu erwarten - , sammelt sich in der Nacht auf Sonntag wieder schwülwarme Luft. Die Folge: Regen, Regen, Regen. Wünsche sagt: „Voraussichtlich geht das ganze Spiel dann wieder weiter.“

Nun ist der DWD-Mann kein Wetter-Prophet. Aber die Hoffnung, die stirbt auch in Meteorologen zuletzt. Wünsche schlägt vor, sich an den Sommer von vor zehn Jahren zu klammern. Damals war das schöne Wetter nach der Fußball-WM mit einem Mal vorbei. „Vielleicht ist es ja diesmal anders herum.“

lan/mmä