Münster - Jeder dritte Jugendliche ist schon einmal im Internet beleidigt, bedroht, belästigt oder bloßgestellt worden. Und mehr als 60 Prozent der Opfer wissen sogar, wer für solche „Cybermobbing“-Attacken verantwortlich ist. Dies geht aus einer Forsa-Studie hervor, für die die münsterischen Wissenschaftler Dr. Susanne Pieschl und Torsten Porsch vom Institut für Psychologie der Universität im Frühjahr 1000 Schüler zwischen 14 und 20 Jahren befragt hatten.

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© Colourbox Früher war das Jugendzimmer ein sicherer Ort. Das ist heute anders: Via Internet dringt Cyber-Gewalt in die privatesten Ecken ein.
Nicht nur die hohen Opferzahlen, sondern auch die Folgen, die virtuelle Gewalt bei Kindern und Jugendlichen haben kann, sind erschreckend: 70 Prozent der Betroffenen sind wütend, 24 Prozent sogar verzweifelt, und 22 Prozent fühlen sich hilflos. Hinzu kommen körperliche Beschwerden: Etwa jedes fünfte Cybermobbing-Opfer berichtet von Schlafstörungen, jedes zehnte von Kopf- oder Bauchschmerzen. Mehr noch: „Cybermobbing kann bleibende Folgen nach sich ziehen“, warnt Diplom-Psychologe Torsten Porsch: Betroffene ziehen sich zurück, verändern sich, werden in der Schule schlechter. . .

Die Formen der Internetgewalt sind vielfältig. Am häufigsten sind laut Studie Bedrohungen und Beleidigungen, es folgen üble Nachrede, Identitätsmissbrauch über gefälschte Persönlichkeitsprofile und unberechtigte Weitergabe von Daten, zu denen zum Beispiel auch die Handynummer gehören kann. „Stress mit Mitschülern gab es früher nur in der Schule. Über das Internet wird er nun auch dorthin getragen, wo Jugendliche bislang sicher waren“, betont Porsch - in die Kinder- und Jugendzimmer.

Dies bedeutet: Es gibt praktisch keinen Ort der Zuflucht mehr - auch dann nicht, wenn die Jugendlichen den Computer einfach herunterfahren: „Denn für andere sind die Beleidigungen im Internet natürlich weiterhin sichtbar.“

Immer wieder hört Porsch von Online-Tätern, dass sie die Tragweite ihres Handelns gar nicht vor Augen hatten und ihre Altersgenossen „nur aus Spaß“ mobbten. Dies mag erklären, warum sich stolze 21 Prozent der Befragten vorstellen können, selbst zu Tätern zu werden - also anderen etwas anzutun, dessen seelische und körperliche Folgen kaum abzuschätzen sind.

Was tun? „Auf jeden Fall nicht zurückmobben“, sagt Porsch - dies verpuffe bei den Tätern oder sorge für eine weitere Eskalation. Stattdessen setzt er auf Prävention: „Eltern und Lehrer sollten mit den Jugendlichen über Gewalt im Internet sprechen“ - was in letzter Zeit auch zunehmend geschehe.