Leichtfertige Einnahme von rezeptfreien Schmerzmitteln birgt erhebliche Risiken
Schmerzmittel, Medikamente
© denisismagilov/fotolia.comViele Deutsche nehmen relativ unbedacht rezeptfreie Schmerzmittel ein und setzen sich damit erheblichen Risiken aus.

Rezeptfreie Schmerzmittel sind heute in den meisten Haushaltsapotheken zu finden. Sie werden oft relativ unbedacht gegen unterschiedlichste Formen der Schmerzen wie Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Regelschmerzen oder Zahnschmerzen eingesetzt. Allerdings kann eine längerfristige Einnahme erhebliche Nebenwirkungen mit sich bringen, weshalb hier dringend Vorsicht geboten ist.

Rezeptfreie Schmerzmittel sollten maximal an drei aufeinander folgenden Tagen und nicht häufiger als zehnmal im Monat eingenommen werden, mahnen Mediziner. Denn es drohen schwere Nebenwirkungen wie Magenschleimhautentzündungen, Nierenschäden oder gar ein erhöhtes Herzinfarkt-Risiko. Länger anhaltende Schmerzen gehören daher dringend in ärztliche Behandlung und sollten nicht in Selbstmedikation mit rezeptfreien Schmerzmitteln therapiert werden.

Steigender Absatz von Schmerzmitteln

Schmerzmittel wie Paracetamol, Ibuprofen, Acetylsalicylsäure (ASS) oder Diclofenac sind heute in fast jedem Haushalt zu finden. Auch im vergangenen Jahr ist ihr Absatz erneut leicht gestiegen, berichtet die Nachrichtenagentur „dpa“ unter Berufung auf das Marktforschungsunternehmen IMS Health. Demnach wurden im Jahr 2015 knapp 162 Millionen Packungen Analgetika (medizinischer Fachausdruck für die Schmerzmittel) in Apotheken verkauft, was im Vergleich zum Vorjahr etwa 2,4 Prozent mehr seien. Ein Großteil der verkauften Schmerzmittel-Packungen wurde laut Mitteilung der „dpa“ rezeptfrei erworben.

Schmerzen ein wichtiges Warnsignal

Zwar können die Analgetika bei akuten Schmerzen durchaus kurzfristig helfen, doch dienen sie lediglich der Symptomlinderung, die Ursache der Beschwerden bleibt davon in der Regel unberührt. Diese kann unterschiedlichster Natur sein und schlimmstenfalls auf eine schwerwiegende Erkrankung zurückgehen. Die Wahrnehmung der Schmerzen erfolgt über sogenannte Nozirezeptoren auf der Haut und in den Organen. Diese Rezeptoren reagieren auf bestimmte chemische Stoffe, hohen Druck, aber auch auf Wärme und Kälte, berichtet die „dpa“. Es werde ein Impuls an die nächstgelegene Nervenzelle ausgesendet, der über die Nervenfasern ins Rückenmark und schließlich ins Gehirn weitergeleitet wird, wodurch der Schmerz bewusst wahrgenommen werde.

Akute und chronische Schmerzen

Die Ursachen von Schmerzen können äußerst unterschiedlicher Natur sein, wobei grundsätzlich zwischen akuten und chronischen Schmerzen zu unterscheiden ist. „Als chronisch werden solche Schmerzen bezeichnet, die seit mindestens drei Monaten regelmäßig auftreten und den betroffenen Patienten physisch, psychisch-kognitiv und sozial beeinträchtigen“, wird Julia Richter vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) von der „dpa“ zitiert. Die Schmerzen können ein eigenständiges Beschwerdebild annehmen oder auch auf ernste Erkrankungen zurückgehen.

Schmerzmittel bei akuten Schmerzen

Zu den akuten Schmerzen zählen beispielsweise Migräne oder Zahnschmerzen. Hier können rezeptfreie Schmerzmittel - vorübergehend und in Maßen eingesetzt - oftmals helfen. „Es spricht nichts dagegen, wenn bei kurzzeitigen Schmerzzuständen ein ansonsten gesunder Patient auf eigene Faust eine Schmerztablette schluckt“, so Peter Walger, leitender Arzt für Internistische Intensivmedizin und Infektiologie an den Evangelischen Kliniken in Bonn, in der Mitteilung der „dpa“:

Maximal drei Tage Anwendung

Allerdings sollten die Schmerzmittel in keinem Fall „in der Selbstmedikation länger als drei Tage hintereinander eingenommen werden“, mahnt Julia Richter gegenüber der Nachrichtenagentur. Bei chronischen Schmerzen sei es unabdingbar, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, um die Ursache der Beschwerden zu ermitteln. Wichtig ist dabei laut Aussage der Expertin einer ganzheitliche Diagnostik, bei der neben einer körperlichen Untersuchung auch psychische und soziale Faktoren mit einbezogen werden.

Magenschleimhautentzündungen und Magenblutungen

Bei den Nebenwirkungen ist zu beachten, dass bestimmte Schmerzmittel unmittelbar eine Magenschleimhautentzündung auslösen können und bei einer unkontrollierten Einnahme das Risiko von Magenblutungen drastisch steigt. Diese können schlimmstenfalls lebensbedrohliche Ausmaße annehmen. Als Anzeichen für eine Magenblutung nennen die Experten in der Mitteilung der „dpa“ zum Beispiel Blut im Stuhl oder das Erbrechen von Blut. Auch seien die Magenblutungen bei längerem Bestehen mögliche Ursache von Eisenmangel und chronischer Blutarmut.

Weitere Nebenwirkungen der Schmerzmittel

Als Nebenwirkung der unkontrollierten Einnahme von Schmerzmitteln ist allerdings ebenso das Risiko von Nierenschäden zu nennen. Des Weiteren „steigt im Fall von Vorerkrankungen die Gefahr, einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erleiden“, so Walger gegenüber der „dpa“: Auch sei bei der Einnahme weiterer Arzneien auf mögliche Wechselwirkungen zu achten. Zum Beispiel ist bei gleichzeitiger Einnahme blutdrucksenkender Mittel Rücksprache mit einem Arzt zu halten und in solchen Fällen müsse gegebenenfalls die Blutdruckmedikation angepasst werden. Nicht zuletzt ist laut Aussage der Experten zu Bedenken, dass die Präparat nicht unbedingt die gewünschte Wirkung entfalten. Denn beispielsweise wirken Entzündungshemmer wie Paracetamol, Ibuprofen oder ASS nicht bei Spannungskopfschmerzen oder Rückenschmerzen.

Viele Risiken bislang unzureichend erforscht

Die Risiken der Schmerzmittel sind insgesamt nicht zu unterschätzen, zumal jüngere Studien hier auch Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Paracetamol in der Schwangerschaft mit ADHS und Autismus bei Kindern ergaben. Darüber hinaus wird offenbar unser Mitgefühl durch die Einnahme von Paracetamol geschwächt. Die Auswirkungen sind demnach extrem vielschichtig und bis heute nicht vollständig geklärt. Der relativ unbedarfte Einsatz rezeptfreier Schmerzmittel ist daher äußerst kritisch zu bewerten.

(fp)