Handy statt Tabak: Suchtgefahr durch Internetnutzung
Jureći Pokemone vozač kamiona u Japanu ubio jednu, a drugu ženu teško povrijedio
© Le Grand Bazar
In Deutschland sind immer mehr Menschen von Online-Sucht betroffen. Vor allem Kinder und Jugendliche sind gefährdet. Bei einem Kongress in Berlin beschäftigen sich Hunderte Experten mit Suchttherapie, -prävention und -forschung.

Und immer lockt das Smartphone

Mit Freunden chatten, im Internet surfen, spielen, shoppen oder gar den Partner fürs Leben suchen: Für viele Menschen ist das Smartphone aus dem Alltag längst nicht mehr wegzudenken. Die Geräte erleichtern uns zwar in vielen Bereichen das Leben, doch sie bergen auch gesundheitliche Risiken. So nimmt etwa Kurzsichtigkeit durch ständige Smartphone-Nutzung zu. Und sie können regelrecht abhängig machen: Vor allem unter Jugendlichen ist das Risiko für eine Handysucht groß.

Hunderte Experten beim Deutschen Suchtkongress

Experten zufolge nehmen Eltern eine ausufernde Internetnutzung von Jugendlichen noch zu selten als Problem wahr. Professor Falk Kiefer von der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie meinte in einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa: „Man muss das Bewusstsein stärken, dass Online-Spiele und soziale Netzwerke eine hohe Bindungskraft haben können. Jugendliche kommen immer früher in Kontakt mit einem potenziell abhängig machenden Verhalten.“

Kiefer leitet den Deutschen Suchtkongress in Berlin, bei dem 600 Suchtexperten zusammenkommen. Internetsucht ist in diesem Jahr einer der Schwerpunkte. Auch bei illegalen Drogen würden negative Trend beobachtet. Rauchen hingegen sei heute bei Jugendlichen weniger ein Problem. In Deutschland sind rund 20 Millionen Menschen süchtig - nach Alkohol, Tabak, Glücksspiel, Drogen oder eben dem Internet.

Nicht offiziell als Krankheit anerkannt

Laut einer Studie aus dem Jahr 2011, die im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums durchgeführt wurde, gelten mehr als 560.000 Menschen in Deutschland als internetabhängig. Bei den 14- bis 16-Jährigen sind demnach vier Prozent betroffen, Mädchen etwas häufiger als Jungen. Von einer steigenden Tendenz wird ausgegangen.

Zwar ist Internetsucht von den Kostenträgern bislang nicht offiziell als Krankheit anerkannt, doch Fachleute wie auch die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) halten die Forderung nach einer Diagnose für berechtigt. In einer älteren Mitteilung erklärte sie, dass die Bundesregierung neue Suchtformen wie z.B. Computerspiel- und Internetabhängigkeit im Blick habe. „Ich will mehr Aufklärung und den Betroffenen passgenaue Hilfen anbieten“, so Mortler.

Kriterien für Internetsucht

Kiefer erläuterte laut dpa: „Je früher internetbasierte Spiele und Medien für Jugendliche verfügbar sind und schon ins Kinderzimmer einziehen, desto mehr ist zu erwarten, dass die Zahlen weiter zunehmen.“ Bei Eltern herrsche große Unsicherheit, weil es keine Normen für Internetnutzung gebe.

Die Frage, wo beim Internet die Grenze zwischen normaler Nutzung und Sucht verläuft, ist oft gar nicht so einfach zu beantworten. Grundsätzlich ähneln die Kriterien für Internetsucht denen einer Alkohol- oder Drogensucht. Doch nicht die Zeit vor dem Bildschirm ist ausschlaggebend.

Wenn Jugendliche in der Schule nachlassen

Forscher aus den USA haben in einer Studie herausgefunden, dass Facebook oder Twitter ähnlich abhängig machen können wie Kokain. Experten zufolge treten bei Abhängigen starke negative Konsequenzen durch Online-Spiele oder das Surfen in sozialen Netzwerken auf, die sie wie angefixt in Kauf nehmen oder ausblenden.


Sie lassen beispielsweise in der Schule nach, ziehen sich von Familie und Freunden zurück und verlieren die Kontrolle, erläuterte Kiefer: „Es funktioniert meist nicht, nach einer Stunde den Rechner wieder auszumachen.“

Betroffene suchen oft erst spät Hilfe

Dem Mediziner zufolge fehlten - anders als bei Alkohol - Effekte wie Trunkenheit, die das Umfeld auf das Problem aufmerksam machen. Daher kämen Jugendliche und ihre Eltern oft erst spät in Beratungsstellen. Kiefer hat die Hoffnung, dass sich mehr Betroffene früh Hilfe suchen: „Man kann zeitweise ein problematisches Verhalten haben, aber es muss nicht in eine Sucht hineinlaufen. Es ist entscheidend, frühzeitig mit Betroffenen zu reden und Grenzen auszuhandeln.“

Bemerkten Teenager, dass sie eigene Vorsätze wie eine gewisse Spieldauer pro Tag nicht einhalten können, sei das ein Ansatz, ins Gespräch zu kommen. Es sei entscheidend, dass die Verhaltensänderung nicht verordnet, sondern nachvollziehbar und mit positiven Konsequenzen verbunden ist.

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