Gestern schien noch die Sonne über der südlichsten Ecke des Maindreiecks etwa 20 Autominuten südöstlich von Würzburg. Heute hängen dicke Wolken über den noch grünen Rebstöcken und Obstbäumen.
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© Ulf Lüdeke
Der finstere Himmel passt zur beklemmenden Atmosphäre, die seit Freitagmorgen die kleine, für Wein und Wärme bekannte fränkische Gemeinde Marktbreit dominiert.

Eine Radfahrerin war zuerst auf das grausame Geschehen aufmerksam geworden. Um 7.45 Uhr hatte sie die Leichen von zwei kleinen Jungs entdeckt, zwei und fünf Jahre alt. Einer der Jungs lag direkt auf dem asphaltierten Radweg, der andere auf einem Gras- und Unkrautstück direkt daneben vor einem leerstehenden, weißen Haus. Wenig später fand die Polizei den ebenfalls toten 42-jährigen Vater der Kinder in der Böschung auf einem Hügel, der Radweg und Straße zwischen den Gemeinden Marktbreit und Ochsenfurt trennt.

Keine Spuren der Tragödie

Wer nicht wusste, was hier am Freitagmorgen passiert war, konnte am frühen Nachmittag keine Spuren der Tragödie mehr finden. In der Böschung fällt nur eine bettdeckengroße Fläche mit frisch geharkter Erde auf, der Radweg ist an ein, zwei Stellen noch etwas nass. Das Areal unter der Brücke war vormittags für mehrere Stunden gesperrt, die Feuerwehr hat die Stellen gewissenhaft bearbeitet.

Ein Pärchen spaziert gerade unter der Brücke lang, die sich mehr als 50 Meter hoch über den Main wie ein riesiges Betonungetüm auf Beinen spannt. Nein, sie haben nichts gehört von dem Unglück, sagen sie, seien einfach nur gekommen, um sich am Fluss ein wenig die Beine zu vertreten. Sie lassen langsam ihre Köpfe in den Nacken sacken, um auf die Fahrbahn senkrecht über ihnen zu blicken. „Das ist ja grausam“, sagt die Frau, „zwei so kleine Kinder.“ Ihr Freund nickt betreten.

"Eine so bedrückte Atmosphäre habe ich selten erlebt“

Auf der Brücke direkt über dem Unglücksort hatte die Polizei am Morgen kurz nach der Entdeckung der Leichen einen Kleintransporter gefunden, der rechts am Fahrbahnrand geparkt war. „Offenbar ist der Vater mit seinen beiden Kindern in den frühen Morgenstunden hierher gefahren“, sagte Michael Zimmer, Sprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken.
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© Ulf Lüdeke
Zimmer war den ganzen Vormittag bei den Ermittlungsarbeiten der Kripo Würzburg sowie den Einsätzen von Feuerwehr und Rettungsdiensten dabei. Und er spricht selber in gedämpftem Ton, als er sein Resümee zieht. „Bei diesem Einsatz waren viele dabei, die schon viel Schlimmes gesehen haben. Verkehrsunfälle, Morde und anderes. Aber eine so bedrückte Atmosphäre habe ich selten erlebt“, sagt Zimmer. „Die Art und Weise, wie diese zwei kleinen Jungs ums Leben kamen, hat selbst die härtesten unter ihnen mitgenommen. Das lag und liegt wirklich allen auf der Seele.“

Mutter der Kinder wird psychologisch betreut

Nach den ersten Obduktionsergebnissen der Leichen gibt es laut Zimmer bislang keine Hinweise, die auf Fremdeinwirkung hindeuten. Zudem war in dem Kleintransporter auch ein Abschiedsbrief gefunden worden, zu dem sich der Polizeisprecher aber nicht weiter äußern wollte. Auch zu den genauen Umständen der Stürze - vor allem darüber, ob der Vater gemeinsam mit seinen Söhnen gesprungen war oder sie vielleicht vorher hinunterstieß - wollte sich der Sprecher nicht äußern.

„Wir müssen erst die Ergebnisse der rechtsmedizinischen Untersuchung abwarten. Unsere Ermittlungen konzentrieren sich jetzt vor allem auf das soziale Umfeld des Mannes. Mehr können wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen.“ Die Mutter der beiden Kinder sei zunächst nicht vernehmungsfähig und werde derzeit psychologisch betreut.

Familiendrama schockiert

In Marktbreit reagieren die Menschen unterdessen mit großer Bestürzung auf das Familiendrama. „Was für ein tragisches Unglück für diese armen Kinder“, sagt ein älterer Mann, die gerade in der Altstadt vom Einkaufen zurückkommt.

Und seine Frau, die sich bei ihm untergehakt hat, fügt hinzu: „Sicher wird es dem Vater nicht gut gegangenen sein, sicher war er sehr, sehr verzweifelt. Aber was, um Gottes Willen, haben denn seine unschuldigen Kinder damit zu tun?