Seit knapp einem Jahr versetzt der rund 1.500 Lichtjahre entfernte Stern „KIC 8462852“ Astronomen ins Staunen. 2015 entdeckten Astronomen zwei plötzliche und seither nicht mehr beobachtete Abschwächungen im Licht des Sterns um bis zu 20 Prozent (...GreWi berichtete). Später zeigte sich, dass sich das Sternenlicht schon seit rund 100 Jahren stetig abschwächt (...GreWi berichtete). Jetzt präsentieren US-Forscher eine Analyse der gesamten Beobachtungszeit mit Kepler - und fanden ein neues Rätsel um den bereits als „mysteriösesten Stern unserer Galaxie“ bezeichneten Stern
KIC 8462852
Washington (USA) - Erklärungsversuche für das bislang noch nie bei einem anderen Stern beobachtete Verhalten von KIC 8462852 bemühen bislang Vorstellungen von ungewöhnlich großen Kometen, Planetentrümmern, interstellaren Staub- und Gaswolken bis hin zur Idee, eine hochentwickelte Zivilisation könnte ein gewaltiges Bauwerk rund um den Stern konstruiert haben, um etwa mit sog. Dysons-Sphären dessen Energie in viel höherem Maße zu nutzen, als dies mit Solarkollektoren von der Oberfläche eines Planeten möglich wäre (...GreWi berichtete).

KIC 8462852
© Boyajian et al. Zwei bislang einzigartige, periodisch wiederkehrende Abdunklungen im Lichtmuster des Sterns „KIC 8462852“.
Wie Josh Simon von der Carnegie Institution for Science und Ben Montet vom California Institute of Technology in einer der kommenden Ausgaben des Astrophysical Journal berichten werden, zeigen die Kepler-Daten, dass der Stern zusätzlich zu seinen bislang immer noch unerklärten spontanen dramatischen Helligkeitsveränderungen um bis zu -20 Prozent auch eine langsame aber stetige Abschwächung während der gesamten vier Jahre aufzeigt, während KIC 8462852 von bzw. mit Kepler beobachtet wurde.

KIC 8462852
© Bradley E. Schaefer Die Lichtkurve (DASCH) von „KIC 8462852“ von 1890-1989 zeigt die stetige Abschwächung des Sternenlichts.
Nachdem Simon und Monet von der Abschwächung des Sternenlichts um 14 Prozent zwischen 1890 und 1989 gehört hatten (... s. Abb.l.; ...GreWi berichtete), nahmen sie sich die Kalibrierungsaufnahmen des Weltraumteleskop vor, die zuvor noch nie für wissenschaftliche Messungen ausgewertet worden waren: „Wir erhofften uns, dass diese Daten die (einige Zeit umstrittene) Langzeit-Abschwächung des Lichts entweder bestätigen oder widerlegen könnten und zudem beantworten könnten, was für das sonderbare Helligkeitsmuster des Sterns verantwortlich ist.“

Als Ergebnis dieser Auswertung der Kepler-Kalibrierungsaufnahmen entdeckten die Astronomen, dass das Licht von KIC 8462852 während der ersten drei Beobachtungsjahre um fast ein Prozent schwächer wurde und dann plötzlich über einen Zeitraum von sechs Monaten um außergewöhnlich weitere zwei Prozent abfiel, um bis zum Ende der Mission (weitere sechs Monate) auf diesem Niveau zu verbleiben (s.f.Abb.).

Ihre ungewöhnliche Entdeckung verglichen die Wissenschaftler mit 500 ähnlichen von Kepler ins Visier genommenen Sternen. Hierbei fanden Simon und Monet zwar, dass ein kleiner Teil dieser Sterne während der ersten drei Beobachtungsjahre ebenfalls leicht an Helligkeit eingebüsst hatte, dass allerdings kein weiterer Stern eine vergleichbar „dramatische Abschwächung in gerade einmal sechs Monaten oder eine Gesamtabschwächung während der vier Kepler-Beobachtungsjahre von drei Prozent seiner Helligkeit aufzeigte.“

KIC 8462852
© B. Monet & J. Simon Die sich aus den Kalibrierungsaufnahmen des NASA-Weltraumteleskops Kepler ergebende Lichtkurve des Sterns KIC 8462852 während der vierjährigen Beobachtungszeit.
„Diese stete Helligkeitsveränderung von KIC 8462852 ist wirklich ganz erstaunlich“, kommentiert Monet die Entdeckung. „Unsere wirklich sehr akkuraten Messungen über einen Zeitraum von vier Jahren zeigen, dass der Stern wirklich nach und nach schwächer wird. Allerdings ist eine derartige Beobachtung für einen solchen Sternentyp bislang absolut beispiellos - und wir sehen in den gesamte Kepler-Daten nichts Vergleichbares.“

„Dieser Stern war schon zuvor, wegen seiner beiden sporadischen Abschwächungsereignisse, absolut einzigartig“, fügte Simon erläuternd hinzu. „Jetzt sehen wir aber, dass er noch weitere Merkmale aufweist, die nicht weniger merkwürdig sind: Zunächst die stetige Abschwächung über drei Jahre und dann eine weitere, jetzt aber sehr viel schnellere Abschwächung im Licht des Stern.“

Auch die beiden Astronomen rätseln über eine mögliche Erklärung für die bisherigen Beobachtungen, gestehen aber auch ein, dass diese neue Beobachtung die Sache alles andere als einfacher macht. „Die plötzliche Abschwächung über einen Zeitraum von nur sechs Monaten könnte zunächst noch am ehesten durch eine Kollision oder das Auseinanderbrechen eines Planeten oder Kometen in dem System um den Stern erklärt werden, durch die kurzfristig eine Staub- und Trümmerwolke entstanden sein könnte. Allerdings kann dieses Szenario die Abschwächung währen der ersten drei Beobachtungsjahre und noch weniger jene erklären, wie sie seit dem 19. Jahrhundert beobachtet werden kann.“

Abschließend erklären Simon und Monet: „Eine gute Erklärung dafür zu finden, dass ein Stern gleich drei unterschiedliche Dinge tut, wie sie zuvor noch nie bei einem anderen Stern beobachtet wurden, ist wirklich eine große Herausforderung. Wir denken aber, dass die neuen Beobachtungen einen Schlüssel zum Verständnis des Rätsels um KIC 8462852 darstellen könnten.“