Wie Forscher erst jetzt herausgefunden haben, können Erdbeben in der kalifornischen Newport-Inglewood-Verwerfung deutlich unterhalb der oberen Hälfte der Erdkruste entstehen.
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© Google Earth
Normalerweise entstehen Erdbeben durch Plattentektonik in der oberen Erdkruste bis zu einer Tiefe von weniger als 15 Kilometern und erreichen selten ein Maximum von 24 km (Ausnahmen sind Tiefherdbeben an Subduktionszonen). Besonders an den Plattengrenzen, an denen sich die verschiedene Platten auseinander, aufeinander zu oder aneinander vorbei bewegen, bauen sich Spannungen innerhalb des Gesteins auf, wenn sich die Platten in ihrer Bewegung verhaken und verkanten. Wenn dann die Scherfestigkeit der Gesteine überschritten wird, entladen sich diese Spannungen durch plötzliche Bewegungen der Erdkruste und es kommt zu dem tektonischen Beben. In der tieferen Erdkruste ist das Gestein sehr viel heißer, fließfähiger und deformierbarer, was Verkantungen verhindert und somit Erdbeben unwahrscheinlicher machen.

Bei der Analyse der Daten leistungsstarker seismischer Sensoren aus den Jahren 2011 und 2013 über die Newport-Ingle-wood-Verwerfung in Südkalifornien haben Wissenschaftler nun festgestellt, dass diese Störung völlig anders geartet ist als alle anderen uns bekannten Verwerfungen, denn sie verursacht kleine Erdbeben in ungewöhnlich großen Tiefen von über 30 Kilometern. Über den möglichen Ursprung dieser tiefen Erdbeben haben die Forscher zur Zeit noch keine Erklärung. Möglich wäre, dass Material aus dem Mantel in den unteren Bereich der Newport-Inglewood-Verwerfung eindringt und dort zu einem erhöhten Druck im Gestein führt, was dann die seismischen Aktivitäten in dieser Tiefe auslöst.

Diese minimalen seismischen Aktivitäten konnten nur mit Hilfe des großflächigen Stationsnetzes von über 5.000 Messgeräte im Raum Los Angeles registriert werden, die jede kleinste Bodenbewegung erfassen. Zwar bewegten sich die dort gemessenen Erdbeben meist im Magnitudenbereich von unter 2.0 und waren schon aufgrund der Tiefe für die Bevölkerung nicht spürbar, dennoch nehmen die Wissenschaftler sie mit Sorge zur Kenntnis. „Glücklicherweise blieben diese Erdbeben klein und erreichten bisher keine hohen Magnituden. Dennoch könnten kleine Erdbeben möglicherweise zu größeren Erdbeben führen“, sagt der Geophysiker Yuri Fialko vom Scripps Institution of Oceanography in La Jolla, Kalifornien.

Der US-Bundesstaat Kalifornien lebt ohnehin mit der allgegen-wärtigen, latenten Gefahr von Erdbeben - inklusive des »Big One«, der besonders die großen Städte Los Angeles und San Francisco dem Erdboden gleich machen könnte, da sich diese Metropolen extrem nahe der berühmten San-Andreas-Verwerfung befinden (wir berichteten).