generalstreik frauen argentinien
Bei einer Demonstration in Argentinien gegen Gewalt an Frauen, an der 70 000 Frauen teilnahmen, ging die Polizei mit massiver Gewalt vor. Daraufhin riefen die Frauen zu einem Generalstreik auf. In über 80 Städten in Argentinien legten Frauen ihre Arbeit nieder und gingen um 17 Uhr auf die Straße. Auslöser der seit zwei Wochen andauernden Proteste ist der grausame Mord an der 16-jährigen Lucía Pérez. Sie wurde außerhalb der Schule von einer Gruppe Männer entführt, mit Drogen betäubt und brutal mehrfach vergewaltigt. Sie erlag ihren schweren Verletzungen.

Gestern legten die Frauen in Argentinien ihre Arbeit nieder. Auch Hausfrauen wurden aufgerufen, ihre Arbeit niederzulegen und Transparente aus Fenstern und von Balkonen zu hängen. Gestern dominierte in Argentinien die Farbe „Schwarz“. Die Fraueninitiative rief dazu auf, schwarze Kleidung zu tragen. Solidarität gab es auch aus anderen Ländern Lateinamerikas. Sie nannten es den „Schwarzen Mittwoch“ , die die Trauer über alle Frauen zeigen soll, die durch Gewalt getötet wurden.

Der Tod der 16-jährigen Lucía Pérez, die in der Nacht vom 8. auf den 9. Oktober 2016 nach der brutalen Tat einfach vor einer Klinik abgelegt wurde und einen Tag später an inneren Blutungen verstarb, löste einen landesweiten Protest in Argentinien aus. Medien berichten, dass Lucía Pérez aufgespießt wurde. Diese Tat erinnert an Özgecan Aslan aus der Türkei. Die 20-jährige Psychologiestudentin, die an der Çağ-Universität studierte, war, bevor ihr Körper verbrannt wurde, vergewaltigt worden, mit einem Eisenrohr geschlagen und ihre Finger waren bei lebendigem Leib abgeschnitten worden. Auch diese Tat löste in der Türkei einen landesweiten Protest von Frauen aus. Auch hier ging die Polizei gegen Frauen während einer Demonstration, an deren Zehntausende teilnahmen, gewaltsam mit Tränengas und Gummigeschosse vor. Siehe: Türkei: Mit Tränengas und Gummigeschosse gegen Frauen-Demo

Auch in Indien hat die Brutalität der Vergewaltigungs-Gangs landesweite Proteste ausgelöst. Und obwohl Indien nach der brutalen Gruppenvergewaltigung von einer 24-jährigen in einem fahrenden Bus in Neu-Delhi das Gesetz verschärfte, nehmen die Gewalttaten an Frauen und Mädchen wieder zu. Die brutalen Vergewaltigungen werden mit Handys gefilmt und dann als Video verkauft.

Nach der brutalen Vergewaltigung an der 16-jährigen Lucía Pérez wendet sich der Bruder in einem offenen Brief an die Bevölkerung, da sie Morddrohungen erhalten

Nachdem die Polizei zwei Männer verhafteten, versuchte nach Aussage der Familie von Lucía der dritte Täter, die Tat zu vertuschen. Mittlerweile wurde auch er verhaftet. Nach Morddrohungen veröffentlichte der Bruder des Mädchens einen offenen Brief in La Garganta Poderosa mit dem Titel „Und jetzt bedrohen sie uns mit dem Tod“ („Y ahora, nos amenazan de muerte“). Während die Familie um Lucía Pérez trauert, ist Lucía zu einem Symbol für die Welle der Frauenmorde in Lateinamerika geworden. Daraufhin erhielt die Familie Pérez zahlreiche Bedrohungen. Nicht nur, dass die Eltern ihre Tochter durch eine brutale Tat verloren haben, so der Bruder, nun müssten sie auch noch für die Sicherheit der Familie sorgen. Guillermo, Lucías Vater, erklärte der Presse, dass die Familie durch Telefonate eingeschüchtert werden soll. Außerdem seien zwei junge Männer mit einer Schusswaffe an ihrem Haus vorbeigefahren und hätten Obszönitäten geschrien und gedroht, die Familie zu erschießen. Die Polizei schützt nun diese Familie.

Am letzten Wochenende gab es die ersten Protestmärsche in Mar del Plata in der Nähe von Playa Serena, dem Ort des brutalen Verbrechens. Tausende nahmen teil, darunter Freunde, Nachbarn und Verwandte, die die Familie von Lucia auf dem Marsch begleiteten. Sie hielten Schilder und Banner und forderten Gerechtigkeit für Lucía. Wir lassen uns nicht einschüchtern, so Lucías Mutter.
Lucia Pérez Vergewaltigungsopfer Argentinien
Lucia Pérez
Es hört nicht auf und wir sehen fassungslos zu: es wird geschlagen und vergewaltigt, Tag für Tag, Stunde für Stunde. Weltweit herrscht Krieg gegen Mädchen und Frauen.

Mindestens 70 000 Frauen aus Argentinien, Uruguay, Paraguay und Bolivien nahmen an dem diesjährigen Frauenkongress in Rosario, Argentinien vom 8. bis 10. Oktober 2016 teil. Ein Hauptthema war auch die Gewalt an Frauen, zumal die brutale Vergewaltigung der 16-jährigen Lucía Pérez mit tödlichem Ausgang die Frauen auf der Konferenz erreichen. Während des Marsches der Frauen, bei dem sie auf die Gewalt an Frauen aufmerksam machten, kam es laut Radiosender Cadena 3 zu Übergriffen mit der Polizei, die mit Gummigeschossen und Tränengas auf die protestierten Frauen losgingen.

Diese Handlung der Polizei gefährdete die Sicherheit von Tausenden Frauen, so die Organisatoren von MNA. Sie machten auch darauf aufmerksam, das die Pro-Regierungs-Medien versuchten zu manipulieren und sowohl die Veranstaltung der Frauen als auch die Übergriffe durch die Polizei leugneten. Schließlich seien Tausende Frauen aus dem ganzen Land zusammengekommen, um auf ihre prekäre Situation hinzuweisen.

Für den 19.Oktober 2016 wurde daraufhin ein Generalstreik von den Frauenorganisationen ausgerufen. Am Mittwoch sind in über 80 Städten in Argentinien Tausende Frauen auf die Straße gegangen, um gegen Gewalt an Frauen zu protestieren. Zum nationalen Streik hatte das Kollektiv „Ni Una Menos“ (Nicht eine weniger) aufgerufen. Sie wandten sich an alle Frauen in Argentinien, sich dem Streik anzuschließen und sich an Protestmärschen zu beteiligen. Zwischen 13 und 14 Uhr wurde die Arbeit niedergelegt, ab 17 Uhr fanden landesweit Versammlungen und Demonstrationen auf Straßen und Plätzen statt.

Laut Nichtregierungsorganisationen für Frauenrechte und Gleichstellung lag die Zahl der Frauenmorde im Jahr 2015 bei 277, das heißt, alle 30 Stunden stirbt in Argentinien eine Frau durch geschlechtsbezogene Gewalt.
In dem Streik-Aufruf hieß es „Ob in deinem Büro, in der Schule, im Gericht, der Redaktion, im Kaufladen, der Fabrik oder wo auch immer du arbeitest - streike für eine Stunde, um das Ende machistischer Gewalt zu fordern - wir wollen uns lebend!“ Auch Hausfrauen wurden angesprochen, ihre Arbeit für eine Stunde niederzulegen und Transparente aus Fenstern und von Balkonen zu hängen. Auf einem Plakat ruft die Initiative dazu auf, schwarze Kleidung zu tragen.
Generalstreik Frauen Argentinien
31. National Women – Rosario – Oktober 2016
In mehreren Ländern Lateinamerikas löste die Initiative eine Welle an Protesten aus. In Mexiko, wo laut offiziellen Angaben jeden Tag sieben Frauen ermordet werden, gab es zahlreiche Demonstrationen. In Kolumbien versammelten sich Hunderte Frauen zu Kundgebungen in verschiedenen Städten. In Venezuela fanden ebenfalls Solidaritätsdemonstrationen statt. Auch Frauenorganisationen in Uruguay, Paraguay, Bolivien, Peru, Chile, Honduras und Guatemala hatten sich angeschlossen.

Es war das erste Mal in der Geschichte Argentiniens, dass Frauen einen Generalstreik ausriefen.