Chinesische Raumfahrtingenieure und Wissenschaftler haben Informationen bestätigt, wonach sie schon seit 2010 die Entwicklung und Erforschung der sogenannten EmDrive-Technologie unterstütze. Beim EmDrive handelt es sich um einen revolutionären Antrieb, mit dem alleine durch die Flutung eines Zylinders mit Mikrowellen ein messbarer Schub erzeugt wird ohne, dass hierfür klassische Antriebsmittel benötigt werden. Während Kritiker darauf pochen, dass der EmDrive dem Impulserhaltungsgesetzt (Aktion/Reaktion) widerspreche und deshalb gar nicht funktionieren könne, teste die chinesische Raumfahrtagentur den Antrieb bereits schon jetzt im Erdorbit und wolle sie „möglichst bald“ für Satelliten und Raumschiffe nutzen.
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© CNSAArchivbild: Schon bald könnten chinesische Kommunikationssatelliten, hier ein Modell der Dong-Fang-Hong-Reihe, mit dem „unmöglichen Antrieb“ EmDrive ausgestattet werden (Illu.).
Peking (China) - Wie die „International Business Times“ (IBT) unter Berufung auf eine Pressekonferenz der zur Chinese Aerospace Science and Technology Corporation (CASC) gehörenden China Academy of Space Technology (CAST) und damit dem Hersteller der erfolgreichen Dong-Fang-Hong- Satellitenserie berichtet, glaube man an die Bedeutung des EmDrive und wolle die Technologie baldmöglichst vorantreiben und nutzen.
Hintergrund

Beim „EmDrive“ (ElectroMagnetic Drive), handelt es sich um das Konzept des britischen Wissenschaftlers und ehemaligen EADS-Atrium-Ingenieurs Dr. Roger Shawyer, das elektrische Energie mittels Mikrowellen in Schubkraft umwandeln soll - ohne dabei allerdings ein klassisches Treibmittel zu benötigen.

Trotz der Behauptungen chinesischer Forscher, das Konzept bereits erfolgreich getestet zu haben, verbannen die meisten westlichen Wissenschaftler den „EmDrive“ ins Reich der Phantasie und Pseudowissenschaft - da es schließlich dem physikalischen Impulserhaltungsgesetz widerspreche.

2014 hat jedoch selbst die NASA das Konzept überprüft und in einem Fachartikel ebenfalls bestätigt, dass der Antrieb „prinzipiell tatsächlich funktioniert“ (...GreWi berichtete).

Da der „EmDrive“ ohne Treibstoff auskommt und die notwendigen Mikrowellen mittels Solarenergie erzeugt werden können, könnte der Antrieb völlig neue Wege und Möglichkeiten der Raumfahrt aufzeigen, da das Konzept „eine (Antriebs-)Kraft erzeugt, die keinem klassischen elektromagnetischen Phänomen zugeschrieben werden könne“.
EmDrive
© Elvis PopovicDer von Roger Shawyer entwickelte Prototyp des EmDrive (Illu.)
Der Antrieb bediene sich dabei möglicherweise subatomarer Teilchen, so die Vermutung der NASA-Wissenschaftler. Andere Forscher, wie auch der Erfinder des EmDrive selbst, vermuten hinter dem auf den ersten Blick an das Konzept eines Perpetuum mobile erinnernden Antrieb einen Effekt der speziellen Relativitätstheorie (SRT).

Bislang beläuft sich der angeblich gemessene Schub noch im Bereich von Millionewton und damit tatsächlich derart gering, dass die beteiligten Wissenschaftler alles daran setzten, auch unvorhergesehene Effekte und Phänomene als falsche Schubmessung auszuschließen. Sollte sich die Schubentwicklung sozusagen aus dem Nichts jedoch bestätigen und der EmDrive auf Raumschiffproportionen vergrößert werden können, könnte - so zeigen sich Raumfahrtvisionäre zuversichtlich - etwa die Reise zum Rand unseres Sonnensystems auf wenige Monate im Vergleich zu den derzeit noch notwendigen Jahrzehnten reduziert werden.
Laut der offiziellen Zeitschrift des chinesischen Wissenschafts- und Technologie-Ministeriums „Science and Technology Daily„, führe China schon seit fünf Jahren Schlüsseltechnologieforschung am EmDrive durch, um mögliche Anwendungen zu ermitteln.

Tatsächlich ist bekannt, dass schon 2008 ein Team um Prof. Yang Juan von der Northwestern Polytechnical University (NWPU) die Wirksamkeit des EmDrive erfolgreich untersucht. Die kürzlich von NASA-Wissenschaftlern veröffentlichte Studie (...GreWi berichtete) bestätige die Ergebnisse Juans und damit die Wirksamkeit des Konzepts, so Dr. Chen Yue, der Leiter der Abteilung für Kommunikationssatelliten an der CAST.

Zu den Analysen führte Yue dann weiter aus: „Wir haben erfolgreich einige Spezifikationen mehrerer Prototyp-Prinzipien entwickelt. Die Entwicklung einer experimentellen Forschungsplattform, um so den Minimalschub zu testen, sowie mehrere Jahre Forschung und wiederholter Experimente bestätigen, dass diese Form des Antriebs tatsächlich Schub entwickelt.“

Darüber hinaus bestätigte Yuen auch, dass die CAST sogar schon eine Testeinheit des EmDrives entwickelt habe und dass man derzeit schon Experimente damit im niedrigen Erdorbit durchführe. Tatsächlich gibt es schon längere Zeit Gerüchte darüber, dass China den EmDrive bereits auf seiner Weltraumstation „Tiangong-2“ teste.

Laut IBT zeigte auch der CAST-Chefdesigner Li Feng, ebenfalls von der Abteilung für Kommunikationssatelliten, auf der Pressekonferenz eine detaillierte Präsentation zu den unterschiedlichen ingenieurstechnischen Problemen mit dem EmDrive, die es derzeit noch zu lösen gelte, bevor die Technologie tatsächlich in der Raumfahrt praktisch eingesetzt werden könne.

Derzeit generiere der Prototyp erst Schübe im Millinewton-Bereich und man arbeite daran, diese auf Größenordnungen von 100 Millinewton bis 1 Newton zu steigern, um so die Höhe entsprechender Satelliten im Erdorbit auch kontrollieren und halten zu können.

Um das zu erreichen arbeite man derzeit an einer Verbesserung des Designs, um so elektrischen Verlust aufgrund des verwendeten Materials zu reduzieren. Zudem gibt es derzeit auch noch andere Probleme rund um die Fragestellung, wo das Antriebsmodul am besten platziert werden solle, da sich diese Position auf die Temperaturentwicklung der Schubkammer und damit auch auf die Menge des mit ihr erzeugten Schub auswirken könnte.

Allerdings befinde man sich derzeit schon in der Endphase der Entwicklung und Ausarbeitung der EmDrive-Technologie, so Li Feng und erklärte abschließend weiter: „Ziel ist die baldmöglichste Nutzung für die Satellitenraumfahrt. Auch wenn es schwer ist, dies zu erreichen, so sind wir doch zuversichtlich, dass wir erfolgreich sein werden.“
GreWi-Kurzgefasst
- Auf einer Pressekonferenz haben Vertreter der chinesischen Raumfahrtindustrie bestätigt, dass man schon seit 2010 den als „unmöglichen Antrieb“ bezeichneten, sog. EmDrive untersuche und derzeit sogar schon im Erdorbit aktiv teste.
- Damit bestätigen sich frühere Gerüchte um die Interessen Chinas an der Technologie.
- Auch die chinesischen Wissenschaftler bestätigen die bislang unerklärte Schubentwicklung des EmDrive.
- Man arbeite derzeit noch an einer Steigerung der Effizienz, befinde sich aber bereits in der Endphase und wolle die Technologie „möglichst bald“ aktiv im Weltraum nutzen.
GreWi-Dossier: EmDrive - Die Kontroverse um den unmöglichen Antrieb

„Unmöglicher Antrieb“ erzeugt Schub: Fachartikel zum EmDrive erschienen 21. November 2016
EmDriveLeaks: NASA-Fachartikel belegt Wirksamkeit des „unmöglichen Antriebs“ 7. November 2016
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EmDrive: Neues vom „unmöglichen, treibstofflosen Antrieb“ 1.September 2016
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Unmöglicher Antrieb: Neue Theorie könnte Schub des EmDrive erklären 20. April 2016
Fachartikel zum treibstofflosen Antrieb „EmDrive“ vor Veröffentlichung 29. März 2016
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