moderne Bauernregeln Umweltministerium
© dpa„Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein.“ Solche Sprüche werden bis Mitte März auf Plakaten in über 70 Städten zu lesen sein.
Es gibt neue Bauernregeln, das ist eine Kampagne des Umweltministeriums. Die Sprüche prangern Missstände in der Landwirtschaft an - und ein gesamter Berufsstand fühlt sich verhöhnt.

„Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein.“ Solche Sprüche werden bis Mitte März auf Plakaten in über 70 Städten zu lesen sein, in Bayern in München, Augsburg, Erlangen, Fürth, Ingolstadt, Nürnberg, Regensburg und Würzburg. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat eine 1,5 Millionen Euro teure Kampagne für naturverträgliche Landwirtschaft gestartet. Mit Slogans im Stil von alten Bauernregeln werden auf Plakaten, in sozialen Netzwerken und auf Postkarten Missstände in der Branche angeprangert.

Eine Aktion, über die sich viele Bauern maßlos ärgern. Der bayerische Bauernpräsident Walter Heidl beklagt, dass „die einfachen Sprüche und Pseudo-Wahrheiten“ ein „Schlag ins Gesicht von Tausenden verantwortungsvoll arbeitenden Bauern“ seien. Er fordert den Rücktritt von Hendricks. „Mit dieser unsäglichen Meinungsmache gegen alle Bauernfamilien ist Hendricks eindeutig übers Ziel hinaus geschossen“, wettert er. „Die Umweltministerin muss jetzt ihren Hut nehmen.“ Die Aussagen hätten die Grundlagen für jeden konstruktiven Dialog über Landwirtschaft und Umwelt zerstört.

„Staatliches Mobbing gegen einen Berufsstand“

Auch der Deutsche Bauernverband als Dachorganisation kritisiert die Kampagne. Er spricht von „staatlichem Mobbing gegen den landwirtschaftlichen Berufsstand“, ruft dazu auf, eine Online-Petition dagegen zu unterschreiben, und dichtete seinerseits neue Bauernregeln. „Schließt der Bauer Hof und Stall, brachten die Umweltauflagen ihn zu Fall“ lautet zum Beispiel ein Slogan.

Unterstützung für die Bauern gibt es von der CSU und den Freien Wählern. Der Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) fordert einen Stopp der Aktion sowie eine Entschuldigung. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte gegenüber der Funke Mediengruppe, die Ministerin solle „ihrer Aufgabe künftig ohne derartige Hetzkampagnen gerecht werden“. „Entsetzt“ über die Sprüche zeigt sich ebenfalls Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär. Ihr Eindruck sei, dass sich Ministerin Hendricks die Landwirte als „neuen Staatsfeind ausgesucht“ hätte. Ähnlich äußerte sich Hubert Aiwanger, Vorsitzender der Freien Wähler-Landtagsfraktion und selbst Landwirt. „Es ist unerträglich und beispiellos, dass ein Ministerium einen ganzen Berufsstand verhöhnt und an den Pranger stellt, indem die Landwirte als Tierquäler dargestellt werden“, erklärte er.

Ministerin Hendricks spricht von „bewusster Fehldeutung“

Ministerin Hendricks dagegen weist diese Vorwürfe zurück. Sie seien „eine bewusste Fehldeutung“, schreibt sie in einem Brief an Landwirtschaftsminister Schmidt, der der Deutschen Presseagentur vorliegt. Hendricks betont, niemanden beleidigen oder persönlich angreifen zu wollen. Ziel sei, eine Diskussion über Fehlentwicklungen im Umweltschutz und über eine „Landwirtschaft mit Zukunft“ anzustoßen. Die Slogans kritisieren beispielsweise die hohe Nitratbelastung durch Überdüngung, den übermäßigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und das zunehmende Verschwinden von Wiesenflächen. Auch dass viele Felder wegen des stetig wachsenden Maisanbaus immer öfter als Monokultur bewirtschaftet werden, wird thematisiert. Hendricks’ Fazit ist deshalb eindeutig: „Wenn alles so bleibt, wie es ist, kräht bald kein Hahn mehr auf dem Mist.“

Lesen Sie dazu den Kommentar von Claudia Möllers: Barbara Hendricks Bauernregel-Kampagne ist niveaulos