Spinne
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Basel (Schweiz) - Bei der folgenden Meldung werden sich sicherlich viele Leser fragen, was diese denn mit Grenzwissenschaft zu tun hat? Tatsächlich auf den ersten Blick nicht wirklich viel. Allerdings verschiebt es die Grenzen unserer Vorstellungskraft (zumindest meiner): Spinnen fressen jedes Jahr 400 bis 800 Millionen Tonnen an Beutetieren - und damit mehr als alle Menschen zusammen und in etwa genau so viel, wie sämtliche Wale in unseren Weltmeeren fressen.

Wie Zoologen um Martin Nyffeler von der Universität Basel gemeinsam mit Kollegen der Lund Universitet aktuell im Fachjournal Science of Nature (DOI: 10.1007/s00114-017-1440-1) berichten, werden Spinnen schon seit langer Zeit verdächtigt, zu den wichtigsten Fressfeinden der Insekten zu gehören.

Mit mehr als 45.000 Spezies und Besiedlungsdichten von bis zu 1.000 Individuen pro Quadratmeter gehören Spinnen zu den artenreichsten und weitverbreitetsten räuberischen Tierarten der Erde. „Aufgrund ihrer versteckten Lebensweise - viele Spinnen sind nachtaktiv oder leben gut getarnt in der Vegetation - war es bisher schwierig den ökologischen Nutzen der Spinnen aufzuzeigen“, erläutern die Forscher.

Zu ihrer Schätzung der jährlichen Fressleistung kommen die Wissenschaftler anhand zweier auf unterschiedlichen Modellen beruhenden Berechnungsmethoden und kommen dabei zu dem Schluss, dass Spinnen als Insektenfresser eine große ökologische Bedeutung zukommt.

Die globale Spinnengemeinschaft, deren eigenes Gewicht bei rund 25 Millionen Tonne beträgt, verputzt demnach jährlich schätzungsweise 400-800 Millionen Tonnen Beutetiere: „Mehr als 90 Prozent der getöteten Beutetiere sind Insekten und Springschwänze (Collembolen). Außerdem erbeuten große tropische Spinnen gelegentlich auch kleinere Wirbeltiere (Frösche, Eidechsen, Schlangen, Fische, Vögel und Fledermäuse) oder ernähren sich von Pflanzenkost. Die große Spannbreite erklärt sich dadurch, dass Vertilgungsraten innerhalb spezifischer Ökosysteme stark schwanken können. Diese Schwankungen müssen bei ökologischen Hochrechnungen entsprechend berücksichtigt werden.“

Damit vertilgen Spinnen jährlich mehr als die menschliche Weltbevölkerung, die laut Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) jedes Jahr etwa 400 Millionen Tonnen Fleisch und Fisch verzehrt. Die Fressleistung der Spinnen lässt sich damit mit derjenigen der Wale (Cetacea) in den Weltmeeren vergleichen, die auf 280-500 Millionen Tonnen Beutebiomasse pro Jahr geschätzt wird.

Von besonderer Bedeutung sind Spinnen dabei besonders für Wälder und Grasländer, wo die Tiere weit mehr Insekten töten, als in den übrigen Habitaten. Hierzu gehören vornehmlich zahlreiche Forst- und Graslandschädlinge. „Im Gegensatz dazu ist die Insektenvertilgungsrate der Spinnen in Wüstengebieten, in der arktischen Tundra und in Kulturfeldern relativ niedrig.“ Im Falle der Agrarlandschaft lasse sich dies dadurch erklären, dass die intensiv bewirtschafteten Kulturfelder „gestörte Systeme“ darstellen, in welchen für die Spinnen eher ungünstige Überlebensbedingungen herrschen.

„Durch unsere Berechnungen lässt sich erstmals global quantifizieren, dass Spinnen wichtige natürliche Feinde von Insekten sind. Zusammen mit den übrigen Insektenfressern - wie etwa Ameisen und Vögel - tragen sie dazu bei, die Populationsdichten von Insekten signifikant zu reduzieren“, so Nyffeler und führt abschließend aus. „Spinnen tragen dadurch wesentlich zur Aufrechterhaltung des ökologischen Gleichgewichtes der Natur bei.“