Menschen, die Schmerzmittel wie Ibuprofen und Diclofenac einnehmen, erleiden häufiger einen Herzstillstand. Wissenschaftler fordern, Patienten besser über die Risiken der Mittel aufzuklären.
Ibuprofen, Schmerzmittel
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Die Einnahme bestimmter Schmerzmittel erhöht das Risiko für einen Herzstillstand, warnen dänische Forscher. Sie zeigten in einer Studie, dass häufig verwendete schmerzlindernde Arzneistoffe wie Ibuprofen und Diclofenac in Einzelfällen schwere Nebenwirkungen auf das Herz-Kreislauf-System haben können.

"Indem man zulässt, dass diese Mittel ohne Rezept gekauft werden können, und ohne Rat oder Einschränkungen, vermittelt man der Öffentlichkeit den Eindruck, dass sie sicher sein müssen", sagte Gunnar Gislason, Kardiologe am Universitätskrankenhaus in Gentofte.

Die Forscher um Gislason hatten die Auswirkungen sogenannter Nicht-steroidaler Entzündungshemmer (NSAID) untersucht, zu denen neben Ibuprofen und Diclofenac etwa auch Naproxen, Rofecoxib (seit 2004 wegen erhöhter Risiken für Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht mehr auf dem Markt) und Celecoxib zählen. Schon mehrere Analysen zuvor hätten gezeigt, dass diese Arzneistoffe mit kardiovaskulären Risiken verbunden sind.

In ihre aktuelle Analyse bezogen die Forscher die Daten aller Patienten ein, die in Dänemark zwischen 2001 und 2010 einen Herzstillstand erlitten hatten - das waren knapp 29.000. Für jeden Patienten erfassten sie, ob er in den 30 Tagen vor dem Ereignis Schmerzmittel genommen hatten. Außerdem überprüften sie, inwiefern die Probanden im Monat davor Schmerzmittel bekommen hatten, ohne einen Herzstillstand zu bekommen.

Auffällig waren Diclofenac und Ibuprofen

Das Ergebnis: 3376 Patienten hatten in den 30 Tagen vor dem Herzstillstand eines der untersuchten Schmerzmittel genommen. Die meisten von ihnen (51 Prozent) griffen zu Ibuprofen, 22 Prozent zu Diclofenac. Wie sich zeigte, setzte das Herz überdurchschnittlich häufig nach der Einnahme dieser Mittel aus:
  • Bei Diclofenac stieg die Wahrscheinlichkeit um 50 Prozent im Vergleich zu Patienten, die vor dem Herzstillstand kein Schmerzmittel genommen hatten.
  • Bei Ibuprofen lag das Risiko um 31 Prozent höher, berichten die Forscher im European Heart Journal.
  • Die Einnahme von Naproxen, Rofecoxib oder Celecoxib war dagegen nicht mit einem höheren Herzstillstand-Risiko verknüpft.
In absoluten Zahlen bedeutet das:
  • Von 545 Diclofenac-Patienten, die einen Herzstillstand erlitten, passierte dies bei 333 (61 Prozent) während oder kurz nachdem sie das Schmerzmittel genommen hatten. Bei 212 (39 Prozent) lag die Einnahme länger zurück.
  • Bei Ibuprofen waren es von 1098 Behandelten 628 (57 Prozent), deren Herz während oder kurz nach der Medikation stehen blieb. 470 (43 Prozent) erlitten den Herzstillstand dagegen als die Behandlung bereits länger zurücklag.
Dass die Schmerzmittel tatsächlich die Ursache für die häufigeren Herzstillstände waren, ist damit allerdings nicht belegt. Denkbar ist auch, dass einige Patienten die Schmerzmittel überhaupt erst genommen haben, weil sie Herz-Kreislauf-Beschwerden hatten, die schließlich zum Herzstillstand führten.

Herz-Kreislauf-Patienten sollten die Einnahme gut abwägen

"Die Ergebnisse sind eine Erinnerung daran, dass NSAIDs nicht harmlos sind", sagte Gislason. Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten eine Einnahme seiner Einschätzung nach vermeiden. Die Arzneistoffe hätten viele Effekte auf das Herz-Kreislauf-System, die die Verbindung zum Herzstillstand erklären könnten. So beeinflussten sie etwa die Ansammlung von Blutplättchen und könnten Blutgerinnsel verursachen.

Das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sieht keinen Handlungsbedarf. In Deutschland seien die Mittel in höheren Dosierungen ohnehin rezeptpflichtig, so ein Sprecher. Auf die notwendige Beschränkung von Dosis und Anwendungsdauer werde zudem in den Apotheken auch bei geringer dosierten Präparaten hingewiesen. "Insofern existieren in Deutschland bereits weitreichende Regelungen, um Patienten vor diesen Risiken zu schützen."

Auch die Warnung der Forscher bezieht sich in erster Linie auf europäische Länder, in denen die Schmerzmittel nicht nur in Apotheken, sondern auch im Supermarkt verkauft werden.

jme/dpa