Medikamentenskandal
Ich weiß: Skandale gibt es zahlreiche, besonders wenn man die Zeitungen aufschlägt oder den Fernseher einschaltet. Aber wenn es die Pharmabranche betrifft, hört und liest man wenig bis gar nichts dazu. Dabei könnten wir es mit einem Skandal zu tun haben, der in die Nähe des Contergan-Skandals der 50er / 60er kommt...

Der Medikamentenskandal kommt diesmal aus Frankreich. Aber eigentlich sollte es auch ein Skandal in Deutschland sein. Aber in unseren Landen wird das, was da in Frankreich abläuft, einfach ignoriert. Auch wenn es hoch „evidenzbasiert“ stattfindet. Aber Evidenzbasiertheit findet in der Schulmedizin nur dann statt, wenn man selbst den weißen Kittel an hat, selbst wenn der von Motten zerfressen und mit Schmutzflecken übersät ist.

Was war passiert?

Laut Spiegel verschrieben Ärzte ein Medikament an Schwangere, von dem inzwischen bekannt ist, dass es das ungeborene Leben gefährden kann. So etwas Ähnliches hatten wir ja bereits in den 1950er und 60er Jahren mit Contergan, einem Schlafmittel, das für Missbildungen bei Föten berühmt-berüchtigt wurde.

Die neue (gar nicht zu neue) Substanz ist die Valproinsäure. Es handelt sich hier um eine synthetische Substanz, die als Antiepileptikum zum Einsatz kommt. Sie wurde erstmalig 1881 synthetisiert und zunächst als Lösungsmittel eingesetzt. Anfang der sechziger Jahre stellte sich heraus, dass diese Säure eine antikonvulsive Eigenschaft besitzt und sich damit zur Therapie bei Epilepsie eignet.

Die Valproinsäure kommt aber auch zur Prophylaxe von depressiven und manischen Zuständen, also bipolaren Störungen, zum Einsatz. Depressionen, Psychosen, Alkohol- und Medikamentenentzug, Migräneprophylaxe (obwohl es hierfür keine Zulassung gibt!), Cluster-Kopfschmerzen (auch ohne Zulassung!) und so weiter gehören zu den Anwendungsgebieten.

Daher ist es nicht unwahrscheinlich, dass schwangere Frauen mit Migräne diese Substanz von ihrem Arzt haben verschrieben bekommen. Und laut Spiegel haben viele Frauen, die das Medikament genommen haben, später Kinder zur Welt gebracht, die durch das Medikament geschädigt wurden.

Embryonale Missbildungen, Autismus, Entwicklungsstörungen

Kaum zu fassen ist die Mitteilung, dass seit den achtziger Jahren bekannt ist, dass die Substanz während der Schwangerschaft eingenommen zu embryonalen Missbildungen führen kann. Seit dieser Zeit gibt es sogar explizite Warnhinweise hierfür in der Packungsbeilage.

Nachdem die evidenzbasierte Schulmedizin in den letzten 20 Jahren ihre wissenschaftliche Tätigkeit in Form von Anwendungsbeobachtungen zu dieser Substanz am lebenden Objekt durchgeführt hat, stellte sich heraus, dass die Valproinsäure auch zu Autismus, verminderter Intelligenz bei Kindern und Entwicklungsstörungen führt.

Die staatliche französische Untersuchungskommission IGAS stellte jetzt fest, dass diese Nebenwirkungen bereits im Jahr 2004 bekannt waren. Dementsprechend hätte es zu diesem Zeitpunkt die entsprechenden Warnhinweise geben müssen, was zwar der Fall war. Aber die Verschärfung der Warnhinweise schien zumindest in Frankreich kein Grund zu sein, die Verschreibungshäufigkeit zu verringern. Für die Firma Sanofi war diese Verschärfung jedenfalls keine geschäftsschädigende Aktion.

Der französische Staat scheint dieses kriminelle Verhalten nicht einfach so hinnehmen zu wollen. Er errichtete einen Fond von 10 Millionen Euro, um Frauen zu entschädigen, denen die Substanz während der Schwangerschaft verschrieben worden ist. Dabei soll Sanofi auch zur Kasse gebeten werden.

Man glaubt es kaum! Seit 2014 gibt es endlich auch Indikationsbeschränkungen

Seit 2014 gibt es dann endlich eine Indikationsbeschränkung! Man beachte die rasante Geschwindigkeit, mit der diese Beschränkung durchgesetzt wurde! Unglaublich wie schnell man allerseits reagierte!

Diese Beschränkung sieht so aus, dass die Substanz nur noch als Mittel der letzten Wahl verschrieben werden darf, und das nur bei Epilepsie und bipolaren Störungen.

Damit sind mit Sicherheit Migräneprophylaxe und die Prophylaxe gegen Cluster-Kopfschmerz, für die es nie eine Zulassung gegeben hatte, und die dennoch von der „Deutschen Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft“ als Einsatzgebiet empfohlen wurde, kein Grund für weitere Verschreibungen, auch nicht bei nicht schwangeren Frauen.

450 geschädigte Babys oder Totgeburten

In Frankreich soll es 450 Babys gegeben haben, die aufgrund der Verschreibung von Valproinsäure geschädigt oder tot geboren wurden. Insgesamt wurde das Mittel 14.000 Schwangeren verschrieben, von denen 4300 Patientinnen einen Schwangerschaftsabbruch durchführten. Man verzeichnete 800 Fehlgeburten und 115 Totgeburten. Der genaue Anteil an Missbildungen ist zur Zeit nicht bekannt.

Es ist bemerkenswert, wie die französischen Gesundheitsbehörden mit diesem Skandal umgehen. Anstatt ihn zu verschleiern, werden die entsprechenden gesetzlichen Verfügungen erlassen und ein Fond zur Entschädigung der Betroffenen errichtet.

Was macht man in Deutschland?

In Deutschland dagegen scheint man so zu tun, als würde es die Substanz überhaupt nicht geben. Die offiziellen deutschen Gesundheitsbehörden geben sich mit der Erkenntnis zufrieden, dass Valproinsäure hierzulande weniger häufig verschrieben wurde als in Frankreich. Laut Unterlagen der AOK wurde die Substanz in den letzten zehn Jahren 250.000-290.000 mal für Mädchen und Frauen im gebärfähigen Alter verschrieben.

Trotz der Warnhinweise und der massiv eingeschränkten Indikationsstellung gibt es nur eine schwach abnehmende Tendenz bei den Verschreibungen.

Für mich ist der deutsche Umgang mit dem Skandal ein Skandal im Skandal! Statt hier den Verantwortlichen auf die Füße zu treten, wie die Franzosen das zu tun gedenken, wird hier wieder alles unter den Teppich gekehrt.

Klar, wegen den paar Krüppeln die deutsche Wettbewerbsfähigkeit aufs Spiel setzen, so was kommt evidenzbasiert nicht infrage!

Pillen die krank machen, ein Gesundheitssystem was die Verantwortlichen vor der Verantwortung schützt, kein Aufschrei nach Verboten, wenn medizinische Verbände Substanzen für Indikationen zur Prophylaxe freigeben, für die es keine Zulassung gibt und vieles mehr - dies sind evidenzbasierte Schweinereien der Schulmedizin und Pharmaindustrie, die endlich dem Letzten klarmachen sollten, dass wir hier nie und nimmer von Gesundheit reden.

Nur so ist es zu verstehen, dass der Fall Contergan immer wieder möglich wird, wenn auch nur mit anderen Substanzen, aber mit ähnlichen Konsequenzen. Es handelt sich hier weniger um eine mangelnde Lernfähigkeit seitens der Schulmedizin und Pharmaindustrie, sondern vielmehr um die immer gleiche und wiederkehrende Triebfeder: das Geschäft mit der Gesundheit.

Und so endet der Spiegel-Bericht mit der Beobachtung, dass die Verschreibungen von Valproinsäure in Deutschland im Jahr 2015 immer noch die stolze Zahl von 237.000 ausmachte, nur 11.000 Verschreibungen weniger als im Jahr zuvor.

Das ist eine bemerkenswerte Bilanz für eine Substanz, für die es eine sehr eng gefasste Indikation gibt, und da nur als Mittel der letzten Wahl, und wofür es stattdessen fünf alternative Wirkstoffe gibt, die während der Schwangerschaft nicht diese Probleme provozieren.

Für mich stellt sich hier die Frage: Was geht hier eigentlich vor sich?

Denn im Jahr 2015 war die offizielle Einschränkung der Indikation mit allem drum und dran bereits Teil der medizinischen Regularien. Aber dennoch scheinen sich die Mediziner ein feuchtes Etwas um die eigenen Vorschriften zu kümmern.

Unter diesem Aspekt verbiete ich mir jede Kritik seitens der Schulmedizin an naturheilkundlichen Maßnahmen. Kehrt erst einmal vor eurer eigenen Tür! Ich kenne keine alternativmedizinische oder naturheilkundliche Maßnahme, die ähnlich viel Elend in die Welt gesetzt hat - und Contergan, Avandia, Vioxx, Lipobay, AIDS Export nach Asien und all die anderen noch nicht mit eingerechnet.

Fazit

Nichts Neues im Land der Skandale. Wenn einer auftaucht, dann wird er (zumindest in Deutschland) totgeschwiegen. Denn das Geschäft darf dadurch nicht gestört werden. The show must go on.

Man könnte den ganzen Tag einfach nur kotzen!