Ein Krokodil aus Russland, Badesalze aus den USA, Kräutermischungen, die ganz Europa überschwemmen - dahinter verbergen sich neue Drogentrends, die bereits zahlreiche Opfer gefordert haben. Helmut Kern, Leiter der Suchtambulanz in der Drogenberatungsstelle, weiß: Das Spektrum der konsumierten Rauschmittel wird auch in Worms immer größer. Besonders machen den Mitarbeitern des Vereins „Mit Jugend gegen Drogen“ derzeit bunte Tütchen mit meist undefinierbarem Inhalt zu schaffen. Sie heißen „Monkees go Bananas“ oder „Bonzai“ und sind legal erhältlich - dabei haben sie oft fatale Nebenwirkungen.
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© dpaArchifoto. Tütchen mit der verbotenen Modedroge "Spice".

Zahl der Konsumenten massiv gestiegen

LSD, Extasy, synthetische Cannabinoide - die Liste der Zusätze, mit denen die Mischungen beträufelt werden, ist lang. Meistens handle es sich um pharmakologisch veränderte Stoffe, erklärt Drogenarzt Kern. In den letzten drei bis vier Monaten sei die Zahl der konsumierenden Jugendlichen in Worms massiv gestiegen, berichtet er.

„Die Wirkung ist unberechenbar“, weiß der Spezialist. Zudem werde häufig viel zu viel auf einmal konsumiert - Amnesien, Wahrnehmungs- und Koordinationsstörungen, paranoide Schübe, Psychosen und Aggressionsausbrüche sind die Folge. Auch auf den Herz-Lungen-Kreislauf kann der Konsum schlagen. „Wir hatten schon mehrere Jugendliche, die im Koma ins Krankenhaus kamen“, so Kern.

Das Hauptproblem im Kampf gegen den gefährlichen Trend: Viele Konsumenten denken, es handle sich um ein harmloses Naturprodukt; zudem sind viele der chemisch veränderten Inhaltsstoffe ohne größeren Aufwand kaum im Körper nachweisbar.

Auch in Worms verkauft

Zwar habe sich in der Szene schon herumgesprochen, dass die Wirkung „teuflisch“ sein kann, weiß der Suchtambulanz-Chef. Doch gerade für jugendliche Einsteiger in die Drogenszene sind die „Kräuter“ besonders verführerisch - sind sie doch einfach zu haben. Auch in Worms werden sie verkauft; erst vor etwa drei Wochen hatte ein Anbieter die Staatsanwaltschaft zu Besuch (wir berichteten). Die Ermittlungen, ob ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz vorliegt, dauern an.

Der Mediziner ist sich sicher:„Aufklärung ist der einzige Weg“, um vor der gefährlichen Mode zu warnen. Dabei seien es nicht nur Jugendliche, die auf die Kräutermischungen zurückgreifen. „Auch ganz normale Haschischkonsumenten steigen um“, berichtet der Drogenarzt.

Ständig neue Kombinationen

Bei aller Gefahr, die vom Inhalt der Tütchen ausgeht: Sie vom Markt zu nehmen, ist nicht einfach. Mindestens 16 EU-Länder haben laut EU-Drogenbeobachtungsstelle zwar rechtliche Maßnahmen ergriffen, um „Spice“-Erzeugnisse und damit verwandte Verbindungen zu verbieten oder zumindest zu kontrollieren - auch Deutschland. Doch um dem Trend seine Legalität zu nehmen, müsste jede Einzelsubstanz der Mischungen verboten werden. Wie viele das sind, weiß niemand, ständig tauchen neue Kombinationen und chemische Variationen auf. „Das macht es dem Gesetzgeber schwer, zu reagieren“, weiß Kern.

So bleibt den Drogenberatern nur der Appell an die Vernunft - und natürlich die Aufklärung der Konsumenten, um nicht noch mehr Fälle in die Suchtambulanz zu bekommen.