Digitale Stromzähler sind unzuverlässig bei der Messung, das wollen Wissenschaftler der Universität Twente in den Niederlanden herausgefunden haben. In einem Experiment lag der gemessene Verbrauch um bis zu 600 Prozent höher als normal. Doch es gibt auch Kritik an der Studie.
stromzähler symbolbild
Mithilfe von digitalen Stromzählern können Energieerzeugung und -verbrauch besser abgestimmt werden. Das soll in Zukunft Energie sparen. Dass nun Zweifel an den digitalen Zählern aufkommen, macht eine ganze Branche nervös. Interviews? Nein danke, heißt es an vielen Stellen. Aber was haben die niederländischen Wissenschaftler eigentlich festgestellt? Im Labor-Experiment testeten sie elektronische Stromzähler. Unter bestimmten Bedingungen lieferten die völlig falsche Messergebnisse. Der Stromverbrauch lag den Forschern zufolge bis zum Sechsfachen über dem tatsächlichen Wert.

Mehr Informationen zu Tests erforderlich

Allerdings kritisieren Experten wie Martin Kahmann von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig, dass die Tests schlecht dokumentiert sind. Man müsse feststellen, ob die Untersuchung, die in Twente gemacht wurde, wissenschaftlich belastbar sei.
Bevor man das nicht gemacht hat, sollte nicht der Eindruck erweckt werden, dass die Einführung digitaler Zähler in Deutschland infrage gestellt ist.

Martin Kahmann, Physikalisch-Technische Bundesanstalt Braunschweig
Er hofft, dass die Kollegen aus den Niederlanden weitere Informationen zu den Tests veröffentlichen. Warum Kahmann eher unaufgeregt reagiert, hat einen einfachen Grund: Die Probleme elektronischer Zähler mit bestimmen Störungen im Stromnetz sind für seine Behörde keineswegs neu. Grund für die Störungen können zum Beispiel LED-Lampen sein, bei denen elektronische Zähler Probleme haben können. In den Jahren 2010 und 2011 habe man deshalb die Bauvorschriften entsprechend angepasst. Die Hersteller mussten damals die Zähler überarbeiten, die Strom-Anbieter tauschten sie aus.
Eigentlich sollte es so sein, dass in Deutschland seitdem keine Geräte mehr im Netz sind, die derart massive Fehler zeigen.

Martin Kahmann, Physikalisch-Technische Bundesanstalt Braunschweig
Aber Kahmann kann nicht ausschließen, dass auch deutsche Stromkunden von fehlerhaften Zählern betroffen sind. In den Haushalten sind laut Bundesnetzagentur sechs Millionen digitale Stromzähler verbaut. Das entspricht jedem achten Mess-Gerät.

Hoher Stromverbrauch durch defekte Geräte

Trotz der recht hohen Zahl haben sich bislang nur wenige Stromkunden an die Verbraucherzentralen gewandt, sagt Energieberater Martin Brandis. Für ihn gibt es deshalb keinen Grund zur Beunruhigung.
Erst wenn ein erhöhtes Maß an Verdachtsfällen vorliegt, dass der Stromzähler zu viel abrechnt.

Martin Brandis, Energieberater
Er rät, den Stromverbrauch im Blick zu haben. Steigt dieser kurzfristig stark an oder liegt deutlich über dem Durchschnitt, sollten Verbraucher zum Energieberater gehen. Auch, weil hinter hohen Stromrechnungen oft ganz andere Gründe stecken. In vielen Fällen, in denen ein erhöhter Verbrauch gemessen werde, liege es am Verbraucher selbst. Durch eine andere Nutzung, zum Beispiel durch neue oder defekte Geräte, werde tatsächlich mehr Strom verbraucht. "Erst wenn so etwas ausgeschlossen werden kann, geht man an den Stromzähler und möglicherweise liegt da dann der Fehler", erklärt Brandis.

An digitale Stromzähler werden sich Verbraucher zumindest langfristig gewöhnen müssen. Mechanische Zähler mit Drehscheibe werden gar nicht mehr hergestellt.