Bei einer erneuten archäologischen Untersuchungen jener Höhle von Qumran am Toten Meer, in der in den 1950er Jahren einige der bedeutendsten Funde antik-jüdische Schriftrollen gemacht wurden, haben Schweizer Archäologen neue Entdeckungen gemacht. Neben Leinen- und Lederfragmenten, die jenen gleichen, die auch für die Schriftrollen verwendet wurden, entdeckten die Archäologen auch eine bislang unbekannte Nebenhöhle.
Psalmen-Rolle
© Ian Scott (vai Wikimedia Commons), CC BY-SA 2.0 (Kollage: grewi.de)Die entrollte „Große Psalmen-Rolle“ vor dem Eingang zur Höhle 11Q nahe Qumran am Toten Meer.
Jerusalem (Israel) - Wie das Team um Prof. Dr. Marcello Fidanzio vom Istituto di Cultura e Archeologia delle Terre Bibliche of the Facoltà di Teologia di Lugano (ISCAB FTL) und Gil Ad Lidor von der Università della Svizzera Italiana di Lugano (USI) berichtet, gelangen die neuen Funde in der als „11Q“ bzw. „Q11“ bezeichneten Höhle Nummer 11. In dieser wurden 1956 rund 30 der berühmten und einige der besterhaltenen „Schriftrollen vom Toten Meer“entdeckt, darunter die „Große Psalmen-Rolle“ (s.Abb.) die neun Meter lange „Tempel-Rolle“ oder die sog. PaleoLeviticus-Schriftrolle.

Nach weiteren, späteren Untersuchungen der Höhle 1988 und 1991, deren Ergebnisse bislang noch immer nicht vollständig publiziert wurden, fand die erneute Untersuchung der Höhle im vergangen März (2017) statt, um auch nach den früheren Grabungen noch weiterhin offene Fragen zu klären und einen umfassenden archäologischen Bericht über die Höhle zu verfassen.

Die wichtigsten Ergebnisse dieser Arbeiten fassen die Archäologen wie folgt zusammen:
a) Die Ausgrabungen untersuchten ein neues, von den frühern Untersuchungen unberührtes Areal. Es war die Schichtenfolge nach heutigen archäologischen Standards zu rekonstruieren und zu dokumentieren.

b) In dem Räummaterial der früheren Ausgrabungen, wurden Fragmente aus Leinen entdeckt, die jenen gleichem, mit dem bekannte Schriftrollen umgeben waren, zudem Überreste von Leder und Holz-Artefakten, Palmfasern, Reste von Heilpflanzen (Balanites Aegyptiaca, Zizipus Spina Christi) und Tierknochen.

c) Bei der Erkundung eines engen Lochs, entdeckte der Höhlenkundler Dr. Alessandro Maifredi eine bislang unbekannte obere Kammer im Innern der Höhle. Diese neue Höhle weist eine rechteckige Form auf und misst 6 Meter in der Länge, 2 Meter Breite und 1,2 bis 3,5 Meter Höhe. In dem Raum selbst wurden keine Spuren menschlicher Aktivitäten entdeckt. (Die Forscher) befürchten, dass es zu gefährlich ist, sich in dieser neuen Höhle aufzuhalten, da die Decke mit großen Felsbrocken bestückt ist.

d) Im Vergleich mit den früheren Dokumentationen, ermöglicht die neue Untersuchung der Geologie dieser Höhle nun die Rekonstruktion der Situation zur Zeit der Erstentdeckung in den 1950er Jahren, wie sie seither durch die späteren Untersuchungen verändert worden war. Hinzu kann nun eine mögliche Rekonstruktion der Morphologie jener Zeit vorgeschlagen werden, als die Schriftrollen (in den Höhlen) abgelegt worden waren.
„Jetzt ist es endlich möglich, den vielerwarteten Abschlussbericht zur Archäologie der Höhle 11Q, mitsamt den neuen Funden und neuen Einblicken in die früheren Grabungen, zu veröffentlichen“, so Fidanzio.

In einem archäologischen Workshop vom 24. bis 25. April 2017 wollen die Archäologen alle Ergebnisse der Untersuchungen präsentieren und dabei auch 40 kleinere, bislang noch nie veröffentlichte Manuskripte zeigen, die seit ihrer Entdeckung bei ersten Ausgrabungen 1956 noch nie gezeigt wurden.