Dschihadist Evakuierung Bevölkerung
© ReutersDschihadisten begleiten die Busse, mit denen die Bevölkerung aus den von ihnen blockierten Gebieten evakuiert wird, Provinz Aleppo, 14. April 2017.
Im Bürgerkriegsland Syrien haben Tausende Menschen nach einem Abkommen zwischen Regierung und Rebellen vier belagerte Orte verlassen. Zugleich legten Russland und die USA in ihrem Streit um den Giftgasvorfall vom 4. April nach und übten scharfe gegenseitige Kritik.

Begleitet von Krankenwagen verließen am Freitag etwa 60 Busse mit rund 2.300 Menschen die beiden von der regulären Armee belagerten Orte Madaja und Sabadani nahe der Grenze zum Libanon, wie syrische Medien berichteten. Parallel hätten etwa 75 Busse rund 5.000 Einwohner aus den von Dschihadisten belagerten Orten Fua und Kafraja gebracht, hieß es weiter. Die Evakuierung der Orte hatten Medien zufolge der Iran und Katar vermittelt.

International beherrschte der Streit zwischen Russland und den USA weiter die Debatte über den Syrien-Konflikt. US-Botschafter Kenneth Ward in Den Haag warf Syrien weiterhin vor, noch immer Chemiewaffen zu besitzen und sie bewusst einzusetzen. Moskau unterstütze Syrien dabei, "die Wahrheit zu verbergen" und schütze das Land vor den Konsequenzen, behauptete Ward bei einer Sondersitzung der Organisation für das Verbot der Chemiewaffen (OPCW).

Die OPCW untersucht den Vorfall mit giftigen Chemikalien in Syrien. Zur Klärung des Vorfalls sagte die Regierung in Damaskus der OPCW ihre Unterstützung zu.
"Wir werden alles fördern, was zum Erfolg führt, einen objektiven Bericht zu ermöglichen", sagte der syrische Außenminister Walid al-Muallim der Agentur Interfax zufolge.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow warf der OPCW mangelnde Objektivität vor.Auch der syrische Außenamtschef lehnte das Vorgehen entschieden ab, auf türkischem Gebiet Proben zu sammeln und nicht in Syrien selbst.

Der russische Außenminister kritisiert die US-Außenpolitik bei einem Treffen mit seinen Kollegen aus Syrien und dem Iran in Moskau mit scharfen Worten. Die US-Attacke sei darauf gerichtet gewesen, den Friedensprozess in Syrien zu stören und einen Machtwechsel herbeizuführen, sagte er. Als Reaktion auf den angeblichen Giftgasangriff hatten die USA vergangene Woche einen syrischen Luftwaffenstützpunkt bombardiert.

Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Sigmar Gabriel appellierten zwar an die USA und Russland, sich gemeinsam um eine politische Lösung in Syrien zu bemühen.
"Es geht nicht anders, als Russland zurück an den Verhandlungstisch zu bekommen. Das ist die einzige Chance, die wir haben", sagte Gabriel der Deutschen Welle.
Gleichzeitig machte der deutsche Chef-Diplomat ohne jeglichen Beweis die reguläre syrische Regierung für den mutmaßlichen Giftgasaustritt vor knapp zwei Wochen verantwortlich. Den darauf folgenden US-Vergeltungsangriff nannte Gabriel damals bereits "nachvollziehbar".

Weiter erklärte Gabriel, er verfüge über Informationen vonseiten der "Partner und durch Kontakte vor Ort", die es als sehr plausibel erscheinen lassen, dass die Regierung Assad "hinter diesem furchtbaren Giftgas-Angriff steckt". Der Ort bei Idlib wird seit mehreren Jahren von einer Allianz aus verschiedenen dschihadistischen Terrorgruppen kontrolliert, darunter auch Gruppen von al-Qaida in Syrien.

Gleichzeitig wies er darauf hin, dass in Syrien auch noch ganz andere Konflikte im Wege eines Stellvertreterkrieges ausgetragen würden. Als Beispiel nannte Gabriel jenen zwischen Iran und Saudi-Arabien:
Ein Stellvertreterkonflikt - zum Beispiel zwischen Iran und Saudi-Arabien - ist es ja längst.
Nach dem Giftgasvorfall im Zusammenhang mit einer Luftoffensive gegen Rebellen in Syrien und dem anschließenden US-Vergeltungsschlag gegen die Streitkräfte von Präsident Baschar al-Assad ist das Verhältnis zwischen den USA und Russland auf einem neuen Tiefpunkt angelangt.

Gabriel setzt sich deshalb für ein möglichst schnelles Treffen der Syrien-Unterstützergruppe ein, der mit dem Iran und Russland auch die wichtigsten Alliierten Assads angehören. Die USA, Deutschland, aber auch arabische Länder wie die Regionalmacht Saudi-Arabien zählen zu den Gegnern Assads und sehen keine Zukunft Syriens mit dem Präsidenten.

(dpa/rt deutsch)